Zusatzpensionen in die Kollektivverträge?

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Der Fachverband der Pensionskassen will den Anteil der Beschäftigten mit betrieblicher Zusatzpension von derzeit 23 Prozent auf 50 Prozent anheben. Skepsis kommt unter anderem von den Gewerkschaften.

Wien. Brauchen die Österreicher eine Zusatzpension? Geht es nach dem Fachverband der Pensionskassen, soll der Anteil der Beschäftigten mit Anspruch auf eine Pensionskassenpension in den nächsten fünf Jahren von derzeit 23 Prozent auf 50 Prozent steigen. Unter anderem, indem Pensionskassenlösungen stärker in Kollektivverträgen verankert werden.

In 69 (von insgesamt 859) Kollektivverträgen ist bereits eine Regelung für eine betriebliche Altersvorsorge enthalten, etwa bei der Papierindustrie, den Bundesbediensteten, Banken, Universitäten oder der IT-Branche. Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbands der Pensionskassen, will Gespräche mit den Sozialpartnern führen, um diese Liste zu verlängern. Es gibt aber auch Unternehmen, die freiwillig Verträge mit Pensionskassen oder betrieblichen Kollektivversicherungen abgeschlossen haben und regelmäßig Beiträge einzahlen.

489 Euro zusätzlich pro Monat

Derzeit erhalten 89.621 Pensionisten in Österreich eine Zusatzpension aus einer Pensionskasse von durchschnittlich 489 Euro pro Monat, 793.598 Erwerbstätige haben in Zukunft einen Anspruch auf eine solche Zusatzpension. Die Pensionskassen verwalten 20 Mrd. Euro.

Sie sind die mit Abstand größte Einrichtung der betrieblichen Altersvorsorge, aber nicht die einzige: Die betrieblichen Kollektivversicherungen verwalten 850 Mio. Euro und versprechen Pensionen in garantierter, dafür anfangs niedrigerer Höhe. Verpflichtend für Dienstverträge, die ab 2003 abgeschlossen wurden, ist die Abfertigung neu: Die Vorsorgekassen verwalteten Ende des Vorjahrs ein Vermögen von 8,3 Mrd. Euro. Ihre Abfertigung können sich Arbeitnehmer später theoretisch ebenfalls als Zusatzpension auszahlen lassen.

Der Löwenanteil der Pensionszahlungen in Österreich kommt indes aus dem umlagebasierten staatlichen Topf. Die kapitalgedeckte betriebliche und private Vorsorge (zweite und dritte Säule) spielt – im Gegensatz zu anderen Ländern – eine untergeordnete Rolle. Ob das so bleiben soll, ist umstritten.

Warnung vor Pensionsloch

Befürworter des Drei-Säulen-Modells warnen, dass sich Jüngere – allein schon wegen des längeren Durchrechnungszeitraums – auf eine deutlich größere Pensionslücke (Differenz zwischen Erwerbseinkommen und staatlicher Pension) einstellen müssen als ihre Eltern. Wer den gewohnten Lebensstandard beibehalten will, benötige neben der staatlichen Pension weitere Säulen. Skeptiker fürchten indes, dass das staatliche System zugunsten der anderen Säulen ausgehöhlt werden könnte.

Dem Image der Pensionskassen macht auch zu schaffen, dass einige Pensionisten mit älteren Verträgen laufend mit Pensionskürzungen zu kämpfen haben: Bei ihnen war im Vertrag eine hohe Ertragserwartung (Rechnungszins) von bis zu sieben Prozent zugrunde gelegt worden: Diese Vorgabe schafften die Pensionskassen nicht immer.

Im Schnitt lag der jährliche Ertrag seit 1991 bei 5,58 Prozent. Bei neuen Verträgen ist der Rechnungszins niedriger, was kleinere Anfangspensionen bedeutet, jedoch das Risiko von Kürzungen reduziert.

Die „hohe Abhängigkeit von den Finanzmärkten“ ist ein weiteres Argument, das Kritiker der kapitalgedeckten Pensionssysteme ins Treffen führen. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) präsentierte kürzlich eine Ifes-Umfrage, derzufolge 71 Prozent dem staatlichen Umlagesystem mehr als einem kapitalgedeckten System vertrauen. Jüngere Befragte (unter 29 Jahren) waren etwas skeptischer gegenüber dem Umlagesystem, aber auch hier vertraut eine Mehrheit (57 Prozent) eher dem Umlagesystem als dem kapitalgedeckten System (24 Prozent).

Künftig Ausstieg möglich?

Alois Bachmeier, stellvertretender GPA-Bundesgeschäftsführer, steht dem Vorstoß der Pensionskassen denn auch skeptisch gegenüber: Wenn Arbeitgeber freiwillig eine zusätzliche Sozialleistung für ihre Mitarbeiter erbringen und in eine Pensionskasse einzahlen, begrüße man das. Doch in Branchen mit hohem Teilzeitanteil verfügten die Beschäftigten nicht über genug Kaufkraft, dass sie auf dieses Geld verzichten könnten. Für sie wäre eine Gehaltserhöhung besser – auch wenn das Gehalt (anders als die Einzahlung in die Pensionskasse) durch Abgaben und Steuern geschmälert wird.

Um den Gewerkschaften die Altersvorsorgelösungen im Kollektivvertrag trotzdem schmackhaft zu machen, schlägt Zakostelsky ein Opting-out-Modell vor: Kollektivverträge könnten vorsehen, dass Arbeitnehmer zwar automatisch in die betriebliche Altersvorsorge einbezogen werden, auf Wunsch aber aussteigen können. Dann bekommen sie ein etwas höheres Gehalt (von dem allerdings Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden, während die Einzahlung in die Pensionskasse abgabenfrei erfolgt; erst die spätere Pension wird besteuert). Auch dem kann Bachmeier wenig abgewinnen: Dann entgingen den Sozialversicherungen und dem Staat Abgaben, die der ersten Säule fehlten.

Ruf nach Steuererleichterung

Zakostelsky will indes mehr Steuererleichterungen: Zahlt der Arbeitnehmer zusätzliche Beiträge in die Pensionskasse ein, kann er das derzeit erst vom bereits versteuerten Gehalt weg tun. Zakostelsky fordert, dass künftig Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Summe bis zu zehn Prozent der Lohnsumme von der Steuer absetzen können. Ein weitereres Projekt, das dem Fachgruppen-Obmann vorschwebt, ist ein Langzeitkonto, auf das etwa Überstunden fließen können. Das Geld soll „von einer Organisation der betrieblichen Altersvorsorge“ veranlagt werden und später für Teilzeit, Sabbaticals, Kinderbetreuung oder vorzeitigen Pensionsantritt verwendet werden. [ iStockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2016)

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