"Acht Filme, ein Flop: Das ist nicht so schlecht"

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Regisseur Ruzowitzky gewann 2008 den Oscar für den besten ausländischen Film. Der "Presse" erzählt er, wie sich der Preis auf seinen „Aktienkurs“ auswirkte und wie es sich anfühlt, einen Flop zu produzieren.

Die Presse: Herr Ruzowitzky, seit 2008 können Sie sich „Oscarpreisträger“ nennen. Haben Sie jetzt ausgesorgt?

Stefan Ruzowitzky: Nein, das habe ich nicht. Für den Oscar bekommt man ja kein Geld, sondern hauptsächlich Ehre. Man hat natürlich bessere Karrierechancen und kann bei neuen Projekten mehr verlangen. Allerdings ist man auch immer nur so viel wert, wie erfolgreich der letzte Film war. Wenn ich zwei, drei Flops produziere, habe ich ein Problem.

Was können Sie denn verlangen? Und wie hoch ist der „Oscar-Aufschlag“?

Das kann man nicht so einfach sagen. In Amerika hat man als Regisseur einen offiziellen Preis, ähnlich wie einen Aktienkurs. Es gibt ein gewerkschaftlich festgelegtes Honorar und dann kann man sich an irgendwelchen Stars orientieren und sagen: So viel bin ich wert. Das sind immer so Zahlenspiele.

Verdienen Sie von Film zu Film recht unterschiedlich?

Ja, denn bei wirklich erfolgreichen Filmen wird man nie angemessen beteiligt. Zum Beispiel bei „Anatomie“, für den habe ich nur einen kleinen Bonus bekommen. Dafür konnte ich bei „Anatomie 2“ schon von Anfang an sehr viel verlangen. Für „Die Fälscher“ habe ich auch nicht viel verdient. Aber auch da konnte ich beim Folgeprojekt mehr verlangen, eben diesen Oscar-Bonus.

Was war wichtiger für die Karriere: der Blockbuster „Anatomie“ oder „Die Fälscher“?

Beides war wichtig. Vorher waren die Angelpunkte „Siebtelbauern“ und „Anatomie“, also ein Arthouse-Film und ein Kassenknüller. Mir macht es Spaß, zwischen diesen Welten zu wechseln. Auch karrieretechnisch ist es wichtig, zu zeigen, dass man beides kann.

Würden Sie sagen, Sie legen eine Ausnahmekarriere hin?

In Österreich bin ich sicherlich ein Ausnahmefall. Ich hatte aber von Anfang an ein Konzept, das sehr auf das Publikum ausgerichtet war. Die Amerikaner schätzen es, wenn man auch schwierige Themen wie den Holocaust ...

...konsumierbar machen kann?

So würde ich das nicht sagen.

Klingt das abfällig für Sie?

Na gut, im Grunde ist es das. Das ist ja auch der große Unterschied zwischen europäischem und amerikanischem Kino. Einen Michael Haneke würde niemand fragen, ob er den Film noch ein bisschen umschneiden kann. In Amerika geht es ganz um den Film, um das Produkt, um das Publikum. Das heißt nicht, dass es nur ums Geld geht.

Hier wirkt es immer anstößig, wenn man mit Kunst Geld verdienen will.

Ja, obwohl es da nur um Marketing geht. In Europa verdient man mit Mainstream genauso viel wie mit Arthouse. Nur bei Kunstfilmen gehört es zum Marketing, dass man behauptet, man brauche überhaupt kein Geld. Bei Hollywood-Großprojekten verkündet man dagegen lauthals, wie viel Geld man für die Produktion ausgegeben hat.

Dann könnte man ja sagen, die Blockbuster sind ehrlicher.

Stimmt. Das ist auch etwas, was mir gefällt. Mir ist es eine große Ehre, wenn jemand sein Taschengeld investiert oder einen Abend opfert, um meinen Film zu sehen. Publikumserfolg ist etwas sehr Ehrliches und Direktes.

Reden wir über „Die Fälscher“. Da geht es um KZ-Häftlinge, die Geld fälschen. Was hat Sie daran gereizt?

Mich hat am meisten die Hauptfigur gereizt, der Sorowitsch. Die Idee eines Betrügers im Konzentrationslager: Da hatte ich das Gefühl, das ist etwas Neues.

Wären Sie gerne so ein Ganove wie diese Hauptfigur?

Ich weiß nicht. Es gibt ja die Theorie, dass sich bei den Filmregisseuren eher die „Nerds“ durchsetzen, deren wirkliches Leben nicht so aufregend ist. Die müssen sich das Abenteuer dann in der Fantasie schaffen. Ein Ganove war ich jedenfalls nie.

Einen Stapel Geldscheine zu malen und damit ins Casino zu gehen, wie es Sorowitsch tut, würde Sie nicht reizen?

Ich bin schon ein Spieler, aber keiner, der die ganze Existenz verwetten würde. Dass ich Freiberufler bin und mit jedem Projekt meine Karriere und den Unterhalt meiner Familie aufs Spiel setze, erfordert schon Spielergene. „Die Fälscher“ hätte ja auch komplett in die Hose gehen können. Wie viele erfolgreiche Holocaust-Filme gibt es schon?

Sie haben auch die Erfahrung gemacht, dass es nicht so gut gelaufen ist, „Die Männer Ihrer Majestät“ war ein ziemlicher Flop. Wissen Sie, wie viel Geld dabei draufgegangen ist?

Schwer zu sagen. Bei großen Filmen gibt es ja nicht nur einen großen Geldgeber, sondern viele. Da haben zum Beispiel die Verleiher und die Fernsehstationen nicht so viel bekommen, wie sie dachten. Bei „Deadfall“ wird es zum Beispiel so sein, dass die Financiers ihr Geld schon drinhaben, bevor der Film überhaupt anläuft.

Wie hat sich der Misserfolg auf Ihren „Aktienkurs“ ausgewirkt?

Man kriegt es schon immer wieder um die Ohren gehauen, wie jetzt zum Beispiel (lacht). Aber im Ernst: Von acht Filmen ein Flop, das ist nicht so schlimm. Wie gesagt, jeder Film ist ein Wagnis, auch wenn es im Nachhinein nicht so ausschaut.

Haben Sie das damals schon so sportlich gesehen wie jetzt?

Nein, das trifft einen schon sehr. Man ist ja immer mit Herzblut dabei und hat eine gewisse Beziehung zu seinem Publikum. Wenn die den Film dann ablehnen, trifft einen das auch ins Herz.

Was haben Sie daraus gelernt?

Bei „Die Männer Ihrer Majestät“ wollten wir mit einem europäischen Team einen Film für den amerikanischen Markt machen. Das war bei „Deadfall“ jetzt anders, da war kein einziger Nicht-Amerikaner am Set. Bei einer Szene hat mir das auch sehr geholfen: Da hat mir das Team gezeigt, wie man den Thanksgiving-Kuchen richtig verteilt.

Zur Person

Stefan Ruzowitzky verdient sein Geld als Regisseur mit Spielfilmen, aber auch mit Werbung. Für das KZ-Drama „Die Fälscher“ gewann er 2008 den Oscar für den besten ausländischen Film. Erfolge feierte er auch mit „Die Siebtelbauern“ und den Horrorfilmen „Anatomie“ und „Anatomie 2“. Im Herbst erscheint sein neuer Film „Deadfall“ mit Eric Bana und Olivia Wilde. Ruzowitzky lebt mit seiner Familie in Klosterneuburg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2012)

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