Essl: „Sexy, jung, reich. Das ergibt alles keinen Sinn“

KARLHEINZ ESSL WIRD 70 JAHRE ALT
KARLHEINZ ESSL WIRD 70 JAHRE ALTAPA
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Baumax-Gründer Karlheinz Essl über die Sanierung seines Unternehmens, seine Zeit als Heimwerker und die Irrelevanz von Geld. Verkaufen will er keines der 7000 Kunstwerke aus seiner Sammlung. Auch nicht für Baumax.

Die Presse: Herr Essl, Sie sind Österreichs größter privater Kunstsammler, aber auch Gründer der Baumarktkette Baumax. Wir würden mit Ihnen gern über Geld reden.

Karlheinz Essl: Oje, über Geld rede ich nicht gern. Reden wir doch lieber über Kunst.


Die Interviewserie heißt aber „Über Geld spricht man“. Vielleicht gelingt uns ja beides. In den vergangenen Jahren mussten Sie über 50 Mio. Euro nachschießen, um Baumax über Wasser zu halten. Hätten Sie darum lieber Bilder gekauft?


Nein. Das sind zwei total verschiedene Unternehmensbereiche. Die Kunst ist eine gemeinnützige Privatstiftung und hängt mit dem Unternehmen nicht direkt zusammen. Die Firma Baumax, die ich vor 35 Jahren gegründet habe, ist der stärkste Baumarktbetreiber in Zentral- und Osteuropa.


Zuletzt hat Ihnen das Engagement im Osten hohe Verluste beschert.

Die Region wurde stark von der Wirtschaftskrise getroffen. Die Leute dort haben zu wenig verfügbares Geld, um über Kleidung und Essen hinaus noch zu renovieren. Das hat sich in den letzten Jahren kumuliert. Wir haben in der Zwischenzeit aber Maßnahmen getroffen, um Baumax zu restrukturieren, und mit den Banken ein Finanzierungskonzept für die nächsten drei Jahre entwickelt.


Eine Bank hat bis zuletzt gezögert. Wie sieht das Sanierungskonzept nun aus?

Wir haben alle Banken an Bord und so ausreichend liquide Mittel, um Baumax Schritt für Schritt neu zu positionieren. Innerhalb von zwei Jahren werden wir das geschafft haben. Baumax ist eine starke Marke. Wir sind zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren alles wieder so wird, wie es war.


Der frühere wirtschaftliche Erfolg von Baumax hat die Basis für das gelegt, womit Sie sich seit 1999 hauptsächlich beschäftigen: ihrer Kunstsammlung. Wenn es nötig wäre, würden Sie Bilder verkaufen, um Baumax zu retten?


Nein. Das eine hat mit dem anderen nichts mehr zu tun. Die beiden Bereiche sind absolut getrennt.


Dass Ihr Herz für die Kunst schlägt, ist bekannt. Sie waren in jungen Jahren selbst Maler. Sind Sie auch Heimwerker?

Ich war früher gern Heimwerker. In der ersten Wohnung, die wir uns hergerichtet haben, habe ich zum Beispiel den Boden verlegt. Im Laufe der Zeit ist das immer weniger geworden, weil ich mit anderen Dingen beschäftigt war. Aber ich habe nicht zwei linke Hände. Ich bin recht geschickt.


Sie haben Baumax vor 35 Jahren gegründet und bald große Erfolge gefeiert. Was haben Sie mit den ersten Gewinnen gemacht?

Das ist schwer zu sagen. Es hat ja alles klein angefangen. Das Unternehmen Schömer, das ich übernommen habe, war eine Kohlenhandlung mit 20 Mitarbeitern. Nach unserer Heirat mussten wir sehr mit dem Geld haushalten. Wir hatten rasch vier Kinder, mussten einen Dachboden ausbauen. Den Bausparkredit haben wir 16 Jahre lang abbezahlt.


Wie lange hat es gedauert, bis Sie nicht mehr so sehr aufs Geld schauen mussten?

Man stellt sich das alles so romantisch vor. Wenn man ein Unternehmen aufbaut, geht der Ertrag ja sofort wieder ins Unternehmen. Was wir uns genommen haben, war sehr bescheiden. Erst als die Firma wuchs, konnten wir Geld in die Sammlung investieren.


Verändert es einen Menschen, wenn er reich wird? Haben Sie sich verändert?

Das müssen Sie jemand anders fragen. Mich hat es nicht verändert. Aber ich habe einen ganz anderen Bezug zu Geld. Wir kommen aus einer protestantischen Richtung, da ist Geld nicht dazu da, um sich zu bereichern, sondern etwas, mit dem man eine Aufgabe erfüllt und der Gesellschaft etwas zurückgibt. Was man erwirtschaftet, ist nicht nur für die eigene Familie und das Vergnügen. Man selbst sollte eher bescheiden und einfach leben. So halten wir es auch. Geld kann mich nicht korrumpieren. Es ist notwendig, um ein Unternehmen zu führen. Aber es ist für mich kein Thema.


Nicht alle Menschen haben so feste moralische Werte. Was halten Sie von Vermögenden, die alles für sich behalten wollen?

Die Leute interessieren mich nicht. Vor einem braven Mitarbeiter, der eine Familie hat und sich ein Haus baut, habe ich mehr Achtung als vor Leuten, die durch irgendwelche Spekulationen und Tricks zu Geld kommen. Das ist eine Blase, das hat keinen Bestand. Geistige und geistliche Verankerung ist wichtig, um etwas aufzubauen. Für uns ist das der Glaube und die Kunst. Es geht nicht um das, was in den Zeitungen steht: sexy, jung, reich. Das ergibt alles keinen Sinn. Wir brauchen Tiefgang. Nur Spieler und Egozentriker wollen sich selbst produzieren. Diese Leute sind mir alle suspekt.


Ist es als Unternehmer überhaupt möglich, solche Menschen zu umgehen?

Sie begegnen einem. Man kann sich seine Geschäftspartner nicht aussuchen.


Was bedeutet Luxus für Sie, abseits der Kunst?


Natürlich habe ich ein schönes Auto. Aber das ist mir egal. Die Kunst schenkt mir die glücklichsten Momente.


Sie haben zehn Jahre lang selbst ernsthaft Malerei betrieben. Warum haben Sie sich letztlich für den Baumarkt entschieden?

Ich habe ab 1968 Kunst studiert und bis 1978 ernsthaft gemalt. Aber ich konnte das nur in meiner Freizeit tun, weil ich auch die Firma aufgebaut habe. Als ich vor der Entscheidung stand, war klar, dass ich mich auf das Geschäft konzentrieren muss. Aber ich verstehe dafür heute sehr gut, wie schwierig es ist, ein Kunstwerk zu schaffen. Misserfolge beim Malen haben mich mehr frustriert als alles im Geschäft. Der Markt am Kunstsektor ist so brutal wie in der Wirtschaft. Es gibt dieselbe Pyramide. Oben sitzen ein paar, die großes Geld machen. Unten viele, die scheitern.

Hätten Sie als Sammler Ihre eigenen Bilder von damals gekauft?

Wahrscheinlich nicht. Sammeln war ein jahrelanger Lernprozess für mich, der zum Glück mit dem finanziellen Gewinn Hand in Hand ging. Hätte ich zu Beginn zu viele Mittel zur Verfügung gehabt, hätte ich zu viel gekauft. So war ich sparsam und habe erst mehr gekauft, als ich mehr verstanden habe.


Warum bestehen Sie darauf, jedes einzelne Kunstwerk selbst auszusuchen?

Ich bin kein Kunstspekulant oder jemand, der sich ein Image mit der Sammlung aufbauen will. Mit Kunst kann man ja wunderbar brillieren. Viele Leute, die zu Geld gekommen sind, versuchen, sich mit Kunst zu umgeben. Das ist nichts Schlechtes. Es ist nur die Frage, wie ernst man das nimmt. Man kann natürlich einen Kunstkurator beauftragen, eine Sammlung zu machen, und dann sagen: Das ist meine Sammlung. Herr Pomeranz (Hedgefondsmanager Eduard Pomeranz, Anm.) ist das beste Beispiel. Er ist Finanzspekulant, hat jemanden beauftragt und ist jetzt ein großer Kunstmäzen. Das ist mir auch recht. Aber es ist nicht das, was ich will. Mit Kunst darf man sich nicht schmücken, nicht prahlen. Man muss mit großer Demut und Ernsthaftigkeit darangehen. Sonst ist es sehr problematisch.


Haben Sie schon einmal ein Bild verkauft?

Wir haben noch nie ein Werk verkauft, noch nie Profit aus der Kunst geschlagen. Die Sammlung wird auch nicht vererbt. Wenn wir etwas verkaufen würden, dann nicht, um Geld zu verdienen.


Was war das teuerste Kunstwerk, das Sie gekauft haben?

Das kann ich Ihnen aus dem Bauch heraus nicht beantworten.


Welches ist Ihnen persönlich am wertvollsten?

Das ist genauso schwierig. Meine Frau sagt immer, sie hat fünf Kinder, und wenn man sie fragt, welches ihr am liebsten ist, weiß sie auch keine Antwort. In der Kunst haben wir 7000 Kinder.

Zur Person

Karlheinz Essl (* 1939) steigt Ende der 1950er-Jahre in das Unternehmen seines Schwiegervaters ein, das mit Mineralöl und Baustoffen handelt. 1975 übernimmt Essl den Betrieb und errichtet 1976 die erste Baumax-Filiale. Parallel studiert er Kunst und beginnt mit seiner Frau Agnes, Kunst zu sammeln. 1999 übergibt Essl den Baumax-Vorsitz an seinen Sohn Martin und eröffnet das Essl Museum. Die Sammlung umfasst heute 7000 Werke.

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