Auktionator: „Man weiß, wann man den Rekord knackt“

Auktionator Schwarz
Auktionator SchwarzDie Presse/Fabry
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Auktionator Rafael Schwarz muss für die Kunden des Dorotheums möglichst hohe Preise erzielen.
An das teuerste Bild, das er je versteigert hat, erinnert er sich genau. Bei manchen Werken greift er auch selber zu.


Die Presse: Was macht einen guten Auktionator aus?
Rafael Schwarz: Ein guter Auktionator muss Kunst gut verkaufen und hohe Preise erzielen können.


Und wie verkauft man Kunst gut?
Indem man die richtigen Objekte zum richtigen Zeitpunkt in den Markt bringt und die richtigen Kunden darüber informiert. Wir sind ja keine Galerie, sondern ein Auktionshaus, daher ist der Verkaufsmoment nur kurz. Und wenn der von einem Sammler oder von einem wichtigen Museum übersehen wird, ist es vorbei. Deshalb ist die Vorarbeit sehr wichtig.


Und was kann man in der Auktion selbst machen?
Es ist wichtig zu wissen, welche Kunden im Saal und welche am Telefon sind. Je besser man die Leute kennt, desto besser kann man auf die Menschen eingehen.


Können Sie im Vorfeld abschätzen wie viel die Leute zu zahlen bereit sind?
Durchaus. Es kommt natürlich auf das Kunstwerk an. Wenn man weiß, dass man ein bedeutendes Werk in einer Auktion hat und dass ein großer Sammler anwesend ist, kann man sich gute Preise durchaus vorstellen. Manchmal wird man von den Preisen aber auch überrascht.


Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir hatten vor eineinhalb Jahren das Werk des Alten Meisters Frans Francken II in unserer Auktion. Wir haben gewusst, dass es ein wichtiges, wenn nicht gar sein Hauptwerk ist. Dann haben wir uns entschieden, den Schätzwert höher anzusetzen und ihn dann noch zwei Mal erhöht. Als wir den Katalog fertig hatten, lag der Schätzwert bei 400.000 bis 450.000 Euro. Am Ende wurde das Werk um sieben Millionen Euro verkauft.


War das das Teuerste, was Sie je verkauft haben?
Ja.


Wie bewusst nehmen Sie diese Summen wahr?
Wenn man den Markt kennt, kennt man auch die Rekorde. Man weiß, wann man gerade den teuersten Frans Francken verkauft, wann man den Dorotheum-Rekord bricht, wann den Österreich-Rekord und wann den Alte-Meister-Rekord.


Es geht also viel um Superlative?
Selbstverständlich. Die Besitzer der Kunstwerke wollen ja gute Preise erzielen. Und wir mit ihnen.


Wer hat das Werk gekauft?
Ein bedeutender Händler in London. Er hat es dann an ein amerikanisches Museum verkauft. Museen haben es oft schwerer, direkt in einer Auktion zu kaufen, weil sie den Aufsichtsrat erst einberufen müssen, um solche Summen freizugeben. Aber das Werk hätte auch an private Sammler gehen können, bis sieben Millionen Euro mussten schließlich Einige mitbieten.


Wie kann man sich so einen Bieterwettstreit vorstellen?
Bis zu einer Million Euro waren noch mehrere Bieter dabei, dann sind es immer weniger geworden. Wenn ich mich richtig erinnere, sind es ab drei Millionen Euro nur noch drei Personen gewesen, die mitgeboten haben. Am Ende waren es zwei.


Wie emotional sind sie bei solchen Auktionen?
Sehr, ich glaube, man muss auch emotional sein. Man muss seine Gefühle aber auch in Grenzen halten und Ruhe bewahren.


Können Sie Kunden dazu bewegen, mehr zu zahlen, als sie wollen?
Manchmal kann man den Leuten in den richtigen Momenten einen höheren Preis abverlangen.


Wie merken Sie, wann ein Kunde wirklich genug hat?
Wenn man die Kunden kennt, merkt man das. Ein Kunde darf sich nicht unter Druck gesetzt fühlen, sonst denkt er sich: Jetzt haben alle bemerkt, dass ich nicht kaufe. Das Ganze muss diskret erfolgen. Aber wenn jemand etwas kauft, dann tut er das, weil er etwas wirklich haben will. Ich helfe vielleicht, eine Entscheidung zu treffen, aber ich zwinge niemanden, etwas zu kaufen.


Kann man als Bieter viel falsch machen, etwa wenn man zu unbedarft an sich Sache herangeht?
Als Bieter sollte man ausnutzen, dass man in ein Auktionhaus gehen kann. Man sollte sich den Katalog besorgen, das Objekt im Internet oder im Original ansehen. Man sollte jedenfalls wissen, was man bereit wäre, auszugeben.


Wundern Sie sich manchmal, was die Leute für bestimmte Gegenstände ausgeben?
Eigentlich nicht. Wir haben eine breite Kundenschicht, wir bieten mit 100.000 Objekten im Jahr eine breite Palette an. Bei uns kann man für ein paar hundert, ein paar tausend oder zehntausend Euro kaufen. Wenn ich etwas will und es mir leisten kann, kaufe ich es mir.


Sie haben selbst schon etwas im Dorotheum gekauft?
Ja. Wir im Dorotheum dürfen allerdings nur schriftlich mitbieten, sonst könnte das Bild entstehen, dass wir die Preise treiben.


Wie viel haben Sie gekauft?
So viel ich mir leisten konnte.


Was war das Teuerste was Sie sich leisten konnten oder wollten?
Das ist irrelevant. Wichtig war, dass es Kunstwerke waren, die mir gefallen haben.


Das heißt, als Auktionator kann man sich Kunst leisten?
Ja, Kunst hat in meinem Budget schon Platz.


Wie sind Sie Auktionator geworden?
Ich habe mit Charity-Auktionen begonnen. Dann bin ich gefragt worden, ob ich nicht auch große Auktionen machen will. Es gibt bei uns aber niemanden, der nur Auktionator ist. Mein eigentlicher Job ist im internationalen Kundenservice. Einen Lehrgang gab es für mich nicht. Man muss für diesen Job einen Hang zur Selbstdarstellung haben und darf weder schüchtern noch nervös sein, wenn man von 200 Kunden im Saal angeschaut wird.

Haben Sie manchmal Lampenfieber?

Der Druck ist natürlich sehr hoch, aber ich sehe es als Aufgabe des Auktionators, alle Einflüsse freundlich anzunehmen und Ruhe auszustrahlen. Die Kunden im Saal merken, wenn man entspannt ist.


Was machen Sie kurz vor der Auktion?
Ich versuche in der Früh ins Fitnesscenter zu gehen und eine Dreiviertelstunde zu laufen. Dann mache ich meinen Job untertags ganz normal. Kurz vor der Auktion versuche ich mich, zu entspannen, mich hinzusetzen und auszuruhen, weil man bei einer Auktion ja stehen muss. Außerdem darf man absolut keine Fehler machen.


Ist Ihnen einmal einer passiert?
Kein relevanter Fehler und kein Fehler zu Lasten eines Kunden. Ein Fehler den ich gemacht habe, war ein Kunstwerk mit 200.000 Euro statt mit 20.000 Euro auszurufen. Das ist mir deswegen passiert, weil das Werk zuvor um 200.000 Euro verkauft worden ist.

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