Tony Wegas: „Auf einmal stand Exekutor vor der Bühne"

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Der Sänger erzählt über seinen Aufstieg vom Kreuzfahrtschiff-Unterhaltungsmusiker in die High Society von Wien. Und wie sich das Leben anfühlt, wenn der Erfolg plötzlich weg ist.

Die Presse: Herr Wegas, Wie viele Konzerte spielen Sie im Moment?

Tony Wegas: Es variiert zwischen vier und zehn Auftritten im Monat. Und auch von der Gage her. Im Winter sind es natürlich weniger. Ich spiele ganz normale private Geburtstagsfeiern mit hundert Leuten. Und dann im Gasometer vor tausend Leuten.

Wie viel kostet es, wenn man Sie für eine private Geburtstagsfeier bucht?

Das sage ich nicht.

Wir haben gelesen, dass Sie pro Auftritt 200 Euro bekommen.

Das ist ein Blödsinn. Für 200 Euro greife ich die Gitarre nicht einmal an. Wenn jemand so arm ist, mich aber unbedingt haben will, dann sage ich: Gib dem Techniker 50 Euro und ich spiele umsonst. Aber wenn ich merke, dass man mich häkeln will, werde ich grantig.

Bekommen Sie heute weniger für Ihre Auftritte als früher?

Vor zehn, zwölf Jahren spielte ich dreimal am Wochenende, zu je 30.000 Schilling (heute wären das 2180 Euro, Anm.) Von diesen Gagen kannst du nur noch träumen, heute ist das ein Drittel. Außerdem bleibt mir ja wenig übrig, weil ich meinen Konkurs bezahlen muss.

Wir dachten, der ist schon längst abgeschlossen.

Nein, der ist Ende Mai abgeschlossen. Ich hatte 1,5 Millionen Schilling Schulden. Das war schon ziemlich heftig. Ich bin zu Auftritten gefahren und auf einmal stand der Exekutor vor der Bühne und wollte meine Kette mit dem Kreuz, das ich bei meiner Geburt von meiner Großmutter bekommen habe. Das ist ja peinlich. Dann habe ich gesagt O. k,, machen wir Konkurs. Ich musste 17 Prozent der Schulden begleichen, über fünf Jahre. Und das fünfte Jahr läuft heuer ab. Dann hat sich das erledigt.

Haben Sie früher ein Luxusleben geführt?

Ich hatte tolle Autos und habe das Geld sicherlich rausgeworfen. Für normale Verhältnisse hatte ich bestimmt ein sehr, sehr gutes Leben. Dann war plötzlich alles weg. Da habe ich mich gefragt: Was hatte ich von den Porsches und Corvettes und dem ganzen Dreck? Nix. Jetzt fahre ich mit einem Ford von meiner Mutter und habe deswegen auch nicht weniger gute Erfahrungen gemacht oder schönere oder hässlichere Frauen kennengelernt.

Und woher kam damals das ganze Geld?

Auftritte, Autogrammstunden, Werbegeschichten, Radio-Jingles und so weiter.

Haben Sie sich damals auch etwas auf die Seite gelegt oder alles beim Fenster rausgeworfen?

Nicht alles. Sie müssen sich das so vorstellen: Ich war ein Niemand. Bis ich 28 war, habe ich in irgendwelchen Grand Hotels gespielt in der Schweiz, Finnland, Schweden, Italien, überall, auch auf Kreuzfahrtschiffen. Jeden Tag sechs Stunden auf der Bühne, aber ich habe 35.000 Schilling pro Auftritt verdient, mit 19. Das war eine gewaltige Summe. Dann kam der Songcontest und dadurch habe ich eine ganz andere Schicht von Leuten kennengelernt. Fendrich, die EAV. Ich habe geglaubt, ich muss da mithalten. Aber die haben natürlich Millionen verdient. Ich wollte kein Schnorrer sein. Das hat mich damals sehr viel Geld gekostet.

Bereuen Sie das?

Ja, sehr. Wobei, ich wusste es nicht anders. Ich habe damals auch geglaubt, dass ich sehr viele Freunde habe. Heute weiß ich, dass ich einen habe. Es ist ein Wahnsinn. Ich habe in irgendeinem Hotel in Helsinki gespielt und innerhalb von einem Jahr war ich in der High Society von Wien unterwegs. Und das ging nur „Hallo Tony", der ist so lustig, und so fesch und alles. Und ich habe mir gedacht, das ist alles so super. Dass das Ganze natürlich eine Scheißrückseite hat, wusste ich nicht. Woher denn auch?

Haben Sie zu den Leuten heute noch Kontakt?

Nein, überhaupt nicht. Am meisten hat mich getroffen, dass mich alle sofort fallen gelassen haben, als ich im Gefängnis war. Die Einzige, die zu mir in die Zelle gekommen ist, war die Jazz Gitti. Da sind mir die Tränen in den Augen gestanden, so gerührt war ich.


Wenn man über Sie recherchiert, stößt man ziemlich oft auf das Thema Drogen. Rainhard Fendrich soll gesagt haben, er habe einen Ferrari verschnupft. War das bei Ihnen ähnlich?

Ich habe schon sehr viel Geld dafür ausgegeben.

Um was für Summen ging es da?

Ein Gramm Kokain hat damals 2000 Schilling gekostet. Eine Person, die ein bissl kräftiger war, hat in der Nacht zwei, drei Gramm verheizt. Ich war damals immer mit vielen Leuten unterwegs. Manchmal ist fast die ganze Gage fürs Feiern nach dem Auftritt draufgegangen. Sehr oft. Traurig eigentlich. Jetzt wünsche ich mir, dass ich noch so zehn, fünfzehn Jahre gut leben kann. Das wäre das Schönste.

Wie machen Sie das mit der Altersvorsorge, haben Sie Versicherungen?

Wenn du im Konkurs bist, kannst du dir das alles abschminken. Ich habe alles aufgelassen. Wenn mich der liebe Gott noch ein bisschen leben lässt, beginnt im Juni für mich ein neues Leben.

Was war Ihr persönlicher Bezug zu Geld, bevor Sie so viel verdient haben?

Meine Mutter hat mich immer gelehrt - vergeblich -, das Geld zusammenzuhalten. Sie kann das hervorragend. Ich kann das auch hervorragend, aber eher in die andere Richtung.

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("Die Presse", Print-Ausgabe vom 22.4.2013)

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