Rahimi: "Man muss oft etwas tun und nichts dafür wollen"

INTERVIEW: ALI RAHIMI
INTERVIEW: ALI RAHIMIAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ali Rahimi hat das familiäre Teppichgeschäft groß gemacht und gilt auch als begnadeter Netzwerker. Der "Presse" erzählt er, wie er seine Kontakte nützt und was er unter Luxus versteht.

Die Presse: Wann haben Sie Ihren ersten Teppich gekauft?

Ali Rahimi: Das ist sehr lange her. Als Student habe ich eine Firma mit Designerteppichen gegründet. Dort habe ich zum ersten Mal auf eigene Rechnung und eigenen Verlust spekuliert. Spekulieren heißt in dem Fall: Ich habe mein Auto verkauft und in Teppiche investiert. Da war ich 21 Jahre alt.

War Ihnen von Anfang an klar, dass Sie wie Ihr Vater ins Teppichgeschäft einsteigen würden? Oder gab es einen alternativen Berufstraum?

Wir wurden nie zu etwas gezwungen – nur zu Bildung. Denn was man im Kopf hat, kann dir niemand mehr wegnehmen. Ich war kein guter Schüler. Ich bin mit Bomben und Granaten in der Schule durchgefallen und wurde dann nach Graz versetzt. Mein Vater hat damals einen Deal mit mir gemacht. Er hat gesagt: Schau, Ali, versuche deinen Schulabschluss in Graz zu machen. Wenn du es nicht schaffst, dann kannst du bei mir in der Firma anfangen. Ich habe es dann versucht und fast mit Auszeichnung maturiert. Das Studium lief auch wunderbar. Meine Mutter hätte sich wohl gewünscht, dass ich Arzt werde, weil sie selbst aus einer Ärztefamilie stammt. Aber meine Eltern waren dahingehend sehr offen. Ich würde sagen, es hat sich einfach so entwickelt, dass ich im Teppichgeschäft gelandet bin.

Waren Sie von Anfang an in der Firma Ihres Vaters tätig?

Nein. Aber ich habe als Schüler und Student immer nebenbei Geld verdient, auch bei meinem Vater. Das hat mich sehr geprägt. Als ich 16 Jahre war, wollte ich eine Vespa haben. Mit diesem Wunsch bin ich zu meinem Vater gegangen, der meinte, ich solle mir doch eine bestellen, was ich auch gemacht habe. Als die Vespa da war, habe ich um die Schlüssel gebeten. Die Sekretärin meines Vaters meinte nur, ich müsse 300 Arbeitsstunden leisten, um die Vespa zu bekommen. Als ich zum ersten Mal fahren durfte, habe ich meinen Vater nach seiner Motivation gefragt: Er meinte nur, jetzt würde ich besser auf die Vespa aufpassen.

Hat die Einstellung Ihres Vaters auch Ihre Einstellung zu Geld geprägt?

Auf jeden Fall. Mein Vater war immer offen für einen schönen Urlaub oder Bildung. Aber bares Geld auf der Hand verdirbt, hat er immer gemeint. Ordnungsgemäß mit Geld umgehen lernen kann man nur, wenn man weiß, dass ein Cola zu kaufen oder in die Diskothek zu gehen zuerst mit Arbeit verbunden ist. Da überlegt man schon dreimal, was man bestellt und was man ausgibt.

Das heißt, wenn Sie heute etwas kaufen, sind Sie stets zurückhaltend?

Das hängt davon ab, was ich kaufe. Ich sage immer: Ich muss mir etwas dreimal leisten können, bevor ich etwas kaufe. Wenn ich ein Auto um 10.000 Euro kaufe, sollte ich also 30.000 Euro haben. Denn es kann immer etwas passieren. Zwischen dem Faktum, sich etwas zu kaufen, und dem, sich etwas leisten zu können, liegen Welten. Ein Haus um 30 Mio. Euro kann ich mir zum Beispiel nicht kaufen. Auch wenn ich den Kredit dafür vielleicht bekommen würde, kann ich mir das nicht leisten. Man sollte also immer wissen, wie weit man geht.

Also kaufen Sie nichts auf Kredit?

Das kann man so nicht sagen. Wenn beispielsweise ein Umbau fällig wäre und ich dafür von der Bank einen guten Zinssatz bekomme, warum sollte ich das nicht so finanzieren?

Sie kommen aus einem Familienbetrieb. Wie schwer oder leicht ist es denn, mit der Familie zusammenzuarbeiten?

Bei uns ist das kein Problem. Aber das heißt nicht, dass es keine Diskussionen gab. Mein Vater ist vor vielen Jahren in Pension gegangen und hat das Geschäft meinem Bruder und mir übergeben. Er steht uns immer für einen weisen Rat zur Verfügung. Ich frage meinen Vater viel, auch wenn ich nicht immer gleicher Meinung bin. Aber da geht es nicht nur um geschäftliche, sondern auch um menschliche Entscheidungen.

Was können wir uns da vorstellen?

Wenn wir etwa Innovationen im Teppichbereich planen, dann stellt sich z. B. die Frage, von welcher Familie wir die Teppiche knüpfen lassen oder wer unser Vertreter in Indien oder Persien sein wird.

Wie schwer ist es denn heute, Teppiche zu verkaufen?

Alles im Leben ist schwer. Deswegen muss man einfach besser sein als die anderen. Es geht darum, sich einen Namen zu machen, Vertrauen zu schaffen und in neue Ideen zu investieren. Man muss sich auch etwas trauen, denn in den vergangenen 15 bis 20 Jahren hat sich der Teppichmarkt radikal verändert. Klassiker sind zwar noch immer begehrt, aber eben nicht alle.

Wer sind denn Ihre Kunden? Eher Privatleute oder Firmen?

Beides. Man darf einen Kunden auch nie unterschätzen. Es gab schon Leute, die mit einem Plastiksackerl ins Geschäft gekommen sind und denen man am liebsten fünf Euro in die Hand gedrückt hätte. Dann haben sie sich stundenlang umgesehen, sind die Stockwerke rauf- und runtergegangen und haben nichts gekauft. Nach sechs Monaten sind sie wiedergekommen und haben eine Riesensumme auf den Tisch gelegt. Es bedeutet noch nichts, wenn jemand einen Superanzug und handgemachte Schuhe hat. Es geht daher bei uns auch darum, das Vertrauen zu den Kunden aufzubauen, damit sie wiederkommen.

Wie viel Geld muss man haben, um bei Ihnen etwas zu kaufen?

Man kann schon um hundert Euro etwas kaufen. Viele Kunden fangen klein an und wachsen erst mit der Zeit. Jedem, der hier anfängt zu arbeiten, sage ich eines: Nicht ich zahle dir das Geld, sondern derjenige, der reinkommt. Und wenn der Kunde nicht mehr kommt, kann ich den Mitarbeiter auch nicht mehr bezahlen.

Wie teuer war der teuerste Teppich, den Sie je verkauft haben?

Ich glaube, so um die 200.000.

Und wie oft passiert so etwas?

Wir würden es uns öfter wünschen.

Sie gelten als begnadeter Netzwerker. Inwieweit hilft Ihnen das im Geschäft?

Man sollte netzwerken, weil man es gern macht. Man darf dabei aber nicht ans Geschäft denken und auf riesige Umsätze hoffen. Das ist Schwachsinn. Man muss oft etwas machen und nichts dafür wollen. Wir machen sehr viele Charity-Veranstaltungen. Natürlich bringt mir das etwas. Es wird viel berichtet, ich lerne Leute kennen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte.

Warum engagieren Sie sich so viel in sozialen Projekten? Weil Sie so ein guter Mensch sind?

Es freut mich, wenn es anderen gut geht. Das macht mir Spaß. Aber man erwartet sich wahrscheinlich trotzdem immer etwas.

Das heißt, Sie tun Gutes, weil es Ihnen ein Bedürfnis ist oder weil Ihre Reputation dadurch steigt?

Wenn sie mich so fragen, muss ich ehrlicherweise sagen, aus beiden Gründen. Um es richtig zu machen, muss man es aber aus Überzeugung tun.

Leisten Sie sich manchmal auch selbst einen Luxus?

Ich fahre sehr gern auf Urlaub, und da möchte ich ein schönes Hotel haben. Ich gehe auch gern gut essen.

Sie sammeln also keine teuren Uhren oder Ähnliches?

Ich sammle Erfahrungen.

Zur Person

Ali Rahimi wurde 1964 in Teheran geboren und kam mit seinen Eltern als Kind nach Österreich. Schon während des Betriebswirtschaftsstudiums arbeitete er im Teppichgeschäft seines Vaters, das er stark ausbaute. Rahimi ist in etlichen sozialen Projekten engagiert, unter anderem Ehrenbotschafter der Stiftung „Jane Goodall“. Sein umfangreiches Netzwerk umfasst in- und ausländische Prominente.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2013)

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