Baumann: "Ich identifiziere mich nicht mit allen Fotos"

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Interview. Fotograf Manfred Baumann erzählt der „Presse“, warum man als Fotograf Kompromisse eingehen muss, Frauen etwas gegen Aktfotos haben und Hochzeitsfotos ziemlich schrecklich sind.

Die Presse: Was fotografieren Sie lieber: Menschen oder Landschaften?

Manfred Baumann: Mittlerweile Landschaften mit Menschen. Als ich mit Landschaftsfotografie anfangen habe, habe ich mich oft gefragt, wie ich etwa einen Strand leer bekomme. Mittlerweile finde ich, dass das Bild eine Seele braucht und eine Geschichte erzählen muss. Und es ist wesentlich interessanter, wenn man immer wieder etwas Neues entdeckt.

Sie sind ja auch für Ihre Aktfotografien bekannt. Verkaufen die sich besser als Landschaftsfotos?

Das ist ein Klischee. Wobei es ein bisschen unterschiedlich ist. In Galerien kaufen die Leute eher Reisefotografien, allein schon, weil die Frau etwas dagegen hat, einen Akt zu Hause aufzuhängen. In diversen Printmagazinen verkauft man besser Akt- oder Modelfotos als Landschaftsfotos, wobei das bei mir auch ganz unterschiedlich ist. Denn wenn man Prominente wie Angelina Jolie fotografiert, verdient man wesentlich mehr, als wenn man ein No-Name-Model fotografiert.

Verstehen Sie, dass Ehefrauen etwas gegen Aktfotos haben?

Ich verstehe beide Seiten. Aber wenn es ein schöner Akt ist und nicht nur die Sabine vom Playboy, dann ist das für eine Frau wie für einen Mann schön.

Was ist für Sie einträglicher? Wenn Sie Fotos an Magazine verkaufen oder wenn Ihre Fotos in einer Galerie hängen?

Im Endeffekt steht man als Künstler auf mehreren Standbeinen. Meine Bilder haben nur eine bestimmte Auflage. Es gibt Bilder wie das von Bruce Willis oder das von Natalie Portman, kurz bevor sie den Oscar gewonnen hat, die sind auf fünf Stück limitiert, daher sind die Preise relativ hoch und liegen zwischen 5000 und 10.000 Euro. Von denen verkauft man aber auch nicht viel, das macht man nur, um sich auf dem Markt zu positionieren. Dann gibt es Bilder mit höherer Auflage, etwa 55 Stück, da ist der Preis geringer. Galerien sind erst vor zwei, drei Jahren auf mich aufmerksam geworden. Vorher habe ich vor allem mit Magazinen und Werbeshootings verdient. Mittlerweile gleicht sich das ein wenig aus. Mit Stars verdient man sehr gut.

Ist es eine größere Herausforderung, Prominente abzulichten als normale Leute?

Am Anfang war die Nervosität sicher größer. Der erste internationale Prominente, den ich fotografiert habe, war Sir Roger Moore. Mittlerweile habe ich locker an die 150 internationale Prominente fotografiert und gehe einfach mit meiner Sichtweise ran. Ein guter Fotograf ist auch ein guter Psychologe. Man muss wissen, wie man denjenigen anpackt, damit man bekommt, was man braucht.

Gibt es auch Promis, die nur Fotos für sich wollen?

Es gibt Stars, die Aktfotos wollen und das Vertrauen haben, dass ich Ihnen die Fotos nicht zeige.

Ist der Konkurrenzkampf unter Starfotografen groß?

Der ist sehr groß. Das Gewerbe der Fotografie ist ja in Österreich erst vor Kurzem gefallen, seither gibt es einen Schub an neuen Fotografen. Da ist es wichtig, dass man eigene Wege geht. In Amerika gibt es aber nicht so viele Neider wie in Europa. Ich bin ja Autodidakt, vorher war ich Verkäufer bei Julius Meinl.

Und wie erfolgte der Wandel zum Fotografen?

Ich habe schon immer fotografiert. Mein Großvater war Fotograf. Auf einem Griechenland-Urlaub habe ich eine Biografie von Woody Allen gelesen und beschlossen, dass ich etwas für mich selbst machen muss. Dann habe ich gekündigt und jetzt fotografiere ich. Das hat nicht gleich funktioniert, ich hatte auch Durststrecken.

Wovon haben Sie gelebt?

Zuerst von der Arbeitslose, dann von kleinen Jobs. Ich habe neben dem Fotografieren Versicherungen verkauft, auch die Familie hat mich unterstützt. Ich war eineinhalb Jahre in Amerika, und als ich von dort zurückkam, ging es besser. Das ist typisch österreichisch: Die haben gesagt, der kommt aus den USA, den brauchen wir.

Wie unterscheiden sich die USA von Österreich?

In Österreich gibt es viel mehr Neider. In Amerika setzt sich die Topelite der Fotografen zusammen und bespricht Projekte, damit man sich nicht in die Quere kommt. Bei uns, aber auch in Deutschland, sind alle viel skeptischer. Als ich mein erstes Buch herausgebracht habe, hat mich die Fotoinnung angezeigt, weil ich keine Meisterprüfung habe.


Haben Sie die Meisterprüfung je nachgemacht?

Nein. Aber jetzt ist das auch nicht mehr notwendig.

Muss man als Fotograf Kompromisse machen zwischen dem, was man für gut hält, und dem, was der Markt verlangt?

Solange man von Kommerz und Werbung lebt, kann man nicht sagen, das gefällt mir nicht. Es gibt Werbung und Kommerz, mit denen ich zwar gut verdiene, mich aber nicht mit den Bildern identifiziere. Andererseits kommen auch Kunden, die Baumann wollen und meine Handschrift wollen.

Kann man auch als normaler Mensch zu Ihnen kommen?

Da mein Honorar bei 3500 Euro pro Tag liegt, ist es für einen Privaten nicht so leicht erschwinglich. Wir haben daher das Projekt „Be a Star“ in die Wege geleitet, bei dem jeder mitmachen kann. Da fotografieren wir zwölf bis 15 Leute pro Tag.

Und gibt es eine fotografische Idee, die Sie bislang noch nicht umsetzen konnten?

Ja, ich wollte den Gesichtsausdruck, die Anstrengung, die Erschöpfung von Frauen bei der Geburt fotografieren. Mit dem Projekt bin ich aber gescheitert.

Sind Fotos eigentlich eine gute Geldanlage?

Durch die digitale Fotografie hat sich sehr viel geändert. Früher war es so: Wenn man einen Helmut Newton gekauft hat, bekam man den Originalabzug, und daran haftete das Originalnegativ. Der Kunde konnte sicher sein, dass er nicht betrogen wurde. Dann hat man für einen Abzug auch 250.000 Euro bezahlt. In der digitalen Welt ist das schwierig, weil kein Fotograf die Daten wirklich löscht. Man muss einem Künstler dann vertrauen können, dass es den Abzug nur in einer bestimmten Stückzahl gibt. Daher ist der Preis auch etwas gesunken.

Verdienen Sie gut mit dem, was Sie machen?

Ich bezeichne mich als wohlhabend, weil ich gesund bin und eine glückliche Beziehung mit meiner Frau habe. Ich kann von der Fotografie mittlerweile gut leben und habe die Möglichkeit, Sachen zu machen, die mich interessieren, auch in der Fotografie. Ich glaube, richtig reich zu werden ist mit der Fotografie sehr schwer.

Hätten Sie ausgesorgt, wenn Sie aufhören würden zu arbeiten?

Nein.

Gibt es einen Luxus, den Sie sich abseits Ihres Berufs gönnen?

Ich mache gern Sport und spiele gerne X-Box. Das ist das Einzige, bei dem ich abschalten kann.

Lassen Sie die Kamera jemals zu Hause?

Jetzt ist sie zu Hause.

Machen Sie eigentlich so etwas wie Hochzeitsfotos?

Das ist das Schlimmste für mich.

Warum?

Ich würde schon fotografieren, wenn ich es so machen könnte, wie ich das möchte. Aber bei Hochzeitsfotos gibt es oft die Erwartung, typische Fotos zu machen, auf denen die Oma glücklich ist und lacht. Ich finde, man muss in einem Bereich gut sein, nicht in allen. [ Roßboth]

ZUR PERSON

Manfred Baumann (*1968) ist ein österreichischer Fotograf, dessen Aktfotos ihm zu größerer Bekanntheit verholfen haben. Baumann fing bei der Supermarktkette Julius Meinl zu arbeiten an, bis er den Job an den Nagel hängte, um sich der Fotografie zu widmen. Im Lauf der Jahre porträtierte Baumann auch einige internationale Prominente, unter anderem die US-Schauspieler Bruce Willis und John Malkovich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2014)

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