Doris Felber: "Ich habe Wünsche zum Zerplatzen"

(c) ORF
  • Drucken

Bäckerei-Inhaberin Doris Felber erzählt der „Presse“, warum ihr Handy immer eingeschaltet ist, Porsche-Fahren ein Wunschtraum bleiben wird und es unvorstellbar wäre, das eigene Büro mit dem Ehemann zu teilen.

Die Presse: Müssen Sie als Bäckerin genauso früh aufstehen wie andere in Ihrer Branche?

Doris Felber: Es gab Zeiten, in denen ich sehr zeitig in der Nacht aufgestanden bin. Da habe ich mein Kind im Kinderwagerl mitgenommen. Heute steht mein Mann zeitig auf. Er bäckt in den Filialen.

Wirklich?

In unserer Branche hat sich wahnsinnig viel geändert. Es genügt nicht, gute Qualität zu bringen – du musst sie auch zeigen. In einer Backstube muss es duften, da muss ein Bäcker dahinterstehen.

Ihr Mann ist also täglich vor Ort?

Mein Mann ist gelernter Bäcker. Eine Zeit lang konnte er nicht in die Backstube gehen, er hatte Bäckerasthma. Später hat er dann aufgehört zu arbeiten und begonnen, Philosophie zu studieren. Nach fünf oder sechs Jahren habe ich ihm gesagt, dass ich ihn wieder im Unternehmen benötige. Da hat er sofort alles liegen und stehen gelassen und war da. Das macht er seit vorigem Jahr.

Was macht er?

Er geht von einer Filiale zur anderen, bäckt dort eine Woche und entscheidet etwa, ob ein Bäcker aufgenommen wird, wie Leute eingeteilt werden usw.

Ist es wichtig, vor Ort zu sein?

Das ist wichtig. Ich behaupte, wir haben 90 Prozent gute Mitarbeiter. Und die übrigen zehn Prozent müssen wir aufwecken und dazu bringen, mit uns an einem Strang zu ziehen.

Wie ist es Ihnen ergangen, als Ihr Mann lieber Philosophie studieren wollte, als zu arbeiten?

Zuerst habe ich mir gedacht, ein anderes Studium wäre mir lieber gewesen. Aber als er dann wirklich studiert hat, war es eine schwierige Zeit. Er war sehr viel auf der Uni. Er war ehrgeizig, ein richtiger Streber. Er hat am Wochenende oder im Urlaub dauernd seine Sachen geschrieben.

Haben Sie sich die Unternehmensführung gleich zugetraut?

Wir haben einige Jahre gemeinsam gearbeitet, und dann war das kein Problem mehr. Ich habe in der Bäckerei alles gemacht, nicht nur das Kaufmännische. Ich habe mitgeholfen, wenn Not am Mann war, war ausliefern, bin im Geschäft gestanden. Als ich meinen Mann kennengelernt habe, hatte die Firma sechs Filialen. Das war eine kleine Firma. Von so einem Betrieb komme ich ja.

Sie denken nicht daran, eine Auszeit zu nehmen?

Es ist schwierig. Als Frau ist man immer für die Kinder verantwortlich. Und ich kann nicht einfach abschalten. Wenn ein Kunde oder Mitarbeiter ruft, muss man da sein. Darum schalte ich das Handy auch nicht ab. Das akzeptiere ich nicht.

Die Margen in der Branche sind sehr niedrig. Wie schwer ist es, Geld zu verdienen?

Es geht immer über die Menge. Bei dem Groscherlwerk muss man schon einiges leisten. Man muss schauen, dass man viel Brot und Gebäck verkauft. Mit dem Mehlspeisenbereich ist wenig Geld zu verdienen. Das ist reine Handarbeit.

Heute hat die Bäckerei Felber mehr als 40 Filialen. Wollten Sie, dass der Betrieb so groß wird?

Ich wollte einmal mit dem Unternehmen ins Ausland gehen. Dann ist ein Unfall dazwischengekommen. Wir schauen vielmehr, das Unternehmen im eigenen Land auf Topschiene zu bringen. Im Zuge der Krise haben wir uns wieder ins Geschäft gestellt und geschaut, was die Kunden wollen.

Ihr Werbespruch lautet: „Der Felber bäckt selber“. Was genau darf man darunter verstehen?

Das ist in einer Zeit entstanden, als mein Mann jeden Tag in der Backstube gestanden ist. Wir backen heute in der Filiale selber. Mein Mann steht hinter jedem Rezept. Es darf nichts verändert werden, ohne dass er das vorher sieht.

Glauben Sie, dass der Kunde unterscheiden kann, wie Semmeln erzeugt werden?

Wir haben Wareneinsätze, die hoch sind, und verdienen nicht so viel Geld wie andere. Das war uns aber nie das Wichtigste.

Wie schwer ist es heute geworden, gute Mitarbeiter zu finden?

Immer schwieriger, ich weiß aber nicht warum. Die Waldviertlerin, die lieb und freundlich ist und doppelt so viel arbeitet wie alle anderen, die gibt es nicht mehr.

Ist es der Firma finanziell je schlecht gegangen?

Schlecht ist es uns Gott sei Dank nie gegangen. Natürlich gibt es Zeiten, in denen mal weniger und mal mehr Gewinn da ist.

Und wenn man mehr Gewinn macht, zahlt man sich dann auch mehr aus?

Für uns gibt es, so wie für die anderen auch, ein Fixum. Wenn wir tüchtig waren und das Auto schon zehn Jahre alt war, dann haben wir uns ein neues Firmenauto geleistet.

Und gibt es einen persönlichen Traum, den Sie sich erfüllen konnten?

Ich wünsche mir seit meinem 16. Lebensjahr einen Porsche. Diesen Traum habe ich mir nicht erfüllt. Als ich es gekonnt hätte, habe ich es nicht gemacht, weil ich gesagt habe: Die Bäckerei ist ein konservativer Beruf. Man kann nicht mit einem Porsche vorfahren, wenn man ein Grundnahrungsmittel verkauft. Aber ich habe mir ein solches Auto einmal für zwei Tage ausgeborgt. Das hat mir gefallen.

Das heißt, Sie sind bescheiden?

Man kommt einfach irgendwann drauf, dass man so etwas nicht braucht. Es ist doch viel schöner, wenn die Filialen in einem Topzustand sind. Mein Wunschtraum ist immer, dass ich alle Filialen umbauen, damit Geld verdienen und neue Öfen kaufen kann. Da habe ich Wünsche zum Zerplatzen.

Können Sie Privates und Berufliches überhaupt trennen?

Eigentlich schon ein bisschen. Weil man das den Kindern ja auch beibringen muss. Ich habe vier Kinder. Man muss ihnen sagen: Du kannst dir nicht einfach etwas nehmen, das gehört der Firma. Das muss aufgeschrieben, bewertet und bezahlt werden. Ich weiß, wenn ich mir ein Auto auf die Firma kaufe, dann gehört das auch der Firma.

Sind Ihre Kinder daran interessiert, den Betrieb zu übernehmen?

Der Zweite und der Kleinste, die wollen unbedingt in die Firma. Meine Tochter hat keinerlei Interesse, und ein Sohn sitzt im Rollstuhl.

Ist es Ihnen wichtig, dass ein Teil der Kinder in die Firma eintritt?

Wenn sie die Firma wollen, dann bekommen sie sie. Wenn nicht, dann verkaufe ich sie.

Als Sie Ihren Mann kennengelernt haben, war Ihnen sofort klar, dass Sie in seine Firma einsteigen werden?

Nein, es war nicht klar. Ich habe ein Jahr herumgetan, und irgendwann ist er dann bös geworden. Er hat gesagt: Wie stellst du dir das vor? Wir haben zu Hause eine Bäckerei, und du arbeitest woanders. Dann habe ich gesagt, wenn wir das trennen können, wenn ich meinen Job dann mit Eigenverantwortung machen kann, dann komme ich. Dann haben wir Produktion und Kaufmännisches getrennt, das ist dann gut gegangen.

Heute stehen Sie an der Firmenspitze. Könnten Sie sich vorstellen, das Büro wieder mit Ihrem Mann zu teilen?

Nein. Wir haben uns auch extra einen Coach genommen, als er in die Firma zurückgekehrt ist. Er ist Geschäftsführer und will als Chef behandelt werden. Aber es muss getrennte Entscheidungen geben. Wenn etwas mit einem Produkt nicht passt, kümmert sich mein Mann darum. Er ruft mich an, wenn eine Arbeitskraft zu viel ist. Wir halten uns daran. [ Bruder ]

ZUR PERSON

Doris Felber (*1962) kommt aus einer Landwirtschafts- und Bäckereifamilie. Sie war zwölf Jahre lang in der Bäckerei ihrer Tante aktiv und baute später das Unternehmen Resch & Frisch in Niederösterreich aus. Ihren Mann, den Bäcker Franz Felber, lernte sie bei dem mittlerweile verstorbenen Gesundheitsexperten Willi Dungl kennen. Gemeinsam mit ihrem Mann vergrößerte sie die Firma Felber. Heute hat das Unternehmen mehr als 40 Filialen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.