Manuel Rubey: "Es gibt Anflüge von Existenzparanoia"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schauspieler Manuel Rubey erzählt von Karriere-Deadlines, vom Kellnern in Nobelheurigen und von naiven Bobo-Träumen - und erklärt, warum er nicht für schlechte Zeiten spart, wohl aber für die Steuer.

Die Presse: Spätestens seit dem Falco-Film gelten Sie als Shootingstar des österreichischen Films. Sehen Sie sich auch so?

Manuel Rubey: Shootingstar klingt so nach 20-Jährigem. Dafür bin ich schon zu lang dabei. Ich kann das aber nachvollziehen, weil es lang dauert, bis etwas in der Öffentlichkeit ankommt.

Seit damals sind Sie jedenfalls öfter und in kürzeren Abständen zu sehen.

Der Film hat viele Türen aufgemacht. Das passt auch zum Thema Geld: Nach dem Film hat mein Steuerberater zu mir gesagt: „Sie haben in diesem Monat zum ersten Mal mehr Geld verdient als ich.“

Nur in diesem Monat?

Nicht aufs Jahr gesehen. Es wäre interessant, ob ich jetzt dorthin komme. Mein Steuerberater und ich haben zwar ein gutes Verhältnis, aber so genau sprechen wir über das nicht.

Ab da haben Sie gewusst, dass man von dem Beruf leben kann?

Es ist so: Mein Vater ist Bildhauer und wird jetzt spät entdeckt. Er hat mir vorgelebt, was Radikalität und Konsequenz bedeuten, aber es hat nie ganz gelangt. Also habe ich mir früh Deadlines gesetzt: Bis dahin muss ich Geld verdienen, bis dahin muss ich davon leben können.

Sie haben ein zweites Standbein?

Das habe ich immer überlegt und überlege jetzt noch. Es fällt mir nur nichts wirklich ein.

In welche Richtung könnte das zweite Standbein gehen?

Am ehesten könnte ich mir vorstellen, ein Lokal zu eröffnen. Ich koche gern– also nicht, dass es reichen würde. Oder ein naiver Bobo-Traum: Weinbauer und Aussteiger.

Da braucht man auch Geld.

Da braucht man Geld. Ob es wirtschaftlich ertragreich ist, wenn man keine Ahnung hat, ist auch fraglich.

Das mit den Deadlines– das ist sich immer ausgegangen?

Ja. Ich habe in einer WG gewohnt am Anfang. Da haben wir manchmal Fladenbrot mit Senf gegessen. Das hat sich in den vergangenen Jahren sehr zum Guten gewandelt.

Haben Sie jetzt keine Existenzängste mehr?

Es gibt immer wieder Anflüge von Existenzparanoia. Da muss es gar keinen realen Hintergrund geben. Es reicht, wenn man das Gefühl hat, es tut sich nichts, oder man bekommt zwei, drei Castings hintereinander nicht. Ich versuche auch, einen Überblick über meine Finanzen zu haben. Durch die Kinder hat sich das verschärft.

Haben Sie die Kinder bekommen, bevor die Deadlines abgelaufen waren, oder danach?

Das ist zusammengefallen. Unsere große Tochter war nicht geplant. Da hatte ich in Linz gerade gekündigt. Aber aus den Band-Zeiten war ich es gewohnt, die Fixkosten runterzuschrauben, sodass ich von dem, was ich verdient habe, leben konnte. Wir waren es gewohnt, in Billigstwohnungen zu leben und nicht fortzugehen. Mit dem Kindergeld geht es sich dann irgendwie aus. Und nach einem Jahr kam eh der Falco-Film.

Sich kasteien zu müssen, ist das nicht anstrengend?

Ich finde das eigentlich reinigend. Auch wenn ich gern guten Wein trinke und Dinge habe, auf die ich nicht mehr verzichten möchte, finde ich es wichtig, sich immer wieder die Frage zu stellen: Was brauche ich wirklich? Denn Geld ist Lebenszeit. Wenn ich die Summe X auf dem Konto habe, kann ich x Tage leben. Dafür ist es schon gut, sich zu fragen: Brauche ich das Auto, welcher Urlaub muss sein?

Für die Kinder legen Sie nichts zur Seite?

Ich würde den Kindern gern zum 20. Geburtstag eine kleine Wohnung schenken. Und ihnen sagen: „Du musst nicht kellnern, um dir die Miete leisten zu können.“

Haben Sie selbst gekellnert?

Ich habe bei einem großen Sportartikelhersteller Laufschuhe verkauft, und ich habe bei einem Nobelheurigen in Perchtoldsdorf gekellnert. Das waren Berufe, bei denen ich sehr schnell wusste: Das ist nicht das, was ich machen möchte.

Der Nobelheurige hatte nichts mit dem Traum vom Weinbau zu tun?

Nein, damals hatte ich auch noch gar keine Ahnung. Und wie da Geld als Status zelebriert wurde, das fand ich eher abstoßend. Da waren neureiche Yuppies, die mich wie Dreck behandelt haben, aber dann gnädig hundert Schilling Trinkgeld liegen lassen haben, um irgendeine Frau zu beeindrucken.

Machen Sie heute noch Dinge für wenig Geld?

Da muss man aufpassen. Es ist gefährlich, unter Wert zu arbeiten. Aber ich mache Sachen, für die ich gar nichts nehme und sage: „Geben Sie es der Frau Bock.“

Sie waren auch Musiker. Haben Sie damit je Geld verdient?

Wir haben tatsächlich mit diesen zwei Radiohits über eineinhalb Jahre, als wir die geringen Fixkosten hatten, gut verdient. Da gab es schöne Tantiemenausschüttungen.

Das wäre kein zweites Standbein?

Ich mache das wahnsinnig gern, aber meine musikalischen Fähigkeiten reichen nicht aus, um mich selbst halbwegs zu befriedigen.

Legen Sie für schlechtere Zeiten etwas auf die Seite?

Nicht für schlechtere Zeiten, aber für die SVA und die Steuer. Ich habe einmal vergessen, den Einkommensteueranteil vom Einkommen als Selbstständiger wegzudenken. Plötzlich kommt der Anruf vom Steuerberater: „Ich hoffe, Sie haben Summe X weggelegt.“ Das hatte ich natürlich nicht. Es ist sich dann irgendwie ausgegangen. Seither versuche ich, die Steuer vorauszudenken.

Sie legen nichts an?

Ich möchte mir keine Aktienpakete zulegen. Obwohl– einmal bin ich zum Bankberater gegangen und habe gesagt: „Ich will Aktien, das aber vor mir selbst vertreten können, also kaufe ich Aktien für erneuerbare Energien.“ Er hat gesagt: „Der Kuchen ist gegessen, lassen Sie das.“ Er hat mir Gold eingeredet. Zwei Wochen später war Fukushima, die Erneuerbare-Energie-Aktien sind rauf, und die Goldaktien sind seitdem nur gefallen.

Haben Sie sie noch immer?

Ja, es war nur ein kleines Paket um 5000 Euro. Jetzt dümpelt es bei unter 2000 Euro dahin. Das sitze ich jetzt aus.

Was machen Sie lieber– Kabarett, Filme, Fernsehen?

Ich glaube, von unserer Generation werden die Fernsehproduktionen bleiben. Wenn man sieht, dass David Fincher Serien dreht oder Kevin Spacey in „House of Cards“ spielt. Es ist etwas anderes, eine Rolle über 2000 Minuten zu entwickeln als über 90. Wenn sich so etwas anböte, würde ich es nehmen. Wenn ich gute Kinofilme machen kann, mache ich auch gute Kinofilme. Es kommt auf das Projekt an.

Im Film „High Performance“ spielen Sie den skrupellosen, karrieregeilen Bruder eines Idealisten. Ist dieser Part reizvoller als der des Bruders?

Ich kann nicht sagen, dass ich den anderen Bruder viel sympathischer finde. Privat bin ich irgendwo dazwischen. Mir geht auch dieses Idealistische auf die Nerven. Das muss man sich leisten können. Da wird man schnell heuchlerisch.

Aber kann man sich leicht reinfühlen in einen, dem es primär ums Geld geht?

Ich suche immer den Bruch bei einer Rolle. So wie dieses Elternhaus geschildert wird, ist der Schmerz in der Jugend zu suchen. Er sagt: Ich mache mich unabhängig von euch. Grundsätzlich mag ich Figuren, die vermeintlich einen Status darstellen, aber eigentlich ziemlich kaputt sind, sehr gern. Weil das viel mehr Futter hergibt als eine normale, liebe Person. [ Fabry ]

ZUR PERSON

Manuel Rubey (*1979) ist ein österreichischer Schauspieler und Kabarettist. Größere Bekanntheit erreichte er in der Rolle des Falco im Film „Falco – Verdammt, wir leben noch!“ Neben Filmen ist Rubey immer wieder in TV-Serien (etwa „Braunschlag“ oder „Borgia“) zu sehen. Er war auch Mitglied der Band „Mondscheiner“, die sich 2009 auflöste. Vergangenen Samstag moderierte er zusammen mit Thomas Stipsits den „Life Ball“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2014)

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