Lukas Plöchl: „Es gibt Hype-Zeiten und Dürreperioden“

 Lukas Plöchl (Trackshittaz)
Lukas Plöchl (Trackshittaz)(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Der Rapper Lukas Plöchl (Trackshittaz) erklärt, warum er ursprünglich Fußballer werden wollte, er Geld lieber hortet als ausgibt und auf welcher Ebene der Misserfolg beim Song Contest wehgetan hat.

Die Presse: Ihr Vater war Tischtennistrainer, Sie ursprünglich Sportler. Wie kommt man vom Sport zur Musik?

Lukas Plöchl: Wenn man es im Sport nicht schafft, sucht man eine Alternative. Mein Vater wollte, dass ich Profitischtennisspieler werde. Ich bin seinem Traum nicht nachgekommen, wollte aber Fußballer werden. Irgendwann einmal ist das mit der Musik parallel dazu entstanden. Mir hat mit zwölf, 13 Jahren das Kompromisslose gefallen, das 50Cent (US-Rapper, Anm.)ausstrahlt. Dann habe ich auch angefangen zu rappen, zunächst nur für mich.

Die Musik war also ein Hobby, das später zum Beruf wurde?

Ja, das Lustige ist, dass ich nie ein Instrument richtig beherrscht habe. Ich habe einmal zwei Jahre lang Klavierunterricht genommen. Man sollte meinen, dass man dann ein bisschen etwas kann. Aber mein Klavierlehrer hat gesagt, ich bin der faulste Schüler, den er je gehabt hat.

Wurden Sie dazu angehalten, Klavier zu lernen?

Mir hat die Vorstellung gefallen, vor dem Klavier zu sitzen und spielen zu können. Nur der Weg dorthin war mir zu mühsam. Die Fingerfertigkeit fehlt, wenn man immer nur Sport gemacht hat. Und dann habe ich zu rappen begonnen. Die Musik war nie ein Plan, nicht einmal ein Plan B. Es ist passiert.

Wie passiert so etwas?

Ich habe meine Texte geschrieben, und ein Freund von mir hat Beats produziert. Mit 14 habe ich einen Unfall gehabt– ich bin mit dem Rad gefahren, mich hat ein Auto überfahren. Da habe ich 3000 Euro Schmerzengeld bekommen. Damit habe ich mir die erste Ausrüstung gekauft: ein MacBook, ein Keyboard, Boxen. Es war aber nicht gedacht, dass das einmal mein Beruf wird. Mit 19, 20 Jahren wollte ich dann auftreten. Da hat es schon so geklungen wie später zu den Zeiten von „Oida, taunz“ (Nummer-eins-Hit; Anm.).

Vor Zuschauern wollten Sie zunächst nicht auftreten?

Nein. Ich hatte beim Fußball das Problem: Ich war saunervös bei den Spielen. Ich konnte die Leistung aus dem Training nie umsetzen. Also habe ich bei der Musik vermieden, sofort aufzutreten. Bei meinem ersten Auftritt habe ich aber gemerkt, dass es mir anders als beim Fußball geht. Da hatte ich schon diese Scheiß-drauf-Attitüde.

Was haben Ihre Eltern gesagt?

Meine Mama hat es supercool gefunden, mein Papa auch. Nur war meinem Vater die Schule immer sehr wichtig. Als ich Fußballer werden wollte, habe ich ein paar Mal weniger gute Noten nach Hause gebracht. Dann hat für ihn gleich die Balance nicht gepasst.

Wann haben Sie erstmals gesehen, dass man mit Musik Geld verdienen kann?

Bei den ersten Auftritten bekommt man eben irgendwann seinen Hunderter und denkt sich: „Wow, geil!“ Im Nachhinein weißt du, dass sie dich total über den Tisch gezogen haben. Aber du machst es gern und würdest es für null Euro tun. Als „Oida, taunz“ Nummer eins wurde, war dann schon klar, dass die ganze Sache groß wird. Dann kam der Sony-Vertrag.

Braucht man heute überhaupt noch einen Plattenvertrag?

Es hat mich geehrt, dass ein Haus mit dem Namen Sony bei mir anklopft. Aber es ist nicht mehr so, dass ein Plattenlabel die Megamacht hat und du groß rauskommst. Es gibt ja mittlerweile so viele Kanäle, um bekannt zu werden. Ich würde nicht einmal behaupten, dass man zwingend ein Label braucht. Man benötigt ein Team und muss irgendwann anfangen, Arbeitsteilung zu machen.

Inwiefern helfen Plattenverträge einem Künstler zu einer guten Buchungslage?

Heute gibt es diese 360-Grad-Deals. Die Plattenfirmen übernehmen das Risiko, und du bekommst bestenfalls einen Vorschuss. Wenn er reingespielt ist, bekommst du Lizenzen. Das bewegt sich zwischen fünf und bestenfalls zehn bis 20 Prozent.

Was haben Sie mit Ihrem ersten Vorschuss gemacht?

Steuern bezahlt. Ich habe gleich zu sparen begonnen. Ich lebe auch jetzt nicht den ganz argen Lifestyle. Das habe ich auch nicht in den Phasen getan, als es richtig gut gelaufen ist. Ich weiß nicht, ob es eine andere Branche gibt, in der es so periodenmäßig wie in der Musik läuft. Du hast deine Hype-Zeiten und Dürreperioden. Gott sei Dank hatte ich nie die Phase, in der ich nur Geld ausgegeben habe.

Können Sie heute von Ihrer Musik leben?

Ja, kann ich. Ich bin kein Millionär, aber es geht sich aus. Und weil ich nie richtig auf den Putz gehaut habe, habe ich etwas auf der Seite. Das ist schön, und dafür bin ich auch dankbar. Jetzt bin ich an einem Punkt, an dem ich noch ein bisschen freier bin. Ich muss keinen Sachen nachlaufen, die sofort zwingend Geld bringen. Ich kann das machen, was mir gefällt, und mir damit auch Zeit lassen. Ich bin jetzt 25 – irgendwann spürt man, dass es anders werden muss.

Das heißt was?

Das weiß ich noch nicht.

Und wie legen Sie Ihr Geld an?

Ich habe eine Eigentumswohnung, die ich mir aber nicht nur mit Eigenmitteln finanziert habe. Das wäre ohne Musik nicht gegangen. Darauf bin ich auch ein bisschen stolz.

Ihr Vorbild 50 Cent hat sich oft als einer inszeniert, der gern Luxus zur Schau stellt. Inwiefern passt das zu Ihnen?

Was mir beim Rap so gut gefallen hat, war nicht die 100.000-Euro-Uhr auf dem Handgelenk des Rappers. Natürlich imponiert das einem 13-Jährigen. Aber viel wichtiger war mir die Energie dahinter, das Motivierende, Kompromisslose, Aggressive. Ich bin stundenlang im Keller gestanden und habe Hanteln zu den Sounds gehoben, weil es mich so motiviert hat.

Sie sind durch die Show „Helden von morgen“ bekannt geworden. Ist das eine gute Möglichkeit, um sich vor einer breiteren Öffentlichkeit zu inszenieren?

Es ist ein gefährlicher Weg. Die Leute bewerben sich immer bei einer Castingshow. Doch denjenigen dort ist egal, was bei dir vorher war und was nachher sein wird. Sie wollen Storys. Viele bewerben sich und glauben, sie kommen groß raus. Ich hatte das Glück, schon lang meine eigenen Lieder geschrieben zu haben. Man musste mir kein Image mehr verpassen. Im Gegenteil: Ich konnte ihnen ein fertiges Image auf den Tisch legen. In diesem Fall war es der Prolet vom Land mit Grips im Hirn. Das hat auch gepasst.

Ihr Auftritt beim Song Contest im Jahr 2012 war ein glatter Misserfolg. Die Trackshittaz sind bereits im Halbfinale als Letztplatzierte ausgeschieden. Welche Bedeutung hat das Ereignis für Sie?

Ich glaube, es war ein wichtiger Meilenstein. Unseren Bekanntheitsgrad hat es gesteigert, es war aber ein Misserfolg.

Wie man so liest, haben Sie ziemlich lang gebraucht, um das zu verarbeiten.

Ich bin ein bisschen komisch. Es gibt eine Seite, die sehr schmähorientiert ist, das ist eher die österreichische Seite. Und die andere ist die Wettkampfseite, die ich definitiv von meinem Papa eingeimpft bekommen habe. Auf dieser Ebene hat es wehgetan. Was ja eigentlich blöd ist. Beim Song Contest ist es ja nicht so, dass man ein Tor schießt und dann 1:0 vorn ist, also etwas Objektives. Sondern es ist der Song, und Songs und Musik sind etwas Subjektives.

Die heimische Musikbranche ist sehr klein, man kennt sich. Gibt es viele Neider?

Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen schauen hinauf und denken: „Wow, wie hat der das geschafft? Das würde mir auch taugen.“ Dann gibt es Typen, die sagen: „Wie hat der das nur nach da oben geschafft? Das hat er nicht verdient.“ Die einen versuchen, sich raufzuziehen, die anderen versuchen, andere runterzuziehen. Bei uns in Österreich gibt es leider viele Personen, die versuchen, andere runterzuziehen. Aber wir sagen es einander niemals ins Gesicht. Das gehört auch zur österreichischen Politik und Geschichte, dass man sich durchschlängelt.

Sie haben irgendwann auch ein Betriebswirtschaftsstudium angefangen. Warum eigentlich?

Das wirtschaftliche Denken hat mir schon früh zugesagt. Als ich gewusst habe, dass sich das mit dem Fußball nicht mehr ausgeht, bin ich eben diesen Weg weitergegangen. Es war eigentlich das Vertagen einer Entscheidung.

Und wie sieht es heute aus? Studieren Sie noch?

Nein, das Studium habe ich auf Eis gelegt, als der erste Nummer-eins-Hit gekommen ist. Es wäre unklug gewesen, da keine Prioritäten zu setzen. Vielleicht sitze ich eines Tages aber wieder auf der Uni.

ZUR PERSON

Lukas Plöchl (*1989) ist ein Musiker aus Freistadt. Er tritt sowohl mit Soloalben als auch als Teil des Hip-Hop-Duos Trackshittaz (zusammen mit Manuel Hoffelner) in Erscheinung. Bekannt wurde er durch seine Teilnahme an der ORF-Castingshow „Helden von morgen“. 2012 nahm Plöchl beim Songcontest in Baku teil, wo er jedoch im Halbfinale ausschied. Lukas Plöchls Vater, Liu Yan Jun, ist Trainer des österreichischen Tischtennis-Damennationalteams.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2015)

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