Musikmanager Bartelmuss: "Bis 14 hatten wir nur ein Plumpsklo"

(c) GEPA pictures / Christian Ort
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Interview. Ohne ihn wäre Andreas Gabalier nicht zum Musikstar geworden. Dabei hatte der steirische Unternehmer Klaus Bartelmuss die Musikbranche nach anderen Erfolgen satt.

Die Presse: Wie sind Sie denn auf Musik gekommen?

Klaus Bartelmuss: Es war eine heimliche Liebe. Ich wollte selbst Musiker werden, aber meine Eltern haben gesagt, lerne was Gescheites, denn Musiker sind meist arbeitsscheu, drogensüchtig und nicht sehr wohlhabend. Dann bin ich Maschinenbauer geworden.

Ich habe gehört, dass Sie Ihren Sohn aus Liebe zu Mark Knopfler, dem Gitarristen von Dire Straits, Mark genannt haben?

Stimmt. Aber auch, weil wir einen kurzen Vornamen zum langen Familiennamen brauchten.

Musikalisch sind da aber schon Welten zum deutschsprachigen Schlager und Volks-Rock'n'Roll. Gab's da nie Berührungsängste?

Gewisse Dinge im Leben passieren einfach. Aber als mir ein Mitarbeiter meiner Firma, der spätere Nik P., eine Kassette von sich vorspielte, dachte ich mir schon pfff ...

... Schlager ...

Ja. Das war schon ein gewisser Kulturschock für mich. Aber was Nik P. machte, machte er gut. Und dann habe ich ihm ein Studio gebaut und seine Sachen produziert, die gleich mit der ersten Single-Auskoppelung herausgekommen sind. So war der Weg vorgegeben.

Ist dann Musik für Sie Geld oder Emotion?

Alles, was ich tue, hat einen emotionalen Hintergrund. Es geht darum, dass man sich Ziele hoch genug steckt. Wenn man sie dann erreicht, ist die Folge, dass es auch Geld abwirft. Geld war nie die erste Motivation bei mir.

Sie wollten sich Gabalier zuerst gar nicht anhören, als Sie von seinem Onkel darum gebeten wurden. Warum?

Weil vom Schlager zur Lederhose war nochmals eine Watschen. Als einer, der mit Led Zeppelin aufgewachsen ist, habe ich mich ja immer erfolgreich gegen Tracht gewehrt. Zur Zeit, als Gabalier daherkam, wollte ich eigentlich mit der Musik aufhören. Ich hatte ja mit Nik P. Zehnfach-Gold in Deutschland erreicht. Und der Musiksektor mit den vielen Selbstdarstellern, die da herumlaufen, ist mir schon auf die Nerven gegangen.

Wie erkennen Sie, dass etwas oder jemand Potenzial hat?

Vielleicht habe ich von meinem Vater geerbt, ein Gefühl für Dimensionen zu haben. Er hat weit über den Tellerrand hinausgeblickt. Ich brauche nicht viel Berechnung, ich schaue hin und spüre eher als Konsument, ob es mich berührt. Als ich die Gabalier-Aufnahme dann in einem entspannten Moment mit zwei Achterln gehört habe, dachte ich mir: Poahhh – das stimmt. Und wichtig: Das hat es noch nicht gegeben.

Wie viel ist Ihr Einfluss dann, dass die Marke zur Marke wird?

Zwei Superspinner haben sich getroffen, die viele verrückte Ideen haben. Gabalier ist sehr kreativ. Der Anteil ist so halbe-halbe.

Auch beim Geld?

Nein, nicht ganz.

Bei Nik P. war es halbe-halbe.

Ja, aber nur am Anfang, bis die Kosten eingespielt sind. Bis dahin übernehme ich Risiko und Kosten gänzlich und teile die Einnahmen 50:50 mit den Musikern. Dann reduziert sich mein Anteil auf die branchenüblichen 20–30 Prozent.

Wir reden von jährlichen Millioneneinnahmen. Warum nennen Sie mir keine konkrete Zahl?

Weil es nicht so wichtig ist. Man kann sagen, Gabalier spielt im obersten Spitzenfeld der deutschsprachigen Superstars. Und Nik P. ist mit dem Lied „Ein Stern“ sowieso der Hit des Jahrtausends gelungen, der alle Preise gewonnen hat.

Allein mit so einem Lied kann man wohl reich werden, oder?

Ist immer die Frage, was reich ist. In der ganzen Branche haben sich die Einkünfte sehr reduziert, auch weil die Ansprüche an die Produktion immer höher werden. Wäre das alles vor 15 Jahren passiert, müsste man sich über Geld keine Sorgen mehr machen.

Sie waren soeben mit Gabalier auf einem Konzert in den USA. Sind das erste Gehversuche dort?

Der zweite. Zuvor produzierten wir eine CD mit Amerikanern in Nashville, um das Country-Flair hineinzukriegen. Ich hätte gern eine US-Goldene bei mir hängen. Ich glaube, der Markt dafür ist da.

Seltsam: Sie sind so viel in Amerika und reden trotzdem nicht gern über Ihr Vermögen ...

Weil ich glaube, dass wir uns wieder im Klassenkampf befinden. Da interessiert es mich nicht, mir wieder Neider zu züchten, die nicht mitkriegen, dass man sieben Tage die Woche dafür auch arbeitet. Ich reinvestiere ja alles, denn ich bin noch ein Unternehmer, der etwas unternimmt. Ich bin im falschen Land, um das stolz nach außen zu tragen. In den USA wäre es mir egal. Bei uns aber ist es derzeit besser, Erfolg zu verstecken.

Taxiert werden Sie auf ungefähr 80 bis 100 Millionen Euro. Trifft das zu?

Die Firma IBS wird um die 100 Millionen wert sein. Aber das bin ja nicht ich. Mein Vermögen ist alles reinvestiert in der IBS-Firma und weiteren 14 Firmen. Soeben haben wir 100 Gemeinden mit Straßenbeleuchtungen aus unserer neuen LED-Produktion ausgerüstet.

Reichensteuer?

Finde ich eine Frechheit ohne Ende. Weil ich mein Geld x-mal schon versteuert habe. Ich habe das Geld ja nicht gestohlen, ich habe es erarbeitet. Und was hat der Staat beigetragen? Nichts. Das regt mich auf. Wenn man mich mit Millionärssteuern oder anderen Prügeln quälen will, werde ich meine nächste Investition eben in Amerika tätigen – mir wurscht, taugt mir eh drüben. Wärmer ist es auch.

Was ist Ihr Befund, wenn Sie als Weitgereister auf Österreich als Produktionsstandort schauen?

Die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger. Das beginnt bei der Zwangsmitgliedschaft in der Kammer. Es werden einem Prügel in den Weg gelegt, die sind unglaublich. Jeder Depp, der Akademiker ist, darf heute Wirt werden, ich aber nicht, weil ich kein Akademiker bin. Ich müsste eine Konzessionsprüfung ablegen. Da passt ja schon lang etwas nicht.

Warum haben Sie auch eine eigene Firma nur für Behinderte?

So verbrate ich mein Geld. Ich halte nichts davon, wenn Leute im sozialen Topf sind. Ich glaube, sie sollten am Abend stolz mit dem selbst verdienten Geld nach Hause gehen.

Es wirkt, als hätten Sie überall ein goldenes Händchen. Wo sind denn Ihre Niederlagen?

Der Vorteil ist, ich bin bereit, mich zu bücken und etwas anzugreifen. Auch sieht man nicht, dass ich etwa bei Nik P. acht Jahre lang privat versteuertes Geld hineingezahlt habe, um ihn so weit zu bringen. Es hätte auch danebengehen könne. Unsere Firma IBS etwa bewegte sich in Amerika 17 Jahre an der Nulllinie. Und seit drei, vier Jahren ist der US-Markt unsere Perle. Ich glaube, viele, die nicht erfolgreich sind, geben einfach zu früh auf.

Warum sind Sie anders?

Ich bin in ärmsten Verhältnissen aufgewachsen, weil jeder Cent in die Firma floss. Es war nicht nur einmal, dass wir in der Schule ausgelacht worden sind. Bis zu meinem 14. Lebensjahr hatten wir nur ein Plumpsklo und keine Wasserleitung im Haus. Ich wollte diese Situation nie wieder haben. Als mein Vater unerwartet starb, mussten wir als Kinder – ich war damals 20 – den verschuldeten Betrieb übernehmen und 40 Mio. Schilling bei 20 Mio. Umsatz zurückzahlen. Wir konnten die Banken überzeugen, uns nicht abzudrehen.

Macht Geld frei?

Ja, absolut, wenn es einem wurscht ist. Wenn man es nicht hat, ist es schlecht. Und wenn man es hat und es einen beherrscht, auch.

ZUR PERSON

Klaus Bartelmuss (55) ist Eigentümer der IBS Paper Performance Group. Das Unternehmen, das im steirischen Murtal 350 Mitarbeiter und an 13 weiteren Standorten weltweit 300 Leute beschäftigt, ist Technologieführer bei der Optimierung von Papiermaschinen. IBS setzt jährlich etwa 100 Mio. Euro um. Als Musikmanager hat Bartelmuss seinen Mitarbeiter Nik P. zum Schlagerstar gemacht. Sein größter Nachwuchserfolg ist Volks-Rock'n'Roller Andreas Gabalier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2015)

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