Ronny Pecik: "Gelassenheit im Geschäft ist Leichtsinn"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ob am Bau oder als Billeteur: Investor Ronny Pecik hat schon viele Jobs gemacht. Mit der "Presse" sprach er über seinen Freiheitsdrang, die Notwendigkeit eines Privatjets und Grillen mit der Familie.

Die Presse: Fühlen Sie sich als lebender Beweis dafür, dass es nicht unbedingt eine Matura braucht, um erfolgreich zu sein?

Ronny Pecik: Matura habe ich nicht, das stimmt. Aber ich möchte schon betonen: Die Karriere, die ich gemacht habe, wäre heute unter diesen Voraussetzungen nicht möglich.

Warum nicht?

Weil die Anforderungen an junge Leute im Berufsleben ganz anders sind. Damals waren Allrounder gefragt– Leute mit Visionen. Heute muss man Spezialist mit exzellenter Ausbildung sein. Ich sehe das ja in meiner Firma: Eine junge Kollegin, die sich bei uns um die Steuern kümmert, war mit 25 Doppelmagistra. Mein Geschäftsführer hat in den USA Finanzwissenschaften studiert. Und unser neuester Zuwachs, ein junger Steirer, hat auch zwei Magistertitel.

Wie haben Ihre Eltern seinerzeit reagiert, als Sie die Schule abgebrochen haben?

Ich bin der jüngste von drei Brüdern, war also als Schulabbrecher irgendwie das schwarze Schaf der Familie. Ich hatte einen Stiefvater, was mir das Leben nicht erleichtert hat. Im vierten Jahr Gymnasium war ich wirklich schlecht in der Schule. Da meinte mein Stiefvater, ich sollte Fliesenleger werden. Ich habe dann aber eine Lehre als Starkstromelektriker gemacht und die Studienberechtigungsprüfung. Ein Wahnsinn, wie schwer das war, da wäre die Matura nichts dagegen gewesen. Dann habe ich mir eingebildet, ich werde Jurist, habe aber nach sechs Monaten festgestellt: Ich bin kein Student.

Weil?

Weil ich etwas tun muss. Ich bin kein Mensch, der stundenlang herumsitzen kann, um Bücher zu lesen. Jede Sitzung bei uns, die länger als eine Stunde dauert – da schlafen mir die Füße ein.

Sie sind nach einer EDV-Ausbildung bei der Länderbank, im Optionenhandel, gelandet. Nach Ihrer Ausbildung nicht gerade der logische Job. War es der Geruch des Geldes, der Sie gelockt hat?

Absolut. Ich komme zwar nicht aus einem armen Haus. Aber ich bin ein typisches Gastarbeiterkind. Ich war sehr jung, als ich nach Österreich kam.

Können Sie sich daran erinnern?

Ja, sehr gut. Das gehört zu den Schlüsselmomenten, die man nie vergisst. Ich weiß noch genau, als ich mit dem Bus über die Grenze nach Österreich gekommen bin und mir dachte: Das Land ist ja irrsinnig schön aufgeräumt – im Vergleich zum damaligen Jugoslawien, aus dem ich gerade herkam.

Zurück zum Geruch des Geldes ...

Ja, der hat mich immer schon fasziniert. Ich habe, seit ich 16 war, jeden Sommer durchgearbeitet. Das führt natürlich dazu, dass man sich mit dem Geldverdienen auseinandersetzt. Ich habe auch sehr jung angefangen, mit Aktien zu spekulieren.

Hat Sie jemand an das Thema herangeführt?

Nein, das entstand aus der Notwendigkeit, zu Geld zu kommen. Ich habe mich einfach gefragt, wie ich mit Hirn Geld verdienen kann. Damals hat man ja noch geredet und gelesen – und so kam ich auf diese Dinge.

Welches Wertpapier war Ihr erstes?

Ein Constantia-Optionsschein.

Und warum?

Constantia gehörte damals noch Herbert Turnauer – und der war ein beeindruckender Unternehmer. Damals war ja auch die Montana an der Börse – da hat eine Aktie 40.000 Schilling gekostet. Unvorstellbar viel Geld.

Herbert Turnauer und Karl Kahane – waren das Ihre Vorbilder?

Absolut. Das waren damals die Unternehmer schlechthin, und sie sind heute noch unvergessene Persönlichkeiten. Für mich wurde damals der Satz prägend: „Follow the smart money“.

Wollten Sie schon als Junger Unternehmer werden?

Ja. Ich hatte schon in jungen Jahren, zur Verzweiflung meiner Mutter, einen großen Freiheitsdrang. Nicht, dass ich ein Rüpel war, überhaupt nicht. Aber ich war ein Freigeist, war sehr selbstständig – zum Beispiel habe ich mir meine Jobs immer selbst organisiert. Mit 17 bin ich von daheim ausgezogen.

Hatten Sie je Existenzängste?

Nein. Das gab's bei mir nie. Ich habe mich immer gut durchschlagen können: Ich habe am Bau gearbeitet, ich war Kino-Billeteur, ich war Kellner, da habe ich übrigens exzellent verdient.

Und wie wird man dann Unternehmer?

Ganz einfach: Ich war EDV-Fachmann bei der Länderbank, dann wurde die Termin- und Optionenbörse (Ötob) ins Leben gerufen. Dort hat man jemanden mit EDV- und Aktienerfahrung gesucht. Ich bin da richtig aufgeblüht, wir mussten alles aus dem Nichts aufbauen. Genauso war es, als ich für die Grazer Wechselseitige eine Investmentbank aufgebaut habe. Das ist die heutige Capitalbank.

Sie haben seinerzeit kurz im Gebäude der Bank Austria in der Schottengasse gearbeitet. Vergangenen Herbst haben Sie die Immobilie gekauft. War das ein erhebender Moment für Sie?

Ich würde lügen, würde ich sagen, dass das keine Triebfeder war. Als ich das Gebäude gekauft habe, habe ich Willi Cernko (Bank-Austria-Chef, Anm.) gesagt, dass ich mich an Zeiten erinnere, als ich beim Vorstand unter dem Teppich gegangen bin. Jetzt gehe ich auf dem Teppich.

Wie lautet eigentlich Ihre Berufsbezeichnung?

Ich bin ein Active Shareholder. Ich kaufe Aktien, kaufe mir Rechte und übe sie aus.

Ist das Leben als Active Shareholder zwangsläufig auch mit schlaflosen Nächten verbunden?

Ich versichere Ihnen, mehr als man glaubt.

Mit der Zeit wird man also nicht gelassener?

Gelassenheit in unserem Geschäft ist Leichtsinn. Wir planen alle unsere Deals, deswegen haben wir auch einen hundertprozentigen Track Record. Wir hatten in den vergangenen zehn Jahren ein Transaktionsvolumen von sechs Mrd. Euro. Da sind die 2,5 Mrd. Euro der América Móvil für die Telekom Austria noch gar nicht dabei.

Ist Geld für Sie eher ein Genuss oder eine Bürde?

Würden Sie sehen, wie ich lebe, würden Sie sich fragen: Warum macht der das alles eigentlich?

Wie leben Sie denn?

Sehr normal. Natürlich sind gewisse Dinge notwendig. Ich besitze einen Privatjet. Aber ich muss mobil sein. Ich liebe es, zu grillen. Das ist für mich Lebensqualität. Die schönsten Momente im Leben haben oft wenig mit Geld zu tun. Etwa, wenn Sie mit der Familie zusammensitzen. Ich sehe es als Kompliment, wenn mein 33-jähriger Sohn, der eine eigene Familie hat, noch immer mit mir auf Urlaub fahren will.

Wie haben Sie Ihren Kindern den Umgang mit Geld vermittelt?

Durchs Reden, durch eine normale Erziehung. Meine Kinder gingen oder gehen in keine Eliteschulen.

Sind Sie stolz auf sich?

Ja, ich bin darauf stolz, dass ich Österreicher bin, dass ich kroatische Wurzeln habe, dass ich hier meine Steuern zahle. Ich habe viele Orte auf der Welt gesehen. Ich glaube, dass vielen Österreichern nicht bewusst ist, in welchem schönen und sicheren Land wir leben.

Können Sie sich noch an Ihre erste Million erinnern?

Ich kann mich genau an jedes Ziel erinnern, das ich erreicht habe. Meine erste Million habe ich 1988 gemacht, damals noch in Schilling.

ZUR PERSON

Ronny Pecik (*1962) ist ein österreichischer Investor mit kroatischen Wurzeln. Der gelernte Starkstromelektriker handelte mit Optionen bei der Länderbank und baute eine Investmentbank auf, ehe er sich selbstständig machte. Er bezeichnet sich als Active Shareholder: Er beteiligt sich an Unternehmen, gestaltet dort mit und verkauft gewinnbringend. Sein jüngster Coup: Er veräußerte seine Telekom-Anteile an die América Móvil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)

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