Markus Brier: "Man darf nicht nur ans Geld denken"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Sein Golfspiel sei reine Liebhaberei, meinte das Finanzamt bei Markus Briers erster Steuererklärung. Schlussendlich konnte der Ex-Profigolfer doch noch vier Millionen Euro Preisgeld verdienen.

Die Presse: Golf ist als Reichensport verschrien. Nervt Sie das?

Markus Brier: Mittlerweile nicht mehr. Erstens, weil ich es hunderttausendmal gehört habe, und zweitens, weil es sich langsam ändert. Die alten, elitären Klubs kämpfen und sterben aus. Ich bin seit der Kindheit im Golfklub Freudenau, der diesbezüglich womöglich den schlechtesten Ruf hat. Aber auch dort gibt es ganz normale Leute. Früher war es halt notwendig, mehr Geld zu haben, damit man Mitglied wird. Heute ist das schon deutlich einfacher.

Ein Sport für Arme ist Golf aber immer noch nicht. Im Golfklub Fontana, den ursprünglich Frank Stronach erbaut hat, kostet eine Runde (Green Fee) 150 Euro.

Diese High-End-Klubs wird es immer geben. Es gibt aber eben auch Klubs, wo die Jahresmitgliedschaft 1000 Euro kostet, und dann kann man spielen, soviel man will. Auch die Ausrüstung ist inzwischen um 500 bis 600 Euro zu haben. Da ist Skifahren auch nicht billiger.

Einschreibgebühren von 10.000 Euro gehören also der Vergangenheit an?

Nein, das ist teilweise nach wie vor so. Man darf aber nicht vergessen, dass die Privatklubs ja keine reinen Sportklubs, sondern auch Gesellschaftsklubs sind. In der Freudenau wird etwa genauso viel Bridge wie Golf gespielt. Das ist ein ganz anderes Konzept.

Der Vorwurf, Golf sei zu elitär, ist kaum auszumerzen. Was ist denn eigentlich schlecht daran, einer Elite anzugehören?

Schlecht sind eigentlich nur die Vorurteile. Golfer sind auch ganz normale Leute, nur haben manche halt ein bisschen mehr Geld. In den USA ist das zehn Mal schlimmer als bei uns. Mich hat aber immer nur der Sport interessiert.

Wie haben Sie in den Neunzigern den Schritt vom Amateur zum ersten Profigolfer aus Österreich geschafft?

Ich habe das Glück gehabt, dass ich in der Freudenau ein, zwei private Mäzene gefunden habe. Da war dieser Klub natürlich ein Riesenvorteil. In einem billigeren Klub hätte ich von meinen Bekannten vielleicht ein paar hundert Euro bekommen. Damit kann man nichts anfangen.

Wollten Ihre Gönner das Geld jemals zurück?

Nein, und das war auch notwendig. Ich habe erst 2000 wirklich etwas verdient. Die ersten vier Jahre musste ich sehr viel einzahlen.

Sie standen 1999 kurz davor, den Profisport mangels Erfolg aufzugeben. Wie stark waren Ihre Geldsorgen damals?

Ich hatte nicht direkt Geldsorgen. Aber ich habe Wirtschaft studiert und gewusst: Wenn ich nichts habe, kann ich nicht die 20.000 Euro reinstecken, die ich jetzt brauchte. Bei meiner ersten Steuererklärung hat mir das Finanzamt gesagt, mein Golfen sei reine Liebhaberei. So hat das damals ausgesehen. Ich konnte ja nicht dauernd in der Welt herumreisen und mir gleichzeitig das Essen nicht mehr leisten. Zum Glück habe ich 1999 gut gespielt und bin auf die European Tour gekommen. 2000 hatte ich den ersten richtigen Scheck in der Hand: 100.000 Euro. Dann ging es ans Geldverdienen.

Wieviel bekommt der Staat?

Als Sportler bezahlt man 17 Prozent. Seit 2000 gilt das nicht nur für Skifahrer, sondern für alle Sportler. Das klingt sehr gut, ist auch gut. Aber ich muss die Auslandssteuer auch bezahlen. Ich zahle in Spanien also 20 und hier nochmal 17 Prozent.

Sie haben in Summe vier Millionen Euro an Preisgeldern verdient. Wie viel hat davon eigentlich ihr Caddy bekommen?

Meine guten Jahre waren von 2000 bis 2009. Da war ich fast der einzige Österreicher als Profi, also waren auch die Sponsorengelder in Ordnung. Der Caddy ist am Preisgeld beteiligt. Er bekommt fünf Prozent plus tausend Euro Fixum pro Turnierwoche. Darum muss er aber auch alle Spesen selbst bezahlen. Wenn man einen guten Spieler hat, kommt da schon etwas zusammen.

Was entscheidet letztlich, die Technik oder der Kopf?

Technik ist erlernbar. Im Profibereich ist vor allem wichtig, dass man nicht nur ans Geld denkt: Dieser Schlag geht um 10.000 Euro, dieser um 100.000 Euro. Sobald das passiert, ist es zu spät. Man muss das Geld aus dem Kopf bekommen.

Ist das möglich in einem Sport, in dem die Besten offiziell nach einer Geldrangliste ermittelt werden?

Auf jeden Fall. Ich habe am Platz nie ans Geld gedacht. Man kann ohnedies nicht beeinflussen, was die anderen machen. Meist hat man keine Ahnung, wo man genau liegt. Wer dann beginnt, jeden Schlag zu bewerten, wird verrückt. In der Liga, in der Bernd Wiesberger (aktuell erfolgreichster Golfer Österreichs, Anm.) ist, geht es nicht mehr ums Geld, sondern nur noch ums Gewinnen. Wer in vier Jahren fünf Millionen verdient, kümmert sich nicht mehr um hunderttausend Euro mehr oder weniger. Da war ich nie.

Wiesberger spielt inzwischen in den USA. Muss man für das große Geld dorthin?

Ja, dort winkt das doppelte Preisgeld, es gibt viel bessere Sponsorenverträge, es ist weniger chaotisch in der Organisation. In den USA spielt man fünf Wochen im Westen, dann fünf Wochen im Osten. In Europa sind wir kreuz und quer geflogen und dann für eine Woche nach Australien.

Business oder Economy?

Sobald ich es mir leisten konnte, Business, zumindest die Langstrecken. Wer 400.000 im Jahr verdient, investiert dreitausend in den Flug, weil es etwas bringt. Ein Freund von mir hat einmal gesagt: Du spielst nur so gut, wie gut du wohnst. Er ist nur in Fünf-Sterne-Hotels abgestiegen und nur Business geflogen. Ich war damals froh, dass ich mich über Wasser halten konnte. Aber irgendwie hatte er recht.

Sie meinten eingangs, die alten elitären Klubs würden aussterben. Wird es künftig weniger Golfplätze geben?

Nein, die Banken übernehmen das alles. Die haben die Golfplätze finanziert, und irgendwann besitzen sie halt die Plätze.

Bankenchefs golfen ja meist auch recht gerne.

Natürlich. Da werden sicher auch Geschäfte gemacht am Golfplatz. Ich war lange im Golfklub Fontana. Frank Stronach hatte seine Termine immer dort, obwohl er mit Golf gar nichts am Hut hat. Er baute den Platz nur, um seine Immobilien besser zu verkaufen. Der Platz war zehn Jahre lang exzellent. Eine Zeitlang war das Geld dort abgeschafft. Jetzt ist Stronach draußen und das Geld ein wenig knapper.

Ist Golf Ihrer Meinung nach eine gute Kontaktbörse?

Es ist vor allem eine gute Schule fürs Leben, weil man sehr ehrlich zu sich sein muss, wenn man weiterkommen will. Man geht vier Stunden spazieren, haut hundert Mal auf einen Ball und hat natürlich viel Zeit zu plaudern.

Wird viel geschummelt?

Leider ja. Die Möglichkeiten zu schummeln sind riesig. Es sieht kein Mensch, wenn man einen Ball da fallen lässt, wo man ihn gerne hätte. Bei den Profis wird man dafür natürlich gesperrt.

Kommt das im Profibereich vor?

Es ist passiert. In Österreich sind schon Spieler gesperrt worden, die etwa falsch gezählt haben. Wenn einer ins hohe Gras schießt und dann sagt: „Ich hab' ihn“, renn ich auch nicht hin und schaue, ob das auch stimmt. Was der da wirklich im Wald macht, will ich lieber gar nicht wissen. Sonst bekomme ich ein Magengeschwür, und das mag ich nicht.

ZUR PERSON

Markus Brier war zwischen 1995 und 2013 professioneller Golfspieler. Der 1968 geborene Wiener gilt als der erste heimische Golfprofi. Er spielte in den 1990er-Jahren auf der Challenge Tour und zwischen 2000 und 2012 auf der höher klassifizierten European Tour. 2006 und 2007 konnte er je ein European-Tour-Turnier gewinnen. Seine beste Platzierung in der Golf-Weltrangliste war Platz 92, die er im Jahr 2007 erreichen konnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)

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