Worseg: "Andere Ärzte verdienen auch gutes Geld"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Interview. Artur Worseg ist weit über die Grenzen hinaus als Schönheitschirurg bekannt. Ungeachtet des großen Erfolges sieht er sein Metier auch kritisch – und prangert manch einen Kollegen als „Täter“ an.

Die Presse: In ein paar Tagen ist Weihnachten. Bringt das Christkind vielen Kunden ein neues Gesicht?

Artur Worseg: Das Christkind bringt nichts. Aber viele nehmen das Jahresende zum Anlass, etwas für sich zu machen, was sie eigentlich das ganze Jahr wollten. Das Geschäft geht vor Weihnachten immer extrem gut. Zumal sich die kalte Jahreszeit für chirurgische Eingriffe besser eignet. Im Sommer überwiegt die Sorge, dass man im Bikini nicht so gut aussieht.

Ist das Schenken von Schönheit populär geworden?

Es wird mehr darüber geredet, obwohl es nicht unproblematisch ist. Hierzulande ist es nicht üblich, dass 18-Jährige zur Matura einen Busen bekommen. In Asien, wo ich oft operiere, hingegen schon. Da schenkt man sich wirklich Schönheitsoperationen. Bei uns hat das noch einen negativen Touch, so ein Geschenk könnte auch als Beleidigung aufgefasst werden.

Auf dem Sparbuch bringt Geld keine Zinsen, und Aktien sind für viele zu riskant. Der Trend geht zu Sachwerten. Gehört da Schönheit dazu?

Absolut. Ich bin ein notorischer Häuselbauer und spreche viel mit Bauleuten – denen geht es irrsinnig gut, weil die Leute nichts mehr sparen, sondern in Bleibendes investieren. Ich profitiere von diesem Trend, keine Frage. Die Menschen sagen sich, wofür soll ich das Geld aufheben, ich mache lieber etwas Gutes für mich. Wir spüren aber auch, dass die Preise verfallen. Man will möglichst viel Leistung für sein Geld.


Auf Ihrer Homepage gibt es keine Preise. Sind sie Verhandlungssache?

Ich verhandle sie mit mir selbst. Es macht einen Unterschied, ob jemand eine Operation wirklich braucht, weil ihn sein Makel auch psychisch belastet. Da bin ich viel günstiger als bei jemandem, der aus Jux und Tollerei etwas machen lässt, was er eigentlich nicht braucht. Diesen Spielraum möchte ich mir behalten, das ist für mich als Arzt wichtig, dass ich über den Preis auch eine gewisse Ethik einbringe. Daher weigere ich mich, Preise anzugeben.

Arbeiten Sie auch pro bono?

Natürlich. Ich glaube, das macht fast jeder von uns, oder man sollte es zumindest machen.

In welchen Fällen?

Bei Menschen, die mir leid tun, weil sie wirklich Hilfe brauchen. Wobei Kosmetik schon auch eine Rolle spielt. Etwa, wenn jemand eine Nase hat, die ihn entstellt, die sein Leben beeinträchtigt. Gerade war ein Patient bei mir, der wollte zahlen. Ich habe das abgelehnt. Das ist mir wichtig und tut auch mir gut.


Sie bieten auch Operationen auf Kredit an?

Nicht auf Kredit, aber über Finanzierungen. Das machen auch Zahnärzte und Dermatologen. Wenn jemand gar kein Geld hat und nach einer Finanzierung fragt, sage ich grundsätzlich nein. Wenn jemand die Hälfte der Kosten aufbringen kann, biete ich Möglichkeiten an. Grundsätzlich ist die Finanzierung von kosmetischen Operationen eine zweischneidige Sache.

Da operieren Sie lieber umsonst?

Oder gar nicht.


Wann schicken Sie Kunden weg?

Wenn jemand das Geld irgendwo zusammenkratzt, oder wenn ein Eingriff nicht notwendig ist oder sich jemand etwas vorstellt, das nicht machbar ist. Ich schicke sie mir zuliebe weg, weil ich keine Schwierigkeiten haben möchte, und den Leuten zuliebe.

Der Boom an Schönheits-OPs hat auch Sie bekannt gemacht. Ist dieser Trend gut?

Da gibt es kein gut oder schlecht. Der Trend ist da, wie bei Handys. Thematisiert werden sollte aber, dass es immer Täter und Opfer in der kosmetischen Chirurgie gibt. Wenn jemand einen überdimensionalen Busen oder große Lippen hat, sollte man nicht sagen: Schau, was der sich angetan hat, sondern fragen, wer dem das angetan hat.

Sie machen das nicht?

Niemand zwingt dich. Entweder es werden solche Eingriffe wegen des Geldes gemacht, oder es fehlt das Empfinden. Die Täter in der kosmetischen Medizin darf man nicht unterschätzen, die Zahl steigt.

Das sieht man ja auch . . .

Ja, aber es wird kaum hinterfragt.

Wie reagieren Sie auf solche Wünsche?

Anfangs glaubte ich, ich schaffe das. Dann denkt man, wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer. Da geht es natürlich ums Geld. Dann kommt der Moment, wo man es nicht macht – aus Selbstschutz oder aus moralischen Überlegungen. Das muss man sich natürlich auch leisten können. Mit vollen Hosen ist leicht stinken . . .

Sie operieren auch im Fernsehen. Wer zahlt das?

Das zahlen wir, die Patienten leisten einen minimalen Kostenbeitrag. Das sind Leute, die bereit sind, in die Öffentlichkeit zu gehen, weil sie sich eine OP anders nicht leisten können. Das ist sehr zweischneidig, wie alle diese TV-Sendungen, muss ich selbstkritisch sagen. Eine Zeitlang war das in, jetzt wird das negativ gesehen.

Warum sind Sie Schönheitschirurg geworden?

An der plastischen Chirurgie, also der Rekonstruktion, hängt heute noch mein Herz. Ästhetik ist im Vergleich zur Rekonstruktion oberflächlich: vom Handwerk her auch schwierig, aber viel mehr psychologielastig. Manchmal bereue ich, diesen Weg gewählt zu haben.

Was war entscheidend?

Schwierige Frage. Geld hat natürlich mitgespielt. Ich habe zu einer Zeit begonnen, wo man noch nicht wusste, ob man damit Geld verdienen kann. Es war auch Mut dabei. Der Grund für meinen Erfolg? Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Das Klischee lautet, Schönheitschirurgen sind reich. Sie auch?

Andere Ärzte verdienen auch gutes Geld. Von Schönheitschirurgen wird das erwartet, und dieses Klischee musst du auch erfüllen. Ich tue das auch, durch meine vielen Auftritte in der Öffentlichkeit.

Sie arbeiten rund um die Uhr, wann haben Sie Zeit, Geld auszugeben?

Geld gibt man so aus, wie man es verdient: Als ich es leicht verdient habe, habe ich es auch leichtfertig ausgegeben. Für unnötige Dinge, aber auch, indem ich Menschen in meinem Umfeld geholfen habe. Das ist jetzt anders, auch weil die Wirtschaft nicht mehr so gut läuft. Und wenn man Kinder hat, ist sowieso alles anders.

Wie legen Sie Geld an?

Die wenigen Ausflüge in Aktien sind danebengegangen. Ich setze auf Beständiges, auf Immobilien. Ich habe mir jetzt auch einen kleinen Goldbarren gekauft. Das meiste Geld steckt aber im Unternehmen. Ich habe zu Beginn der Krise investiert, damit war ich gut beraten. Hätte ich vor sieben, acht Jahren nichts investiert, würde es mich heute nicht mehr geben. Jetzt würde ich mich nicht mehr trauen, ich versuche, das Niveau zu halten.

Wenn Sie sich selbst einen Wunsch erfüllen, was wäre das?

Es geht mir so gut, beruflich und privat. Vielleicht, dass der Bub besser in der Schule ist (lacht). Ein Boot ist schon ein Männertraum. Ich hatte ein kleines, das habe ich verkauft, es war eine Sparkasse.

Luxus und Glück haben also doch nichts mit Geld zu tun?

Nicht mehr. Wenn man aus kleinen Verhältnissen kommt, durchlebt man alle neureichen Phasen. Wenn man die Kurve zu Lebzeiten kratzt und zur Bescheidenheit zurückkehrt, mit einem kleinen Haus und der richtigen Partnerin – dann ist das Lebensglück. [ Fabry ]

ZUR PERSON

Artur Worseg (*1959) studierte in Wien Medizin und machte die Facharztausbildung für Plastische Chirurgie. Schon 2000 gründete er ein Aesthetic Center. Nach etlichen Auslandsaufenthalten in China und den USA und der Tätigkeit in diversen österreichischen Spitälern spezialisierte sich der gebürtige Kärntner auf plastische Medizin. Seit 2013 leitet er seine eigene Klinik. Der umtriebige Arzt ist auch Universitätsdozent und ehrenamtlich tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2015)

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