Michael Ehlmaier: "Ich habe bis 27 im Hotel Mama gewohnt"

EHL Immobilien
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Michael Ehlmaier, Chef von EHL Immobilien, spricht über Armut und Reichtum - und erzählt, warum er noch nie den Job gewechselt, aber ein Unternehmen übernommen hat.

DiePresse: Wenn jemand zu Ihnen kommt und sagt, er suche in Wien eine zentrale 70-Quadratmeter-Wohnung, könne sich aber nicht mehr als 700 Euro brutto pro Monat leisten, was sagen Sie?

Michael Ehlmaier: Da stoßen wir an eine Grenze, wo er noch Glück haben könnte, aber es ist nicht mehr so einfach, eine bezugsfertige, schöne Wohnung zu diesem Preis zu bekommen.

Ist es schwieriger geworden, in Wien eine Wohnung zu finden, wenn man nicht viel verdient?

Die Immobiliensuche ist dank Internet und Markttransparenz leichter geworden, es gibt aber weniger Schnäppchen. Die Preise für Eigentum haben sich in den vergangenen zehn Jahren enorm erhöht, sind im internationalen Vergleich aber günstig bis durchschnittlich. Die Mieten sind nicht so stark gestiegen.

Wie haben Sie als Student gewohnt?

Ich war so bequem und habe bis 27 im Hotel Mama gewohnt. Daher hatte ich nicht den wirtschaftlichen Druck, eine Wohnung zu suchen.

Sie hatten also nie Geldsorgen.

Ich selbst nicht. Aber nach dem Studium war ich bei der Caritas im Zivildienst und habe acht Monate im Möbellager am Mittersteig verbracht. Dort hatte ich viel mit Personen zu tun, die unter Armut litten. Dadurch bin ich dankbarer und wachsamer geworden.

Inwiefern? Haben Gutverdiener eine moralische Verpflichtung gegenüber Ärmeren?

Selbstverständlich, aber da muss man unterscheiden. Zum einen werden Besserverdiener durch den Spitzensteuersatz zur Kasse gebeten, zum anderen sollte auch der Staat einen sozialen Ausgleich schaffen. Mich stört es nicht, dass ich im Spitzensteuersatz bin, abgesehen davon, dass es nie mein Ziel war, besonders viel Geld zu verdienen. Ich bin keinem neidig, wenn er mehr verdient. Das andere ist die Frage, was jeder außerhalb der gesetzlichen Vorgaben bereit ist, für die Gesellschaft beizutragen. Unser Unternehmen arbeitet viel mit karitativen Organisationen zusammen.

Zum Beispiel?

Im Oktober haben wir zugunsten von Immo Humana ein Benefizkonzert im Musikverein initiiert, wo ich als Geiger mitgewirkt habe.

Wie ist es 2009 zum Management-Buy-out der damaligen CPB Immotreuhand, der heutigen EHL, gekommen? Ist die Constantia Privatbank auf Sie zugekommen oder war das Ihre Idee?

Die Constantia Privatbank hat sich in der Krise von allen Gesellschaften getrennt, die nichts mit dem Privatbankengeschäft per se zu tun hatten. Nachdem ich seit 1994 im Unternehmen tätig war, davon zehn Jahre als Geschäftsführer, war es naheliegend, Interesse zu bekunden. Also habe ich das Unternehmen mit allen Mitarbeitern und Kunden übernommen. Es hat uns auch einen Wettbewerbsvorteil gebracht, dass viele Kunden lieber mit eigentümergeführten Unternehmen als mit Konzerngesellschaften zu tun haben.

Woher hatten Sie das Geld für das Management-Buy-out?

Teilweise kreditfinanziert, teilweise angespart.

Hatten Sie während der Finanzkrise Angst, dass Ihre Branche den Bach runtergehen könnte?

Im Grunde bin ich kein extrem ängstlicher Mensch. Aber ich habe überlegt, wie PlanB ausschauen könnte, sollte es die Branche oder das Unternehmen sehr schlimm erwischen. Aber die Mitarbeiter sind hinter mir gestanden, die Kunden haben uns die Treue gehalten. Erfreulicherweise haben wir gerade im Privatkundenbereich schon 2010 und 2011 deutliche Zuwächse spüren können, weil Privatkunden ihr Geld nach der Krise in Wohnimmobilien veranlagen wollten.

Investieren Sie auch privat in Immobilien?

Ich investiere fast ausschließlich in Immobilien, weil ich lieber dort investiere, wo ich mich auskenne und den Erfolg beeinflussen kann.

Raten Sie das anderen auch?

Kommt darauf an. Privatinvestoren rate ich, in Wohnimmobilien zu investieren, aber mit guter Beratung, damit sie nicht überteuert einkaufen. Immobilien sind kein vermehrbares Gut, man wird sie immer brauchen. Ich rate aber nicht, in Immobilien zu investieren, wenn man schnell reich werden will. Das funktioniert nur, wenn man ein enorm hohes Risiko in Kauf nimmt.

Wie hat sich das Maklergeschäft im Lauf der Jahre verändert?

Es ist professioneller geworden, weil die Ausbildung deutlich besser geworden ist. Dadurch hat sich der Ruf der Branche verbessert.

In Beliebtheitsrankings sind Makler noch immer weit unten.

Mich interessieren weniger die Beliebtheitsrankings als das Feedback unserer Kunden. Das ist überwiegend positiv. Ich komme selbst aus einer Unternehmerfamilie. Bei uns hat sich immer alles ums Geschäft und um Kundenwünsche gedreht.

Was waren Ihre Eltern?

Meine Großeltern waren Handschuhmacher. Mein Großvater ist am Wochenende immer gesessen und hat Handschuhe für seine Kunden geflickt. Das war richtiges bürgerliches Kleingewerbe. Die Firma meines Vaters ist die einzige in Österreich, die Leiterkordeln für Jalousien produziert. Das Unternehmen führen jetzt meine Brüder.

In der Immobilienbranche war keiner in Ihrer Familie?

Nein, da bin ich zufällig rein. Von meiner Ausbildung her bin ich Bilanzbuchhalter. Nach der Universität wollte ich den Vertrieb ausprobieren. Ich überzeuge, diskutiere, berate gern. Die Branche war mir egal. Dass es die Immobilienbranche war, war Zufall. Jetzt bin ich seit über 20 Jahren in diesem Unternehmen, das damals drei Mitarbeiter hatte. Heute sind es 142.

Jobwechsel war nie ein Thema?

Nein. Meine Frau sagt, ich bin ein Heiratsschwindler: Als wir uns kennengelernt haben, und sie gemerkt hat, dass ich 70 Stunden pro Woche arbeite, habe ich noch vorlaut gesagt: „Keine Sorge, das ist mein erster Job, wenn ich ihn wechsle, machen wir eine dreimonatige Weltreise.“ Ich habe nie gewechselt, mehr als zwei Wochen Urlaub haben wir auch nie gemacht, im Urlaub bin ich rund um die Uhr erreichbar. Den Spagat zwischen Beruf und Familie glaube ich aber ganz gut zu schaffen. Ein bisschen ein schlechtes Gewissen schadet katholisch erzogenen Menschen wie mir auch nicht.

Sie haben drei Kinder. Wie wohnen Sie jetzt eigentlich?

Als meine Frau mit dem dritten Kind schwanger war, haben wir ein Grundstück in der Nähe des Lainzer Tiergartens erworben und ein Einfamilienhaus mit Kinderspielplatz und Swimmingpool errichtet.

Was machen Sie mit dem Geld, das Ihnen übrig bleibt?

Das Geld, das ich verdiene, versuche ich achtsam anzulegen. Wir reisen gern mit den Kindern, sie gehen in Privatschulen, lernen Musikinstrumente. Ab einem gewissen Lebensstandard ist man nicht glücklicher, wenn man zehn oder zwanzig Prozent mehr verdient. Ich sehe mich und meine Familie als geerdete Menschen, die auf Statussymbole keinen Wert legen. Ich brauche keine Designerklamotten und will auch den Kindern einen sorgfältigen Umgang mit Geld vermitteln.

Wie machen Sie das?

Momentan bekommen sie noch kein Taschengeld und auch keine teuren Geschenke. Sie kriegen mit, dass es uns zu Hause sehr gut geht.

Sie sind ja noch relativ klein und stellen geringe Anforderungen.

Ich lasse mich überraschen, aber vielleicht gelingt es mir, meine Kinder zu überzeugen, dass zum Glücklichsein mehr als Geld gehört.

Die Weltreise wollen Sie nicht doch noch einmal machen?

Vielleicht. Aber da im Februar unser viertes Kind kommt, ist das frühestens in sechs Jahren ein Thema.

ZUR PERSON

Michael Ehlmaier (*1969) hat 2009 im Zuge eines Management-Buy-outs die Maklertochter der Constantia Privatbank übernommen, in EHL umbenannt und zu einem der führenden Immobiliendienstleister Österreichs ausgebaut. Im Unternehmen ist Ehlmaier bereits seit 1994 tätig, seit 1999 als Geschäftsführer. Zuvor hat er Handelswissenschaften studiert und seinen Zivildienst bei der Caritas absolviert. Ehlmaier ist verheiratet und hat drei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2016)

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