"Wir haben keine zweitklassigen Schüler"

Matthias Roland
Matthias Roland(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Matthias Roland ist Chef der gleichnamigen Maturaschule. Der "Presse" erklärte er, warum die Zentralmatura zu steigenden Schülerzahlen führt und sein Doktortitel warten muss.

Die Presse: In Österreich gibt es – anders als beispielsweise in den USA – die Mentalität, dass Bildung nichts kosten darf. Sie verdienen mit Bildung Geld. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Matthias Roland: Bildung hat einen hohen Wert und darf insbesondere den Staat etwas kosten. Der Staat sollte dafür sorgen, dass Bildung leistbar ist und bleibt. Wir haben als privater Anbieter den Vorteil, dass wir ökonomisch arbeiten müssen, unsere Leistung messbar ist und wir Qualität steuern können und müssen. Unsere Schüler stellen sich einer Prüfung vor einer staatlichen Kommission.

Wie hoch sind die Erfolgsquoten?

Bei den Schülern, die den Unterricht kontinuierlich besuchen, ist die Erfolgsquote sehr hoch. Ein Schüler, der zu 95 Prozent am Unterricht teilnimmt, wird mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit sein Bildungsziel in der entsprechenden Zeit erreichen. Ich empfinde das als sehr wohltuend, weil es einen immer daran erinnert, dass wir ein Dienstleistungsunternehmen sind.

Was machen Ihre Lehrer besser als die staatlichen?

Sie sind extrem motiviert, weil sie die Prüfungen nicht selbst abnehmen. Sie bilden gemeinsam mit den Schülern ein Team, das auf die Situation vor der staatlichen Prüfungskommission vorbereitet.

Woher kommt dieser Bedarf an Berufsreifeprüfungen? Schlagen die jungen Leute zunächst den falschen Bildungsweg ein?

Ich glaube, dass junge Menschen in Österreich zu früh in die Situation kommen, sich für eine bestimmte Ausbildungsrichtung entscheiden zu müssen. Oft wird diese Entscheidung gar nicht von ihnen getroffen, sondern von den Eltern, auch in Abhängigkeit vom sozialen Umfeld. Daher gibt es den großen Wunsch, sich bei Erreichung eines bestimmten Alters zu verändern und doch Matura zu machen.

Darüber müssten Sie ja sehr froh sein, denn sonst hätten Sie vielleicht weniger Geschäft.

Es stimmt, dass die Schülerzahlen steigen. Gerade im Zuge der Zentralmatura kommen immer mehr Schüler zu uns, insbesondere auch deshalb, weil in den öffentlichen Schulen oft vor der Matura ausgesiebt wird. Die Schulen haben große Angst, dass sie bei der Zentralmatura statistisch schlecht abschneiden. Deswegen lassen sie Schüler schon im Vorhinein durchfallen. Die müssen dann in den zweiten Bildungsweg wechseln.

Das heißt, Ihr Geschäft wächst?

Das kann man so formulieren. Wir haben in allen Bereichen steigende Schülerzahlen. Bei der Berufsreifeprüfung ist der Anstieg flacher, bei der AHS-Matura merkt man den Anstieg sehr deutlich. Auch im Bereich der Sprachkurse und der Studienberechtigungsprüfung gibt es derzeit Zuwächse.

Wer finanziert die Weiterbildungskurse Ihrer Kunden?

Das ist bunt gemischt. Es gibt viele Schüler, die sich das Schulgeld selbst finanzieren, es gibt aber auch einen großen Teil an Eltern, die mitfinanzieren, Familien, die sich hier umeinander kümmern.

Aus welchen sozialen Milieus kommen die Schüler?

Lustigerweise ist auch das komplett unterschiedlich.

Steigert es denn die Motivation der Schüler, wenn sie das Schulgeld selbst finanzieren müssen?

Auf jeden Fall. Unter den Schülern, die sich die Ausbildung selbst zahlen, haben wir so gut wie keine Ausstiege. Das sind Leute, die das ernst meinen. Mein Vater hat schon festgestellt: Die besten Schüler sind die, die ein Haus bauen, drei Kinder haben und pendeln, um in die Schule zu kommen. Wenn die Motivation aus dem Inneren kommt, geht es schneller, als wenn man es den Eltern zuliebe macht.

Ist es härter, seine Matura später nachzumachen als im Zuge eines normalen Schulbesuchs?

Es ist in Summe aufwendiger, aber die Motivation ist höher, weil man sich bei uns auf einen Gegenstand nach dem anderen konzentrieren kann. Man kann also ein konkretes Erfolgserlebnis nach sehr kurzer Zeit haben. Dieses modulare Lernen bildet für viele eine große Motivationsstütze. Stellen Sie sich einen Schüler vor, der in Mathematik oder Physik Schwierigkeiten hatte. Wenn der weiß, er kann sich drei Monate intensiv mit dem Gegenstand auseinandersetzen, und dann hat er ihn nie wieder, ist die Motivation sehr groß, intensiv zu lernen.

Was kostet ein Maturakurs?

Wir bieten eine Ausbildung an, die in einem oder zwei Jahren im Direktunterricht zur Berufsreifeprüfung oder AHS-Matura führt. Das kostet 325 Euro pro Monat.

Sie bieten auch Nachhilfe an. Finden Sie es legitim, dass die Eltern zahlen müssen, was die Schule nicht leisten kann?

Auf keinen Fall. Die öffentliche Schule hat einen Ausbildungsauftrag, der in vielen Fällen nicht wahrgenommen wird. Bei uns gilt das Prinzip: Wenn jemand in einem Kurs drin ist, braucht er keine Nachhilfe. Sollte er trotzdem zusätzliche Hilfe brauchen – wir haben viele Leistungssportler, die nicht in die Schule gehen, aber auch andere Schüler, die sagen, sie haben etwas nicht verstanden – können sie gratis in anderen Kursen den Stoff noch einmal wiederholen. Wir fangen semesterweise mit neun Kursen an, haben jedes Niveau, und da kann man sich einfach gratis bedienen und sagen, ich höre mir diesen Stoff in Mathematik noch einmal an.

Verdienen Ihre Lehrer besser als bei der öffentlichen Hand?

Es ist vergleichbar.

Warum nicht mehr?

Unsere Schule bezieht keinerlei staatliche Subventionen, wir sind dem Wettbewerb ausgeliefert. Wir zahlen aber gut und handhaben das fair mit den Dienstverträgen.

Wie war das eigentlich bei Ihnen? Sie haben Ihre Matura auf ganz normalem Weg absolviert. Wäre die Schule Ihres Großvaters bzw. Vaters für Sie ein guter Ausweg gewesen?

Wenn es an der öffentlichen Schule nicht geklappt hätte, wäre die Maturaschule Dr. Roland für mich persönlich wahrscheinlich nicht der erste Ausweg gewesen. Das hat auch mit dem Namen zu tun. Aber ich habe schon früh angefangen, hier in der Druckerei zu arbeiten, habe Ferialjobs gemacht, und schnell verstanden, dass die Menschen, die hierher kommen, keine zweitklassigen Schüler sind, sondern sehr viel tun müssen. Unter unseren Absolventen finden sich viele Prominente.

Zum Beispiel?

Bruno Kreisky hat bei uns das Latinum gemacht, Oscar Bronner hat bei uns maturiert, Schauspieler wie Paulus Manker waren hier und diverse Olympia-Sieger.

War es für Sie klar, die Schule eines Tages zu übernehmen?

Unmittelbar nach der Matura konnte ich mir nicht vorstellen, noch einmal regelmäßig mit Schule zu tun zu haben. Aber nachdem ich Abstand gewonnen hatte und über Umwege wieder dazugekommen bin, war es ein schöner und richtiger Weg. Nach dem Studium bin ich hier eingestiegen, mein Vater hat die Schule sehr schnell an mich übergeben.

Warum?

Er hat gesehen, wie sein Vater, der die Schule gründete, nicht loslassen konnte. Er hat gesehen, wie schwierig das ist, wenn man neue Ideen einbringen möchte, und es nach wie vor zwei Verantwortliche gibt. Seine Einstellung war: „Du wirst das schon richtig machen.“

Die Schule heißt „Dr. Roland“, Sie sind „nur“ Magister. Wollen Sie noch den Doktor machen?

Die Schule ist nach dem Gründer, meinem Großvater, benannt. Bei der momentanen Belastung werde ich das wohl nicht zusätzlich schaffen.

ZUR PERSON

Matthias Roland (*1970) ist seit dem Jahr 1997 Direktor der Maturaschule Dr. Roland. Unter ihm erfolgte die Übersiedlung der Schule an einen einzigen Standort in der Neubaugasse. 1300 Schüler belegen dort derzeit Kurse, das Unternehmen beschäftigt 50 Lehrer. Matthias Roland hat Jus studiert, ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Gegründet wurde die Schule 1933 von seinem Großvater, Dr. Erich Roland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2016)

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