Gründer von Shpock: "Im Endeffekt kann man nichts verlieren"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Katharina Klausberger und Armin Strbac haben die Flohmarkt-App Shpock gegründet. Der „Presse“ erzählten sie, warum man als Gründer Risiko in Kauf nehmen muss.

Die Presse: Sie beide haben eine Flohmarkt-App namens Shpock entwickelt, die inzwischen mehr als 30 Millionen Mal heruntergeladen wurde. Wie haben Sie den Bedarf dafür erkannt?

Katharina Klausberger: Im Jahr 2012 ist uns aufgefallen, dass wir früher oft gebrauchte Dinge verkauft und gekauft haben, das aber nicht mehr taten. Das lag letztlich daran, dass die vorhandenen Plattformen einfach nicht mehr zeitgemäß waren. Das wollten wir mit Shpock ändern. Das Einstellen eines Produkts mit dem Smartphone sollte nur 30 Sekunden und keine zehn Minuten dauern. Nach dem Start haben wir schnell gesehen, dass die App nicht nur uns gefällt, sondern auch anderen.

Inwiefern?

Armin Strbac: Wir haben die App zu Beginn mit 200 Produkten getestet. Nach der ersten Woche ist sie dauernd zusammengebrochen. Das lag daran, dass plötzlich über 500 Produkte online waren. Das war für uns ein tolles Zeichen.

Eigentlich hatten Sie mit der Produktempfehlungsplattform Finderly schon ein Unternehmen. Shpock ist nur als Nebenprodukt entstanden. Wie leicht ist es Ihnen gefallen, Ihr altes Projekt aufzugeben?

Klausberger: Es ist viel Arbeit in Finderly geflossen, gleichzeitig war es eine logische Entscheidung, wenn man sich die Wachstumskurven beider Produkte angesehen hat.

Strbac: Unsere Freunde fanden Shpock super, Finderly hingegen zu kompliziert, wie sie uns dann anvertrauten. Da fragt man sich natürlich auch, warum einem das nicht schon früher gesagt wurde.

Hat Finderly Gewinne geschrieben?

Strbac: Nein. Wir haben unser Erspartes reingesteckt und hatten die Möglichkeit, das Kapital über Förderungen zu hebeln. Zwei Investoren konnten wir ebenso gewinnen.

Wie standen die Investoren zu der Entscheidung, plötzlich Geld für etwas anderes herzugeben?

Strbac: Ein gutes Team erkennt, wo die Reise hingeht, und wird entsprechend auf Probleme reagieren. Das ist der Ansatz, den Investoren verfolgen.

Hatten Sie keine Angst, dass die Geldgeber abspringen?

Strbac: Ja, klar. Es war eine Phase der absoluten Ungewissheit. Es hätte sein können, dass der Geldhahn von heute auf morgen zugedreht wird. Dann hätten wir uns aber sofort nach Alternativen umgesehen. Wir hätten nicht einfach aufgegeben, haben wir auch nicht.

Woher kommt Ihr Unternehmergeist?

Klausberger: Mein Vater war selbstständig, ich habe mitbekommen, wie herausfordernd das sein kann. Ich hatte immer viele Ideen, habe Probleme gesehen, aber auch passende Lösungen. Ausschlaggebend war eine Veranstaltung, bei der Unternehmer aus dem Nähkästchen geplaudert haben. Ich bekam Lust, auch einmal etwas auszuprobieren. Im Endeffekt kann man ja nichts verlieren.

Sie haben Ihren Job bei einer Unternehmensberatung an den Nagel gehängt. Warum?

Strbac: Meine Eltern sind in den 1970ern als Gastarbeiter aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich gekommen. Mein Vater war gelernter Mechaniker, hat hier auch als solcher gearbeitet. Daneben hatte er noch andere Jobs, bis er irgendwann genug Geld hatte, um eine Tankstelle zu pachten. Meine Eltern waren sich für keine Arbeit zu schade. Schon in der Schule kam es dann zu meiner ersten Gründung, wir haben Computeranimationsvideos angeboten. Es ging schnell in die Brüche, wir waren Kinder und naiv. Aber von da an war klar, dass es mich interessiert, wie man Sachen aufbaut und Dinge im Hintergrund funktionieren.

War es finanziell so leicht möglich zu sagen, wir gründen jetzt?

Strbac: Wenn es um Sicherheit geht, hätte ich meinen Job nie aufgeben dürfen. Aber der Drang war da. Und ich hatte einiges gespart. Wir haben von allen Ecken und Enden etwas zusammengetragen.

Gab es harte Phasen?

Strbac: 2012 war richtig hart. Aber um Shpock weiterzuführen, hätte ich notfalls auch ein Zimmer in meiner Wohnung vermietet oder so.

Klausberger: Während des Studiums lernt man, mit sehr wenig Geld umzugehen.

Strbac: Uns war klar, dass die Firma scheitern kann. Wir waren realistisch genug, um zu wissen, dass man am Ende mit null oder einem Minus aussteigen kann.

Das wollten Sie in Kauf nehmen?

Strbac: Wir wollten nicht eines Tages mit dem Gefühl zurückblicken, dass wir nicht alles probiert hätten.

Was haben Ihre Eltern gesagt, als klar war, dass Sie mit dem Internet Geld verdienen wollen?

Klausberger: Bei mir haben sie, glaube ich, schon immer akzeptiert, dass ich meinen eigenen Kopf habe.

Strbac: Meine Eltern haben fünfeinhalb Jahre lang nicht ruhig geschlafen. Sie dachten sich: Das Kind geht studieren, hat einen guten Job und riskiert alles. Das konnten sie nicht nachvollziehen.

2013 ist der norwegische Investor Schibsted bei Shpock eingestiegen. Wie kam das?

Strbac: Die Downloads machen die Akzeptanz einer App ja transparent. Ab Jänner 2013 haben sich dann schon einige Investoren bei uns gemeldet. Es hat aber noch etwas gedauert, bis wir uns für einen Partner entschieden haben.

Woher weiß man, wer der richtige Partner ist?

Strbac: Man führt viele Gespräche. Wir mussten uns entscheiden: Finanz- oder strategischer Investor. Wir haben Letzteren gewählt, weil wir jemanden mit an Bord haben wollten, der auch langfristiges Interesse an Shpock hat.

Welche Rolle hat letztlich Geld bei der Übernahme im Jahr 2015 gespielt?

Strbac: Wir haben zu diesem Zeitpunkt fast fünfeinhalb Jahre in das Unternehmen gesteckt, sind volles Risiko gefahren. Die Zahlung war einfach ein Teil des Paktes.

Und wie ist es, einen ansehnlichen Betrag auf dem Konto zu haben, der vorher nicht dort war?

Klausberger: Ich glaube, man merkt keinen Unterschied.

Strbac: Man denkt vielleicht weniger nach, wenn man essen geht. Meine Eltern schlafen jetzt aber besser. Ich würde trotzdem gern den amerikanischen Rapper Notorious B.I.G. zitieren, der sagte: Mo' Money, mo' Problems, also mehr Geld, mehr Probleme.

Wie meinen Sie das?

Strbac: Es sind einfach Probleme, die man vorher nicht hatte. Auf der Bank sind 100.0000 Euro sicher. Das war's. Gerade in den letzten Jahren hatten Banken aber immer wieder Probleme und man will sein Geld ja auch nicht verlieren. Es wäre schmerzhaft, wenn es weg ist, nur weil man sich nicht rechtzeitig darum gekümmert hat.

Gibt es die Idee, mit dem Geld etwas Neues zu machen?

Strbac: Wir haben es bis heute nicht geschafft, auch nur ein einziges Investment zu machen. Es wäre aber schön, wenn wir unsere Erfahrungen weitergeben könnten.

AUF EINEN BLICK

Katharina Klausberger (*1981) und Armin Strbac (*1981) studierten beide an der WU Wien und gründeten im Jahr 2011 die Produktempfehlungsplattform Finderly, für die sie auch Investoren gewinnen konnten. Praktisch als Nebenprodukt entwickelten sie eine App namens Shpock, auf der man Produkte (beispielsweise Bekleidung oder Fahrräder) verkaufen kann. Die App wurde inzwischen mehr als 30 Millionen Mal heruntergeladen. 2013 stieg der norwegische Investor Schibsted Classifieds Media ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)

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