Kredite: Eurozinsen so niedrig wie im Yen

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Yen-Kreditnehmer ersparen sich derzeit im Vergleich zu einem endfälligen Eurodarlehen gerade einmal zwei Euro im Monat.

Wien/Ker. Eines kann man derzeit von Fremdwährungskrediten nicht behaupten: dass sie einen Zinsvorteil bieten. Das war jahrelang das schlagende Argument, um sich in einer ausländischen Währung zu verschulden und dafür auch das Wechselkursrisiko auf sich zu nehmen. Äußerst beliebt war dabei der Yen. In der japanischen Währung musste man immer deutlich weniger Zinsen bezahlen als für eine Eurofinanzierung.

Derzeit ist das nicht mehr der Fall. Der europäische Geldmarktzins Euribor (3 Monate), an den die meisten Kreditzinsen gebunden sind, notiert derzeit bei knapp 0,2 Prozent. Der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei Dank, werden sich viele Kreditnehmer denken. Für die Yen-Kreditnehmer fällt dadurch jedoch der jahrelange Zinsvorteil weg.

Kaum noch Zinsdifferenz

Denn der relevante Yen-Libor, an dem sich viele Yen-Darlehen orientieren, steht aktuell bei knapp unter 0,19 Prozent. Soll heißen, zwischen Euro und Yen gibt es kaum eine Zinsdifferenz. Das hat es bisher noch nie gegeben.

Zur Verdeutlichung: Ein Kreditnehmer würde für ein 100.000-Euro-Darlehen monatlich derzeit knapp 145 Euro (nur an Zinsen) zahlen (inklusive einer Zinsmarge von 1,5 Prozent). Für ein Yen-Darlehen sind es um gerade einmal zwei Euro weniger.

In wirtschaftlich guten Zeiten zahlte man für ein 100.000-Euro-Darlehen monatlich noch 380 Euro, währenddessen man im Yen um 250Euro weniger zahlte. Da war das Fremdwährungsrisiko für die Yen-Kreditnehmer tatsächlich noch einträglich.

Ein Beispiel: Wer sich Anfang2000 im Yen zum Gegenwert von 100.000 Euro verschuldete, ersparte sich bisher 34.300 Euro an Zinsen. Das ist eine Menge– und unterm Strich ein tolles Geschäft.

Eurokurs wieder gestiegen

Auch deswegen, weil sich der Eurokurs in den vergangenen Wochen stark verbesserte. Ende Juli war der Euro auf fast 94 Yen gefallen. So niedrig notierte die europäische Währung seit dem Jahr 2000 nicht mehr – schlecht für die Yen-Kreditnehmer: Fällt der Euro, erhöht sich deren Kreditschuld. Das ist auch schlecht für Japans Wirtschaft. Durch den teuren Yen sind die Exporte eingebrochen. Seither ist es mit dem Euro aber– auch dank Japans Notenbank– bergauf gegangen, er notiert aktuell bei knapp 103 Yen. Somit haben die Yen-Kreditnehmer einige Optionen zur Verfügung:
Aussteigen aus dem Yen:Durch den Eurokursabstieg seit 2000 beträgt die Kreditschuld nicht 100.000 Euro wie damals, sondern fast 105.000 Euro. Macht einen Währungsverlust von 5000 Euro. Rechnet man die Zinsersparnis gegen, hat der Kreditnehmer aber mit einem Plus von über 29.000Euro profitiert. Und die Währungssorge ist man dann los. Aber: Die Zinsen werden im Euro eher wieder ansteigen als im Yen. Was heißt, dass die Eurozinslast in Zukunft höher sein wird.


Weiter im Yen bleiben: Die Charttechniker der Raiffeisenbank International glauben, dass der Euro zum Yen zwischenzeitlich über 104, sogar über 107 Yen ansteigen könnte. Steigt der Euro etwa auf 110 Yen wie im März an, dann hat der Kreditnehmer sogar einen (Buch-)Währungsgewinn stehen und somit im Vergleich zur Eurofinanzierung mit 36.000 profitiert.


Absichern: Die Kreditnehmer können auch auf einen Euro-Anstieg spekulieren und sich gleichzeitig gegen einen neuerlichen Euro-Abfall absichern. Und zwar mit einer Stop-Loss-Order. Wenn der Euro eine bestimmte Yen-Grenze unterschreitet, wird der Kredit automatisch in Euro konvertiert. Eine solche Grenze könnte bei 99 Yen liegen. Wird der Stop-Loss ausgelöst, dann realisiert der Kreditnehmer einen Währungsverlust von rund 9000 Euro. Durch die Zinsersparnis hat sich der Kredit trotzdem ausgezahlt, er ist noch immer mit mehr als 25.000 Euro im Plus.

Was Sie beachten sollten bei... Yen-Krediten

Tipp 1

Im Yen bleiben? Kreditnehmer werden derzeit ihren Yen-Kredit nur dann behalten, wenn sie mit einem Eurokursanstieg rechnen. Denn der Zinsvorteil im Yen fällt als Argument für einen Kredit in der japanischen Währung weg. Das werden die Banken ausnutzen, um den Kunden einen Wechsel in die Eurofinanzierung schmackhaft zu machen.

Tipp 2

Nach unten absichern. Die Yen-Schuldner können freilich auf einen günstigeren Kurs spekulieren, sich aber mit einem Stop-Loss absichern, falls sich die Währungen in die verkehrte Richtung entwickeln. Der Stop-Loss könnte bei 99 Yen liegen. Wird er schlagend, realisieren jene Kunden, die sich Anfang 2000 im Yen verschuldet haben, einen Währungsverlust von 9000 Euro.

Tipp 3

Ratenkredit? Die Struktur der endfälligen Kredite ist zuletzt stark kritisiert worden, da sich manche Tilgungsträger schlecht entwickelt haben. Viele Kunden haben auf Ratenkredit umgestellt, um Risiko rauszunehmen. Dadurch geht ihnen aber auch ein Vorteil verloren: Bei endfälligen Krediten mindert die Inflation, die sich während der Laufzeit ansammelt, den realen Wert der Kreditsumme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2012)

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