Reform: Neue Regeln für die Zukunftsvorsorge

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Nach massiver Kritik von Konsumentenschützern ändert die Regierung die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge. Der „Presse“ liegen die wichtigsten Eckpunkte exklusiv vor.

Wien. Vor zehn Jahren führte der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge ein. Sein Ziel war es, biedere Sparer zu Aktionären zu machen. Schon über 1,6 Millionen Österreicher haben einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen. Doch die "Grasser-Rente" entwickelte sich zum Rohrkrepierer. Solange es mit den Börsen bergauf ging, war die Zukunftsvorsorge ein Renner. Doch 2008 kam die Finanzkrise. Und die Gewinne brachen weg. Wegen der langen Laufzeit ist ein vorzeitiger Ausstieg allerdings mit hohen Verlusten verbunden.
Für die Versicherungen und Banken war die Zukunftsvorsorge trotzdem ein gutes Geschäft. Sie profitierten von den Abschluss- und Verwaltungskosten. Schließlich klagte der Verein für Konsumenteninformation (VKI).

In einem Musterprozess erklärte der Oberste Gerichtshof vergangenen Herbst, dass Verträge erstmals nach einer zehnjährigen Laufzeit gekündigt werden dürften. Der VKI sprach von einem "Meilenstein". Den Banken und Versicherungen droht nun eine Kündigungswelle, weil viele frustrierte Kunden aussteigen wollen. Im Vorjahr wurde auch noch die staatliche Prämie halbiert.

Reparatur der „Grasser-Rente"

Seit Monaten verhandeln Banken und Versicherungen mit Vertretern des Finanzministeriums über eine Reform der "Grasser-Rente". Das Gesetz soll vor der Sommerpause beschlossen werden. Der "Presse" liegen die wichtigsten Änderungen vor:

Aktienquote: Zu Grassers Zeiten mussten 40 Prozent des veranlagten Kapitals vorzugsweise an der Wiener Börse investiert werden. Das war auch der Grund, warum die Renditen nach der Finanzkrise eingebrochen sind. Als es 2008 mit der Wiener Börse bergab ging, durften die Banken und Versicherungen wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Quote von 40 Prozent keine Aktien verkaufen. Vor drei Jahren wurde der Aktienanteil auf 30 Prozent gesenkt, doch den Versicherungen war das immer noch zu hoch. Dem Vernehmen nach einigten sich ÖVP und SPÖ nun auf folgendes Modell:
Bei Personen, die unter 50 Jahre alt sind, gilt eine Aktienquote zwischen 15 und 60 Prozent. Ab dem 50. Lebensjahr ist eine Aktienquote zwischen fünf und 50 Prozent vorgeschrieben. Der Vorteil ist, dass das Geld nun flexibler veranlagt werden kann.

Kapitalgarantie: Eine Bedingung von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) ist, dass die Kapitalgarantie erhalten bleibt.

► Transparenz: Die Versicherungen und Banken müssen alle Kosten offenlegen. Bislang war es kaum möglich, die Produkte zu vergleichen, weil die Anbieter die Kosten nicht genau aufgeschlüsselt haben. Neben den Abschlusskosten zahlen die Kunden auch Verwaltungsgebühren und Spesen für die Veranlagung.

► Börsen: Nichts ändern wird sich bei den Börsenplätzen. Auch künftig dürfen nur Aktien von kleinen Börsen wie Wien gekauft werden. Finanzexperten halten dies für einen Fehler, denn große Börsen wie New York und Frankfurt haben sich in den vergangenen Jahren besser entwickelt. Doch die Wiener Börse bestand darauf, dass sie nicht geschwächt wird.

► Verwendungszweck: Umstritten war am Montag zwischen SPÖ und ÖVP nur ein Punkt. Die SPÖ fordert, dass die gesamte staatliche Prämie zurückbezahlt werden muss, wenn sich die Kunden das angesparte Geld nicht als lebenslange Rente auszahlen lassen. Die ÖVP ist dagegen. Sie will, dass die jetzige Regelung erhalten bleibt, wonach nur die Hälfte des staatlichen Zuschusses zurückzuzahlen ist, falls sich die Kunden das Geld nach Ende der Laufzeit in bar auszahlen lassen.

Am Montagabend gab es dazu zwischen SPÖ und ÖVP eine Gesprächsrunde. Kommt es zu einer Einigung, soll diese beim Ministerrat am Dienstag präsentiert werden - sonst wird weiter verhandelt.

Die Änderungen gelten zunächst einmal für neue Verträge. Allerdings soll auch bestehenden Kunden die Möglichkeit gegeben werden, dass sie zu bestimmten Konditionen auf das neue Modell umsteigen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2013)

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Ziemlich verhatscht

Die „Grasser-Rente“ wird repariert. Viel besser wird sie dadurch aber nicht.

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