Alternative Investments: Geht es um Anleger- oder Bankenschutz?

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Die geplante Novelle soll Privatanlegern den Zugang zu diesem Markt öffnen. Die Regeln sind aber zum Teil so gestaltet, dass sie das Gegenteil bewirken.

Wien. „Ein Jammer, dass man Bürger mit solchen Vorschriften entmündigt. Ins Casino gehen dürfen sie, einen Dachfonds kaufen nicht.“ Wirtschaftstreuhänder Günther Havranek machte gegenüber der „Presse“ kein Hehl aus seinem Unmut über die Novelle zum Alternative-Investmentfonds-Manager-Gesetz (AIFMG), die vergangenen Dienstag den Finanzausschuss passierte. Konkret: über die im letzten Moment eingefügte Neuregelung für den Zugang von Privatanlegern zu Private-Equity-Dachfonds.

Bei Streuung weniger Risiko

Bei Private Equity handelt es sich um Beteiligungen an nicht börsenotierten Unternehmen. Diese kommen so zu Eigenkapital und müssen keinen Kredit aufnehmen. Für Anleger gelten solche Investments als interessante Depotbeimischung, denn die Renditen sind oft hoch. Bei Investments in einzelne Firmen ist auch das Risiko beträchtlich, bei Dachfonds verringert es sich aber durch die breite Streuung: Die Fonds müssen in mindestens zehn Zielfonds investieren, von denen jeder seinerseits in rund zehn – oder auch mehr – Zielunternehmen investiert.

Vorgesehen ist, dass man als Privatperson solche Dachfonds nur bei einem Mindestinvestment von 100.000 Euro kaufen darf. Und nur, wenn man nachweist, dass man seit mindestens vier Jahren in Aktien investiert (außer man ist sowieso als qualifizierter bzw. semiprofessioneller Anleger eingestuft, dann erspart man sich nach der Letztfassung des Entwurfs diesen Nachweis). Privatanleger würden also faktisch von solchen Investments ausgeschlossen, wettert Havranek. „Während ihnen statistisch gesehen riskantere Investments weiterhin zugänglich bleiben, werden ihnen weniger riskante erschwert.“

Als weniger riskant können die Dachfonds etwa im Vergleich zu Managed Futures gelten, die ebenfalls zu den Alternativen Investments zählen und schon laut der ursprünglichen Fassung des Gesetzes Privatanlegern zugänglich sind, aber auch im Vergleich zu Einzelaktien. Denn die Streuung senkt, wie gesagt, das Risiko. Dass man zuerst jahrelang in Aktien investiert haben muss, bevor man einen solchen Fonds kaufen darf, verwundert da ebenfalls. Normalerweise ist es umgekehrt: Einem „Anfänger“ wird eher zu Fonds geraten und erst einem „Fortgeschrittenen“ zu Aktien.

Aber noch etwas ärgert Havranek: dass sich „die handelnden Personen offenbar mit dem diesbezüglichen Inhalt des Regierungsprogramms nicht ernsthaft auseinandergesetzt haben“. Konkret mit der Passage über Unternehmensfinanzierung. Der österreichische Finanz- und Kapitalmarkt solle gestärkt werden, heißt es da, unter anderem auch durch „Schaffung der Voraussetzungen im AIFMG im Hinblick auf den Privatanlegervertrieb von Anteilen an Finanzierungsgesellschaften“. Damit wird es wohl nichts, wenn das Gesetz in der vorliegenden Fassung beschlossen wird.

Nun steht Havranek bekanntlich der SPÖ nahe und gilt als enger Berater von Bundeskanzler Werner Faymann. Ein flammendes Plädoyer für Kapitalmarktfinanzierung und gegen überzogenen, in das Gegenteil verkehrten Anlegerschutz würde man nicht unbedingt aus dieser Ecke erwarten. Sondern eher von der Wirtschaftskammer – und tatsächlich findet auch deren Fachverband Finanzdienstleister in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf deutliche Worte: Für die Erreichung des Ziels, Privatanlegern zu erlauben, dass sie über Fonds auch in österreichische KMU investieren, seien die Mindestinvestitionssumme und der verpflichtende Nachweis vorheriger Aktieninvestments problematisch, heißt es da. Nur wenige reiche Menschen könnten das nützen, dem Privatanleger bzw. Mittelstand sei damit nicht geholfen. Es sei auch unverständlich, warum „Investitionen in wirtschaftstreibende Unternehmen deutlich schlechter gestellt werden als Investitionen in statische Anlageobjekte wie Immobilien“.

Zu Immobilienfonds haben Privatanleger nämlich ebenfalls ohne solche Einschränkungen Zugang. Bleibt die Frage, warum der Entwurf dann in dieser Form im Finanzausschuss abgesegnet wurde, und zwar mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP. Am Tag vor der Abstimmung hieß es von ÖVP-Seite noch, man befürworte eine Senkung des Mindestinvestments und wolle das im Ausschuss diskutieren– der Koalitionspartner bestehe allerdings auf der hohen Betragsgrenze. Wie aus informierten Kreisen zu hören ist, soll das für die SPÖ aber kein Herzensanliegen gewesen sein – wofür auch Havraneks Wortmeldung spricht. Andererseits dürfte sich auch die Wirtschaftskammer mit ihrem Standpunkt, die Grenze müsse gesenkt werden, nicht allzu vehement in die Diskussion eingebracht haben.

Unliebsame Konkurrenz?

Darüber hinaus gibt es nur Mutmaßungen. Das Timing war zweifellos ungünstig, ging es doch im selben Finanzausschuss auch um das Hypo-Alpe-Adria-Sondergesetz– neben diesem heißen Thema war das Interesse am AIFMG wohl enden wollend. Insidern zufolge sollen sich aber auch einige Banken gegen eine Senkung der Grenze stark gemacht, ja sich sogar eine weitere Erhöhung gewünscht haben. Ob aus Anlegerschutzgründen oder zur Vermeidung unliebsamer Konkurrenz im Wettbewerb um Anleger und Finanzierungskunden, bleibt dahingestellt.

Indes gibt es auch konstruktive Ansätze für echten Anlegerschutz bei solchen – tatsächlich nicht risikolosen – Investments. Etwa, statt der Mindest- eine Höchstgrenze einzuführen bzw. einen Höchstprozentsatz, den man von seinem verfügbaren Vermögen in solche Fonds stecken darf. Und: Dachfonds sollen nicht gleich behandelt werden wie Einzelfonds in Unternehmensbeteiligungen. Letztere weisen nämlich eine wesentlich geringere Streuung auf, das Risiko ist dadurch höher. In der jetzigen Fassung macht die Neuregelung da aber keinen Unterschied. [ istockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2014)


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