Landschaftsdesign für zu Hause: Konsequente Inselbildung

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Mit Sofas gestaltet man Rückzugsgebiete, multifunktionale Territorien, aber auch die privatesten Zonen.

Landschaften formt die Zeit. Der stete Tropfen von oben. Überhaupt die Elemente der Natur. Oder noch vehementer: die Kontinentalverschiebung. Manche arabischen Emirate schütten sich auch selbst Inseln auf vor ihrer Küste. Die Szenerie zu Hause formen aber der Geschmack der Bewohner und die Designer ihres Vertrauens. Und damit bekommt auch das Konturen, was so undefinierbar schwammig ist wie Nebelwolken: das, was die Möbelindustrie Wohngefühl nennt. Und die Innenarchitektur Atmosphäre.

Auch in der gestalteten Welt gab’s tiefgreifende Verschiebungen, nicht von Kontinenten zwar, dafür von Gewohnheiten, Nutzungen und Ansprüchen. Einer davon ist: Das Sofa ist der Mittelpunkt des Lebensraums, gleich neben der Küche. Und dort mittendrin – weil man das Leben weniger gut voraussagen kann wie den Clash der Kontinentalplatten – müssen sich Flexibilität und Offenheit so breitmachen wie die russische Tundra. Deshalb wuchs das schlichte Sofa im Lauf der Möbeltypologiegeschichte zu modularen Systemen an, die sich wie Schneeflocken immer neu konfigurieren dürfen.

Rolf Benz ist so ein Hersteller, der in den vergangenen Jahrzehnten deutlich mitgeformt hat, was wir uns unter Sitzlandschaften vorstellen. Die Modularität im Wohnzimmer, das „Addieren“ zu Systemen, hat auch das Unternehmen aus dem Schwarzwald salon- und wohnzimmerfähig gemacht, nämlich als das Modell „Addiform“ in den 1960er-Jahren auf die Welt und auf den Markt kam. In diesem Jahr zelebriert das Unternehmen den 50-jährigen Geburtstag. Auch mit einem Jubiläumsmodell – „Rolf Benz 50“, das laut Chefdesignerin Bettina Hermann die Qualitäten und Erfahrungen aus 50 Jahren in einem Modell verdichten soll. Zeiten überdauern, das gehört auch zur gestalterischen Maxime des Unternehmens: Sogar Modelle aus den 1980er-Jahren stehen noch heute im Programm.

Rückzugsgebiet. Das Sofa ist so etwas wie emotionaler Luxus. Schließlich übernimmt es keine augenscheinlichen Funktionen. Dafür ist es Projektionsfläche der Sehnsucht nach Oasen, die mehr spenden als Komfort, den man zusammengeschichtet hat aus Füllstoffen, Erfahrung und ausgiebigen Testverfahren. Als „emotionale Notwendigkeit“ ist das Sofa erst spät in die Kulturgeschichte des Wohnens eingesickert. Heute sind die Sofas Terrassenlandschaften, die vor allem in einer Qualität gipfeln: in den systematischen Individualisierungsmöglichkeiten, die inzwischen großflächige Relaxzonen und Wohlfühlinseln überziehen.
Minotti, das italienische Familienunternehmen, das gern die informelle Eleganz zur Gestaltungsmaxime stilisiert, lässt regelmäßig von seinem Hausdesigner Rudolfo Dordoni aus strengen Sofa-Geometrien ganze Wohnarchitekturen erwachsen. So entstehen Gebilde, die sich vor den Wünschen der verwöhnten Klientel fast sprichwörtlich verneigen: Wie etwa im Modell „Collar“, dessen Armlehnen und Rücken der Benutzer ganz unterschiedlich positionieren kann.

Der Rücken hat sowieso schon bei einigen Sofas gelernt, viel mehr zu sein als bloß der Teil, der verhindet, dass man nach hinten fällt. Er setzt sich in Szene, denn er schaut immer öfter in den Raum statt zur Wand. Und hinten wie auch an den Seiten reihen sich unterschiedlichste Module, aber auch Möbelstücke an, um Teil der Landschaftskomposition zu werden. Das kann ein Schreibtisch sein oder ein Beistelltisch, aber auch extrabreite Armlehnen, die beides fast selbst schon sind.
Diese Kombinationsfähigkeit zelebriert etwa auch der französische Designer Jean-Marie Massaud mit seinem Sofa „Bristol“, das er für den italienischen Hersteller Poliform entworfen hat. An der komfortabel schlanken Basis docken seitlich und am Rücken die restlichen Funktionen und Aufgaben des Wohnraums an.

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