Nervenprobe für Anleger

Nervenprobe für Anleger
Nervenprobe für Anleger(c) Erwin Wodicka - Wodicka@bilderbo
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Fehlberatung? Ein auf den Cayman Islands registrierter Fonds schlitterte in die Liquidation, Anleger warten auf ihr Geld. Zwar gibt es noch Hoffnung – prozessiert wird aber auch schon.

Wien. Geduld ist etwas, was Anleger manchmal brauchen – besonders, wenn sie sich auf volatile Investments eingelassen haben. Manchmal wird diese Geduld aber ungewöhnlich hart auf die Probe gestellt.

So geht es jetzt gerade den Investoren des Sharpe Art Fund. Dieser auf Kunst spezialisierte, offene Fonds wies jahrelang ansprechende Renditen aus – bis im Herbst 2011 offenbar zu viele Anleger gleichzeitig ihre Anteile verkaufen wollten. Mangels entsprechender Eingänge aus Verkäufen fehlten dafür wohl die liquiden Mittel.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Ende 2011 wurde der Fonds geschlossen, im Mai 2012 folgte der Schritt in die Liquidation – nicht nur für dieses, sondern auch für weitere Sharpe-Portfolios (z.B. Sharpe Futures), die mit dem Kunstfonds in derselben Zweckgesellschaft gebündelt waren.

Warten und Nerven bewahren, heißt es seither für die Investoren, unter denen sich auch österreichische Privatanleger befinden. Dass der Fonds auf den Cayman Islands registriert ist – weshalb auch die Liquidatoren dort sitzen und das Verfahren nach dortigem Recht abläuft–, macht die Sache für sie nicht einfacher. In den vergangenen Wochen keimte jedoch Hoffnung auf. Das Kunst-Portfolio könnte aus der in Liquidation befindlichen Gesellschaft herausgelöst werden, hieß es. Dann fiele der Druck weg, die Kunstwerke im Rahmen des Liquidationsverfahrens verkaufen zu müssen. Bestenfalls könnte das Portfolio weiter bestehen, und die Anteile für die Anleger könnten wieder handelbar werden.

Wurden Risken verschwiegen?

Bei einer im Oktober darüber abgehaltenen Telefonkonferenz mit den Betroffenen dürfte allerdings nicht alles rundgelaufen sein: Nicht jeder, der teilnehmen wollte, sei auch zugeschaltet worden, erfuhr „Die Presse“. Möglicherweise ein technisches Problem – vertrauensbildend wirkte es definitiv nicht.

Anfang Dezember sollen die Gespräche weitergehen. Betroffene Privatanleger beklagen indes auch die Intransparenz des Fonds, was die bisher getätigten An- und Verkäufe betrifft. Und werfen die Frage auf, ob sie seinerzeit, beim Kauf der Fondsanteile, korrekt beraten wurden – zum öffentlichen Vertrieb zugelassen war der Fonds nämlich nicht. „Hätte ich das gewusst, hätte ich ihn nie gekauft“, sagt eine Anlegerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, zur „Presse“. Sie habe damals ihrem Vermögensverwalter vertraut.

Mit diesem habe sie eine individuelle Anlagestrategie mit „niedriger Volatilität“ vereinbart, dennoch habe er sie laut Anlegerprofil als „dynamische“ Anlegerin eingestuft, also als jemanden, der den Risikoanteil forciert und „in besonderen Situationen“ auch spekulative Chancen nützen möchte. Das passe nicht zusammen, moniert die Anlegerin heute. Von der damaligen Depotbank, der Commerzbank (Schweiz) AG mit Sitz in Wien, sei sie ebenfalls nicht hinreichend über die Risken des Investments aufgeklärt worden.

Der Vermögensverwalter, eine Gesellschaft mit Sitz in Liechtenstein, ging inzwischen in Konkurs. Auch die Commerzbank (Schweiz) AG gibt es nicht mehr: Durch eine Fusion im Frühjahr 2010 wurde die Bank Vontobel Österreich AG ihre Rechtsnachfolgerin. Diese hat ihren Bankbetrieb inzwischen stillgelegt, mit der Abwicklung ihrer offenen Angelegenheiten ist die Vontobel Finanzverwaltungs GmbH in Salzburg betraut.

„Reines Servicemandat“

Auf „Presse“-Anfrage distanziert sich das letztgenannte Unternehmen explizit von den damaligen Vorgängen, die sich „seinerzeit unter der Commerzbank (Schweiz) AG mit Sitz in Wien ereignet haben“. Dass die Commerzbank (Schweiz) AG – und anschließend auch deren Rechtsnachfolgerin, die Bank Vontobel Österreich – Sharpe-Art-Fund-Anteile für Kunden verwahrt hat, bestätigt die Salzburger Gesellschaft zwar. Das sei aber im Auftrag externer, professioneller Vermögensverwalter oder im Auftrag von deren Kunden geschehen, außerdem nur in verhältnismäßig geringem Umfang und auf Basis „eines reinen Service- und Hinterlegungsmandates“. Öffentlich angeboten worden sei besagter Fonds dabei nie.

Inwieweit die Kunden über die Risken des Investments aufgeklärt wurden, könne man nicht beurteilen, verlautet weiters aus Salzburg. Diese Aufgabe sei in der Verantwortlichkeit der – von der Bank unabhängigen – externen Berater gelegen. Die Bank selbst habe „in diesem Zusammenhang keinerlei Beratung wahrgenommen“. Wohl aber habe sie bei der Stilllegung ihres Bankbetriebes in den Jahren 2013/2014 den betroffenen Kunden „freiwillig – über die vertraglichen Pflichten hinaus – Hilfestellung angeboten“.

Kunden sehen das allerdings zum Teil anders. Wegen angeblicher Erlöse aus dem Fonds, deren Gutschrift auf dem Anlegerkonto die Bank zuerst vorgenommen und dann wieder storniert hat, wird derzeit sogar vor Gericht gestritten. Ein erstinstanzliches – nicht rechtskräftiges – Urteil gab in dieser Sache Vontobel recht. Die Salzburger Finanzverwaltungsgesellschaft will sich dazu nicht äußern, sie verweist auf das anhängige Verfahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)


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