Verspätung: Nicht immer gibt es Geld zurück

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Nach EU-Vorgaben müssen Passagiere bei Zugsverspätungen entschädigt werden- das ist aber eine Regel mit vielen Ausnahmen. Und: Anschlusszüge dürfen zwar warten, verlassen sollte man sich darauf aber nicht.

Wien. Nerven sparen, Bahn fahren: So alt der Slogan ist, so sehr entspricht er der Wunschvorstellung der meisten Bahnfahrer. Für jene, die das Pech hatten, am 6.Februar vormittags in einem bestimmten Zug von Krems in Richtung Wien zu sitzen, kam es jedoch anders. Ihre Nerven wurden auf eine harte Probe gestellt.

Besagter Zug fährt nicht bis Wien durch, man muss einmal umsteigen, und zwar in Absdorf-Hippersdorf. Normalerweise funktioniert das praktisch nahtlos. Auch an diesem Tag schien es so, der Anschlusszug stand schon in der Station. Mit dem Umsteigen wurde es trotzdem nichts: Der Zug nach Wien ließ die aus Krems kommenden Passagiere eiskalt stehen und fuhr ohne sie los. Warum, wurde den Betroffenen erst nachträglich klar: Ihr Zug hatte eine minimale Verspätung gehabt. Hätte der Anschlusszug das Umsteigen noch abgewartet, hätte ihm das ebenfalls ein, zwei Minuten Verspätung eingebracht. Also wartete er nicht. Die Folge für die Fahrgäste: über eine halbe Stunde Herumstehen auf dem Bahnhof. Bei ziemlich unwirtlichen Temperaturen.

Zu allem Überfluss beschied dann auch noch der telefonische ÖBB-Kundendienst verärgerten Anrufern, alles sei so rechtens: Anschlusszüge dürften tatsächlich nicht einmal wenige Minuten warten, das sei den Fahrgästen in den folgenden Stationen nicht zumutbar. Womit sich zwei Fragen auftun. Erstens: Kann das wirklich stimmen? Und zweitens: Bekommen die in Absdorf-Hippersdorf Gestrandeten, denen man weitaus längeres Warten sehr wohl zugemutet hat, wenigstens eine finanzielle Entschädigung dafür?

Die Antworten der ÖBB: Dass der Anschlusszug nicht warten darf, stimmt nicht. Man mache zwar viel dafür, dass die Fahrpläne eingehalten werden, wisse aber, „dass der Wunsch des Kunden dort oder da auch anders aussehen kann“. Internationale, hochrangige Züge dürften sich nur sehr eingeschränkt verspäten, im Regional- und Nahverkehr habe man (meist) etwas mehr Spielraum. Generell bemühe man sich um „Fairness gegenüber allen Fahrgästen“. Und: Bei „sensiblen“ Verbindungen – bei denen es traditionell viele Umsteiger gibt –, sei grundsätzlich eingeplant zu warten.

Offen bleibt, warum das in diesem Fall nicht geklappt hat. Aber wie steht es nun mit der Entschädigung? Die Chancen dafür halten sich bei dem geschilderten Vorfall in Grenzen.

Ab 60 Minuten Geld zurück

Zwar gibt es grundsätzlich bei Zugsverspätungen Geld zurück – das ist EU-rechtlich vorgegeben. Dies gilt jedoch erst bei Verspätungen ab 60Minuten. Man kann dann 25Prozent des einfachen Ticketpreises zurückverlangen. Bei Verspätungen ab 120 Minuten bekommt man 50 Prozent des Fahrpreises retour. Macht der Entschädigungsbetrag aber weniger als vier Euro aus, wird er nicht ausbezahlt. Und: Im reinen Regionalverkehr gibt es diese Rückerstattungsregelung gar nicht. Wer dort mit einem normalen Einzelticket unterwegs ist, hat keinerlei Entschädigungsansprüche.

Besser haben es hier Inhaber von Zeitkarten: Für sie kann es – nach wieder anderen Regeln – im Regionalverkehr doch einen (pauschalen) Entschädigungsanspruch geben, wenn auch erst nach mehreren Vorfällen. Bei Tages-, Wochen- und Monatskarten zählen dafür schon Verspätungen ab 30Minuten. Bei Jahreskarten kommt es überhaupt nur darauf an, ob auf der jeweiligen Strecke der vorgeschriebene „Pünktlichkeitsgrad“ von 95 Prozent eingehalten wurde. Für Monate, in denen das nicht der Fall war, bekommt man jeweils zehn Prozent der Kosten einer Monatskarte zurück.

„Den Zugbegleiter fragen“

Das aber nur, wenn man sich für das Verspätungsentschädigungsverfahren angemeldet hat. Auch um „normale“ Entschädigungsansprüche für Verspätungen ab einer Stunde geltend zu machen, gibt es bestimmte Formalitäten. „Der ausgefüllte Antrag, mit Originaltickets und (im Idealfall) Verspätungsbestätigung sowie anderen Unterlagen kann eingeschickt (ÖBB-Personenverkehr AG, Fahrgastrechte, Postfach 75, A-1020 Wien) oder der Antrag an einer Personenkassa abgeben werden“, teilten die ÖBB auf „Presse“-Anfrage mit.

Weitere Details – etwa, welche Rechte man bei Zugausfällen im Fernverkehr hat oder wie man zu einer Verspätungsbestätigung kommt – findet man im Internet (unter www.oebb.at/de/Services/Fahrgastrechte/index.jsp). Oder man fragt an der Kassa oder beim Zugbegleiter – so man einen solchen findet.

An den Zugbegleiter solle man sich laut ÖBB auch wenden, wenn man in einem Zug sitzt, der mit Verspätung unterwegs ist, und fürchtet, den Anschlusszug zu verpassen. Bei längeren Verspätungen mag das sinnvoll sein – bei kurzen wird es kaum klappen. Denn welcher Fahrgast, der Nerven sparen will, schaut schon dauernd auf die Uhr? [ istockphoto ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2015)


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