Wer hat Angst vor hohen Zinsen?

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Fixe Zinsvereinbarungen oder doch lieber variable? Die Österreicher geben Letzteren den Vorzug, weil sie auf den ersten Blick attraktiver sind. Das Problem: Niemand weiß, wie die Zinsen in 20 Jahren aussehen werden.

Wien. Neue Schulden aufnehmen oder gar investieren? In den vergangenen Jahren stellten sich viele diese Frage nicht– schließlich galt ein solches Vorhaben als beinahe undenkbar. Die trübe Wirtschaftslage ging mit der Zurückhaltung der Verbraucher einher. Das scheint sich nun geändert zu haben. Niedrige Zinsen und ein konjunkturell zuletzt etwas besserer Ausblick haben die Nachfrage nach Hypothekendarlehen bei den Banken leicht angeschoben. „Die Leute haben wieder mehr Sicherheit“, sagt Katja Fries, Finanzierungsspezialistin der Erste Bank.

Zwar sind Immobilien nicht mehr billig, angesichts des niedrigen Zinsniveaus herrscht aber großer Anlagenotstand. Daher entscheiden sich viele, ihr Erspartes zu verwenden, um eine Immobilie zu finanzieren, wie Christian Noisternig, Leiter des Privatkundengeschäfts bei der Bank Austria, erklärt. Bei den Liegenschaften handle es sich keineswegs ausschließlich um Luxusimmobilien, sondern durchaus um normale Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen.

Immobilien zu finanzieren ist nämlich nach wie vor günstig. Der Drei-Monat-Euribor, an dem sich viele Spar- und Kreditzinsen orientieren, hat zuletzt nur noch bei 0,002 Prozent gelegen. Auf diesen Referenzwert schlagen die Banken eine Marge auf, daraus ergibt sich der Nominalzinssatz. Die Effektivzinsen sind aber der wichtigere Wert, da sie auch die Kosten eines Kredits beinhalten. Quer über alle Wohnbaukredite und Zinsbindungen hinweg lag dieser Wert im Februar österreichweit bei 2,5 Prozent, wie Daten der Nationalbank zeigen. 2012 notierte er noch deutlich bei über drei Prozent.

In Österreich dominieren nach wie vor variable Kreditvereinbarungen. Die Raten wie die Gesamtkreditbelastung wachsen oder fallen mit dem allgemeinen Zinsniveau. Die Bank Austria schlägt für einen Kunden mit sehr guter Bonität derzeit ein Prozent auf den Referenzwert auf. Effektiv liegt die Belastung dann bei 1,4 Prozent. Als Beispiel wurde ein 30-jähriger Kunde bester Bonität zugrunde gelegt, der 200.000 Euro für die Dauer von 20Jahren finanzieren will. Kunden mit eher schlechterer Bonität zahlen einen Aufschlag von 1,5 Prozent.

Später Umstieg wohl teurer

Darlehensnehmer haben die Möglichkeit, einen Teil ihres Kredits variabel, den anderen in Form einer Fixzinsvereinbarung zu finanzieren. Bei dieser wird ein bestimmter Zinssatz für eine vereinbarte Dauer eingefroren. Der Vorteil besteht in monatlich gleichbleibenden Raten. Die längste Laufzeitvereinbarung der Bank Austria liegt bei 15 Jahren, die der Erste Bank ebenso. „Wir empfehlen unseren Kunden, das Maximum auszunutzen“, sagt Fries. Derzeit bietet das Institut seinen Kunden an, Fixzinskredite abzuschließen, die vorzeitig und kostenlos getilgt werden können. Normalerweise fällt bei frühzeitiger Rückzahlung eine Pönale an.

Fixzinskredite scheinen auf den ersten Blick teuer, können aber auf lange Sicht die bessere Wahl sein. Viele Kunden schieben einen möglichen Umstieg von einem variablen zu einem Fixzinskredit aber auf. „Doch die Konditionen sind dann andere“, sagt Fries. Die Effektivzinsen für eine 15-jährige Fixzinsvereinbarung (bei 200.000Euro, mittlere Bonität) belaufen sich bei der Erste Bank auf 2,8Prozent. Der Wert liegt damit um einen Prozentpunkt über dem Niveau eines variablen (20-jährigen) Kredits.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2015)


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