Italienisches Brio und Zinsen aus Pörtschach

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Die Philharmoniker und Riccardo Muti gaben Schubert und Mozart und liefen mit Brahms zur Höchstform auf.

Sogar „Gehirn-Affectationen“ soll die Erstaufführung von Rossinis „Tancredi“ in Wien 1816 angerichtet haben. So viel Belcanto-Taumel brachte auch Schubert dazu, seine beiden Ouvertüren „im italienischen Stil“ zu komponieren. Jene in C-Dur hatten sich die Wiener Philharmoniker an den Beginn ihres achten Abonnementkonzerts gesetzt. Mit dabei: Riccardo Muti, der sich bekanntlich perfekt auf den italienischen Stil versteht – daher die Ouvertüre mit Animo und Brio herauszuputzen und den Philharmonikern dabei properen, mit einem Hauch von Sfumato verbrämten Schönklang zu entlocken wusste. Was wiederum gerade an diesem Sonntagvormittag den kleinen Nachdenkeffekt hatte, dass just, als Muti sich im Musikverein italienisch bewies, Donizettis „Don Pasquale“ an der Staatsoper in den Premierenstartlöchern stand. Nun ja, die Philharmoniker leisten sich eben einen Riccardo Muti. Auch für Mozart und seine „Haffner“-Symphonie – und so viel Ökonomie darf sein, denn den Schubert wie die „Haffner“-Symphonie hat Muti erst kürzlich auch am Pult der Berliner Philharmoniker geleitet.

Muti reißt keine Gräben auf

Der Maestro ist jedenfalls Garant dafür, dass die Wiener Philharmoniker ganz ungehindert pflegen können, was sie unter Mozart-Stil verstehen: beschwingte Lebendigkeit in den Ecksätzen, ungetrübt wohlklingende und samtige Streicher, nobel zielgerichtetes Schreiten im Andante, wohltemperierte Vitalität im Menuett. Muti reißt hier keine Interpretationsgräben auf, sondern fungiert als delikater Mozart-Animator ganz im Einverständnis mit dem Orchester.

„...da fliegen die Melodien, dass man sich hüten muss, keine zu treten...“, schrieb Brahms über seine Zweite, die er 1877 in Pörtschach komponiert hatte. Dafür, dass es sich in Kärnten wohl immer schon fröhlich wuchern ließ, führten Muti und die Musiker nach der Pause jedenfalls den besten Beweis: Brahms, von Muti ideal in der romantischen Dosierung ausbalanciert, vom Orchester in sinnlichen Prachtklang gepackt, bis zum fulminant ausgespielten Finale, das nach den Wienern garantiert auch die russischen Hörer jubeln lassen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2015)

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