Nun ist auch dieses Tabu gebrochen: Für Neukunden gibt es bei der heimischen Unicredit-Tochter keine Zinsgutschriften mehr. Dafür sinken die Überziehungszinsen.
Wien. An niedrige Zinsen haben sich die Österreicher bereits gewöhnt. Doch das ist auch für sie neu: Die Bank Austria streicht ihren Guthabenzins für Girokonten zusammen. Einlagen werden künftig gar nicht mehr verzinst. Die Änderungen betreffen ausschließlich Neukunden, die Regelung trat mit gestrigem Montag in Kraft.
Bestandskunden können indes „aufatmen“, weil die Zinsen auf ihren Konten nach wie vor bei 0,125 Prozent liegen. Reich wird man damit allerdings nicht. Wer ein Jahr lang im Schnitt 1000 Euro auf seinem Konto parkt, erhält eine Zinsgutschrift von rund einem Euro. Von diesem Betrag wird die Kapitalertragssteuer in der Höhe von 25 Prozent abgezogen. Für Neukunden fällt diese nicht mehr an, da das Institut keine Zinsgewinne ausbezahlt. Die Bank Austria hat in Österreich mehr als eine Million Girokonten.
Doch nicht nur auf der Habenseite kommt es zu Änderungen. Das Kreditinstitut stellt auch seinen Sollzinssatz auf neue Beine. Das ist jene Gebühr, die anfällt, wenn Verbraucher ihr Konto überziehen. Statt einem bisher fixen Satz wird für Neukunden ein variables Modell zugrunde gelegt.
Das bedeutet: Seit 1. Juni belaufen sich die Sollzinsen für Neukunden auf sieben Prozent, hinzu kommt der Drei-Monats-Euribor. Dieser Interbankensatz ist hierzulande Basis vieler Spar-und Kreditverträge, er lag zuletzt bei minus 0,012 Prozent. Diese Negativverzinsung gibt die Bank allerdings nicht weiter, wie das Institut sagt. Neukunden müssen immer mindestens sieben Prozent berappen.
Gesenkt wird auch der Höchstsollzinssatz für bestehende Kunden, und zwar von 13,25 auf 11,5 Prozent pro Jahr. Davon unberührt bleiben jene, die mit der Bank bessere Vereinbarungen getroffen haben. „Die Kosten der Überschreitungszinsen resultieren aus den höheren Risiken und Geldbeschaffungskosten für die Bank sowie in der fehlenden Planbarkeit dieser Gelder, die ohne ausdrückliche Vereinbarung zur Verfügung gestellt werden“, wie es heißt.
Für Girokonten werden hierzulande üblicherweise Sollzinssätze ab acht Prozent verrechnet.
Keine Änderungen bei Erste
Konsumentenschützer laufen schon seit Jahren Sturm, weil sie in diesem Bereich eine Absenkung auf das aktuelle Niveau verlangen. Bislang verhallte dieser Wunsch aber ungehört. „Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Bank Austria die Überziehungszinsen nun an den Referenzzinssatz bindet“, sagt Klaus Schreiner vom Verein für Konsumenteninformation. Sollzinsen von sieben Prozent seien im heutigen Umfeld aber nach wie vor hoch. Zugleich sei die Abschaffung der Zinsen auf der Habenseite zu hinterfragen. „Das Geschäft der Bank ergibt sich ja aus der Spanne zwischen der Vergabe und der Aufnahme von Geld“, so Schreiner.
Die Bank Austria stellt ihren Kunden frei, in das neue Konto zu wechseln. Doch Schreiner rät zur Vorsicht: „Man muss aufpassen, dass man nicht vom Regen in die Traufe fällt.“
Bei der Erste Bank sieht man weder bei Soll- noch Habenzinsen Änderungsbedarf. „Wir sind laufend in Gesprächen mit den Konsumentenschützern“, ließ das Institut wissen. Der durchschnittliche Sollzinssatz bei Privatkunden beträgt dort über zehn Prozent. (nst)
Auf einen Blick
Die Unicredit-Tochter Bank Austria hat sich in Anbetracht des Niedrigzinsumfeldes dazu entschieden, Girokonten für Neukunden ab 1. Juni nicht mehr zu verzinsen. Zudem werden Überziehungszinsen neu berechnet. Sie sind künftig variabel und betragen sieben Prozent plus Euribor. Für Bestandskunden ändert sich auf der Habenseite nichts. Die Sollzinsen werden für sie aber auch gesenkt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)