Nachhaltigkeit: Grüne Veranlagungen legen rasant zu

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Institutionelle Investoren sind nach wie vor die wichtigsten Treiber nachhaltiger Geldanlage in Österreich. Doch springen auch immer mehr private auf den ökologischen Trend auf.

Wien. Es sind Wachstumsraten, von denen andere nur träumen können: Nachhaltige Investments erzielten im Vorjahr ein kräftiges Plus bei der Nachfrage. Der österreichische Markt ist im Vergleich zu 2013 um 33 Prozent auf ein neues Rekordhoch von 9,5 Mrd. Euro gewachsen. Das geht aus dem Jahresbericht des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) hervor.

Auf dem Gesamtmarkt haben sich ökologische und ethische Veranlagungen längst etabliert, wenngleich konventionelle Investitionen nach wie vor dominieren. Der Marktanteil grüner Investments beläuft sich hierzulande mittlerweile auf knapp sechs Prozent. „Österreich ist damit auch im Vergleich zur Schweiz und zu Deutschland führend“, schlussfolgert FNG-Chef Wolfgang Pinner.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz waren im vergangenen Jahr 197,5 Mrd. Euro nachhaltig investiert. 2005 hatte man an einen solchen Betrag wohl nicht einmal zu denken gewagt. Damals war der Markt bescheidene 13,1 Mrd. Euro schwer. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich das Vermögen, das in nachhaltigen Anlageformen steckt, folglich verfünfzehnfacht.

Eine Geldanlage wird erst als nachhaltig eingestuft, wenn sie von „Bösem“ Abstand nimmt. Zu den Klassikern der verbotenen Veranlagungen gehören etwa die Themen Waffen oder Atomkraft.

Staatsanleihen am beliebtesten

Hierzulande werden von den Anlagegesellschaften vor allem sogenannte Ausschlusskriterien herangezogen. Entspricht ein Unternehmen gewissen sozialen, ökologischen oder ethischen Faktoren nicht, wird es von der Investitionsliste gestrichen bzw. erst gar nicht in diese aufgenommen. Normbasiertes Screening und der Best-in-Class-Ansatz sind ebenfalls beliebte Anlagestrategien. Bei Ersterem darf nicht in Unternehmen oder Staaten investiert werden, die gegen internationale Normen verstoßen. Beim Best-in-Class-Ansatz wird das beste Unternehmen innerhalb einer Branche bzw. Sektors ausgewählt. Kritisiert wird hier häufig, dass auf diese Weise nicht ganz so grüne Konzerne (etwa Ölfirmen) in nachhaltigen Fonds landen. Die Anlagegesellschaften erkennen mit einer Investition jedoch an, dass ein Unternehmen im Vergleich zu anderen höhere Standards setzt.

Auch Staaten können auf einer schwarzen Liste landen. Etwa, wenn die Todesstrafe Teil ihrer Rechtsprechung ist, sie gegen Waffensperrverträge verstoßen oder ein diktatorisches Regime die Bevölkerung unterdrückt.
Nachhaltige Geldanlage ist übrigens nicht zwangsläufig exotisch. Eher ist das Gegenteil der Fall. Der größte Teil des österreichischen Kapitals (41 Prozent) fließt in biedere Staatsanleihen. Wohl auch, weil es sich bei den Investoren um institutionelle Gesellschaften wie Pensionsfonds und Vorsorgekassen handelt. Unternehmensanleihen und Aktien spielen mit 38 und 16 Prozent ebenfalls eine wichtige Rolle. Der Rest verteilt sich etwa auf Bankeinlagen oder Immobilien.

Grüne Veranlagungen sind hierzulande vor allem Sache institutioneller Investoren. Diese stellten im Vorjahr 77 Prozent der Anleger. Doch auch der Anteil der Privaten konnte in den vergangenen Jahren sukzessive gesteigert werden. „Nachdem die institutionellen Investoren in Österreich in den vergangenen Jahren immer überproportional zugelegt haben, konnten 2014 die privaten Anleger nachziehen“, heißt es in dem Bericht. Kleinanleger machten 2014 immerhin schon 23 Prozent aller Anleger aus: ein Plus von neun Prozentpunkten. Allerdings: 2010 lag ihr Anteil mit 26 auch schon darüber.

Haupttreiber des Markts sind in Österreich zweifelsohne Großinvestoren. Gesetzliche Rahmenbedingungen und der „Druck gesellschaftlicher Akteure“ würden aber ebenfalls eine Rolle spielen. (nst)

Was Sie beachten sollten bei . . . . . . grünen Veranlagungen

Ethische Investments werden in Österreich immer wichtiger. Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht.

Tipp 1

Fragen. Die Österreicher sind gegenüber nachhaltigen Veranlagungen zwar aufgeschlossen, müssen auf das Thema aber erst durch ihren Bankberater aufmerksam gemacht werden. Genau an dieser Beratung mangelt es aber. Zu diesem Schluss kommt eine Diplomarbeit an der Uni Graz. 40 Prozent werden nicht zum Thema Nachhaltigkeit beraten.

Tipp 2

Fonds. In nachhaltige Geldanlagen kann man auf den Finanzmärkten praktisch nur über Fonds investieren. Diese treffen eine bestimmte Vorauswahl, die nach bestimmten Kriterien vonstattengeht. Für Kleinanleger wäre es viel zu aufwendig, jedes einzelne Unternehmen zu analysieren und den Daumen darüber zu heben oder zu senken.

Tipp 3

Ziel. Wie bei anderen Veranlagungen sollten sich Anleger auch bei grünen Investments folgende Fragen stellen: Wie riskant soll mein Kapital veranlagt werden, und wie dringend benötige ich es wieder? Nachhaltige Investments können riskant oder sehr sicher sein, je nachdem, welche Zusammensetzung die Kapitalanlagegesellschaft für ihren Fonds gewählt hat.

Tipp 4

Wie grün? Wer sich mit der Materie eingehend auseinandersetzen möchte, sollte sich fragen, welchen Nutzen sein Investment haben sollte. Gibt es eine Branche, die keinesfalls infrage kommt? Oder will man doch eher bestimmte Technologien fördern? Auf der Website www.gruenesgeld.at können sich Anleger über Grundlegendes informieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2015)


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