ImPulsTanz: Falscher Voodoo, neuer Regentanz

(c) ImPulsTanz/Kat Reynolds
  • Drucken

Nadaproductions wollen bedrohte Bewegungen mit neuen Inhalten aufladen. Gute Idee, aber gescheitert.

An Schamanismus, Ritualen und Volkskultur kommt man beim ImPulsTanz-Festival diesmal nicht vorbei. Am Mittwoch amtierte eine Abordnung des 2009 gegründeten „Bundesministeriums für Bewegungsangelegenheiten“ (BMfB) im Kasino am Schwarzenbergplatz, um über bedrohte menschliche Bewegungen zu beraten: „Four remarks on the history of dance“ heißt das Stück von Nadaproductions (Amanda Piña und Daniel Zimmermann). Die Idee ist raffiniert: In einem Langzeitprojekt beschäftigen sich die Künstler mit Bewegungen, die über Jahrhunderte kultiviert wurden und zu verschwinden drohen – diese werden dokumentiert, rekonstruiert und sollen „mit neuen Bedeutungen versehen werden“.

Die Anregungen für diesen Abend kamen von allen fünf Kontinenten – es waren Tänze für Ernten, Regen, das Meer, den Fluss und den Wind, die in vier neue Choreografien (eingeteilt nach den Elementen) flossen – und die, ohne ihren ursprünglichen Zusammenhang präsentiert, letztlich rätselhaft blieben. Monotone Kreistänze, wildes Stampfen, wippende Federkronen, flatternde Finger und tranceartiges Zucken – wovon erzählen sie? Von den Strapazen des Walfangs? Von der erfolgreichen Vogeljagd? Oder – die an die Wand projizierten Stichworte verraten die politische Intention – vom Wunsch, die Gletscher zu kühlen? Doch ohne die inhaltliche Verbindung funktioniert auch die Idee nicht, diese Tänze mit neuen Bedeutungen aufzuladen und damit zu erneuern.

Aus Ritualen wird eine leere Hülle

Bis auf wenige konzentrierte Momente werden ursprünglich rituelle, bedeutungsschwere Bewegungen hier als Schauspiel präsentiert – und wirken dadurch wie eine geborgte, leere Hülle. Sie mit neuen Inhalten aufzuladen, ist an diesem Abend (noch) nicht gelungen. Besonders anschaulich wird das bei einer an ein Voodoo-Ritual erinnernden Sequenz, für die sich die Tänzerin engagiert auf dem Sessel krümmt, sich auf den Boden wirft, die Augen rollt – ohne spirituelle Überzeugung, ohne totale Hingabe wirkt das aufgesetzt und deplatziert. Die Idee hat Potenzial – das gilt es noch zu heben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.