ING-Diba greift Traditionsbanken an

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Die Direktbank wird in Österreich klassische Gehaltskonten auf den Markt bringen. Das Bankgeschäft soll sich dann im Internet abspielen.

Wien. Die Bank in der Hosentasche: So kann man das neue Motto der niederländischen Direktbank ING-Diba getrost bezeichnen. Für das Institut bricht in diesem Jahr so etwas wie eine Zeitenwende an. Nicht weil man Werbetestimonial Niki Lauda in Pension geschickt hat. Sondern weil zum klassischen Einlagen- und Kreditgeschäft bald auch Girokonten gehören.

Noch in der ersten Jahreshälfte will die Bank ein entsprechendes Angebot ausrollen. Zuerst werde man die Bestandskunden ansprechen, sagt ING-Diba Österreich-Chef Luc Truyens. In einer zweiten Tranche werden dann Bankfremde umworben.

Als Zielgruppe hat das Institut vor allem smartphoneaffine Kunden im Visier. Schließlich sei der Großteil der Österreicher im Besitz eines solchen Geräts. Doch „jeder ist willkommen“, sagt Truyens. Rückenwind dürfte die Bank möglicherweise durch die Turbulenzen rund um die Bank Austria bekommen. In Österreich sei immerhin knapp ein Drittel der Bankkunden dazu bereit, der angestammten Hausbank das Vertrauen zu entziehen. Die Weiterempfehlungsraten der Kunden für die Hausbank halten sich einer Umfrage zufolge ebenfalls in Grenzen. „Wir sind uns aber bewusst, dass der heimische Markt sehr reif ist“, sagt Truyens.

Start-ups als Konkurrenz

Als Vollbank ist die ING-Diba künftig zwar so konventionell wie ihr Mitbewerb. Anders als dieser hat man von der stationären Betreuung aber seit jeher Abstand genommen. „Niemand geht heutzutage in eine Bankfiliale“, sagt Truyens. In Wien betreibe man eine Servicestelle, das solle sich auch durch die Ausweitung des Produktportfolios nicht ändern. Für Anfragen stehe ohnedies das Callcenter zur Verfügung.

„Besser ist es aber, erst gar keine Probleme aufkommen zu lassen“, indem man Produkte einfach und transparent gestalte. Für jene, die dennoch eine persönliche Anlaufstelle benötigen – etwa weil sie Münzen sammeln und wechseln wollen –, werde man Lösungen finden. Das neue Gehalts- bzw. Pensionskonto wird die ING-Diba gratis anbieten, wie Truyens sagt. Gebühren für Bankomat- und Kreditkarte fallen ebenfalls keine an. Für das normale Girokonto werden indes Spesen verrechnet. Preise wollte Truyens keine nennen, doch werde das Angebot attraktiv sein.

Da das Institut vor allem auf die Zahlungsabwicklung im Internet setzt, sieht sich die Bank auch dort herausgefordert. Schließlich würden zahlreiche Fintechs, Start-ups aus dem Finanzbereich, alle nur ein Ziel verfolgen: „Die Banken zu zerstören“, so Truyens. „Banken braucht nämlich niemand, das Bankgeschäft aber schon.“ Die ING-Diba will daher mit Innovation punkten. Es sei durchaus vorstellbar, dass man seinen Kunden eines Tages aufgrund der gesammelten Daten mitteilen könne, ob diese im Vergleich zu anderen zu viel für ihre Stromrechnung bezahlen.

Am Ende entscheidet ohnehin der Kunde, ob er mit dem Angebot der Bank zufrieden ist. (nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2016)


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