Trägheit kostet Geld

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Die Österreicher lassen jedes Jahr viel Geld auf der Straße liegen, und das, obwohl es ziemlich einfach ist, den Energieanbieter zu wechseln.

Wien. Es ist eine Entwicklung, die heimische Konsumenten freuen dürfte. Die Energiepreise sind im Juli (aktuellere Date liegen keine vor) gesunken, nachdem sie noch ein Monat zuvor auf den höchsten Stand seit einem Dreivierteljahr gestiegen waren. Die nun niedrigeren Kosten sind vor allem einer Tatsache geschuldet: dem günstigeren Ölpreis.

Es sind nicht die Autofahrer allein, die profitieren. Auch der Strompreis hat in den vergangenen Monaten deutlich nachgegeben, wie Daten der Österreichischen Energieagentur zeigen. Der für Oktober dieses Jahres geschätzte Indexwert ist gegenüber dem Vormonat leicht gefallen, allerdings war der Rückgang so schwach wie seit Juni 2015 nicht mehr. Und dennoch ist der Wert auf einem derart tiefen Niveau wie seit mehr als zehn Jahren nicht.

Einige heimische Energieversorger haben zuletzt auf die gesunkenen Preise reagiert. Die EAA-Energie-Allianz, bestehend aus Energie Burgenland, Wien Energie und EVN, hat beispielsweise angekündigt, ihre Strom- und Erdgaspreise per 1. Oktober um je fünf Prozent zu senken. Davon betroffen sind drei Millionen Haushaltskunden. Bei der Preissenkung handle es sich um die zehnte in Folge, wie es heißt.

Höchstes Einsparpotenzial

Da der Strom-und Gasmarkt vor 2001 bzw. 2002 liberalisiert wurde, steht es Haushaltskunden frei, ihren Energielieferanten nach Belieben zu wechseln. Viele Österreicher haben diese Option nicht genutzt. Zwar hat sich die Lage in der jüngeren Vergangenheit etwas gebessert, doch die Trägheit der Bürger kostet diese nach wie vor viel Geld. Die Wechselrate bei Strom liegt derzeit bei 2,1 Prozent pro Jahr, bei Gas erreicht sie 2,8 Prozent.

Der E-Control zufolge haben im heurigen ersten Halbjahr um 36 Prozent mehr Kunden (sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen) einen neuen Lieferanten gesucht als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Stromwechsler sei von knapp 94.000 im Vorjahr auf über 125.000 Kunden gestiegen. Knapp 38.000 Kunden suchten sich einen neuen Gasanbieter, ein Anstieg um über 40 Prozent.

Wer sich dazu durchgerungen hat, seinem angestammten regionalen Versorger den Rücken zu kehren, um einen Vertrag beim günstigsten Lieferanten zu unterschreiben, kann seine Kosten im ersten Jahr um bis zu 900 Euro drücken. In diesem Betrag ist der Wechselrabatt inkludiert. Die Einsparungen sind derzeit so hoch wie seit der Öffnung des Marktes nicht. Der Regulator geht bei seinen ermittelten Werten von einem jährlichen und durchschnittlichen Stromverbrauch in der Höhe von 3500 Kilowattstunden (kWh) aus, bei Gas sind 15.000 kWH die Basis je Haushalt.

Der Wechsel des Energielieferanten ist keine große Sache. Wer mithilfe des Tarifkalkulators der E-Control wechselt, muss ein Formular ausfüllen und abschicken. Vielen Anbietern reicht es inzwischen auch, wenn die eigenen Daten via Website übermittelt werden. Der Vorgang sollte in wenigen Werktagen abgeschlossen sein, um die Formalitäten kümmert sich der neue Anbieter.

Zahlreiche Plattformen helfen

Abseits des Regulators sind in den vergangenen Jahren viele Portale (analog wie digital) entstanden, die sich dem Thema Energiewechsel verschrieben haben. Die Vergleichsplattform durchblicker.at kümmert sich genauso um Wechselwillige wie etwa das Unternehmen Stromliste. Die Abwicklung erfolgt bei Letzterem allerdings per Telefon. In den vergangenen Jahren hat auch der Verein für Konsumenteninformation immer zu Einsparaktionen aufgerufen. Der dritte und jüngste „Energiekosten-Stop“ ging im Februar zu Ende, 22.000 Wechselaufträge waren die Folge. Selbst die heimische Post ist vor nicht allzu langer Zeit in den Markt eingestiegen. Bald wird noch ein weiterer Anbieter hinzukommen, wie „Die Presse“ kürzlich exklusiv berichtete.

Der ehemalige E-Control-Chef Walter Boltz plant ein Unternehmens names Ohho ins Leben zu rufen. Bei diesem sollen angemeldete Kunden, sofern notwendig, jährlich zum günstigen Lieferanten umgemeldet werden. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2016)

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