Geld auf dem Konto ist nicht immer ein Fehler

Die Presse (Clemens Fabry)
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Thomas Gebert stellt Überlegungen an, welche Risken auf uns zukommen könnten und was dann zu tun wäre. Und kommt zum Schluss: Bankguthaben sind nicht hundertprozentig sicher, im Krisenfall aber nicht das Schlechteste.

Wien. Eine Krise muss nicht kommen, betont Thomas Gebert in seinem Buch „Was zu tun ist, wenn es so weit ist“ mehrmals. Doch nur weil ein Szenario unwahrscheinlich ist, bedeute das nicht, dass man ihm keine Beachtung schenken sollte. Vor allem, wenn es großen Schaden mit sich brächte.

Dass der Euro zerbricht, ist derzeit nach Einschätzung des Autors wenig wahrscheinlich. Sollte es passieren, hätte man mit deutschen Bundesanleihen am ehesten die Chance, dass man den gesamten Betrag in D-Mark ausbezahlt bekäme. Bei Bankguthaben hält es Gebert für ein realistisches Szenario, dass man teilweise D-Mark, Lire, Franc etc. gutgeschrieben bekäme. Gold würde in einem solchen Krisenszenario wohl profitieren, da aber die D-Mark als Erstes zu allen anderen Währungen steigen würde, wäre man mit Bundesanleihen zunächst besser dran.

Geld auf dem Konto habe den Vorteil, dass man es griffbereit hat, um sich nach der Krise neu zu positionieren. Ganz sicher sei es freilich nicht: Wenn bei einer schweren Krise mehrere Banken zahlungsunfähig würden, dürfe man nicht auf die Einlagensicherung hoffen. Nicht einmal Wertpapiere in einem Depot seien hundertprozentig sicher. Denn sonst gäbe es ja in den Geschäftsbedingungen der Banken keine Klauseln, wonach Anleger einen Anspruch gegen die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (in Österreich gibt es eine vergleichbare Einrichtung) haben, falls die Bank „pflichtwidrig außer Stande“ sein sollte, Wertpapiere zurückzugeben.

Das, so meint Gebert, impliziere, dass es diese Möglichkeit gibt, dass die Bank „pflichtwidrig außer Stande“ sein kann, die Aktien auszuhändigen. Dennoch: So schwere Krisen, in denen plötzlich reihenweise Banken pleitegehen, kommen selten über Nacht. „Für eine normale Krise reicht Geld bar auf dem Konto vollkommen aus.“ Falls sich die Krise zuspitzen sollte, könne man noch immer Bundesanleihen kaufen oder Goldbarren einlagern lassen. Aktien hingegen würden in Krisen als erste relativ schnell an Wert verlieren.

Dass Aktien sehr langfristig mehr Sicherheit bieten können als Anleihen, bestreitet Gebert nicht und verweist darauf, dass große deutsche Werte den Zweiten Weltkrieg überlebt haben und danach höher gestiegen sind als je zuvor– anders als die Anleihen des Deutschen Reichs. Doch kurzfristig, wenn eine Krise ausbricht, fallen Aktien stets als Erstes. Wer also mit einer unmittelbar bevorstehenden Krise rechnet, sollte lieber Geld auf dem Konto als Aktien haben.

Wenn die Inflation steigt

Auch in Phasen steigender Inflationsraten verlieren Aktien zunächst an Wert. Dem Geld auf dem Konto tut die Inflation zwar auch nicht gut. Aber: „Zunächst einmal muss man sehen, dass man in diesen Verluststrudel nicht hineingerät. Da ist es nicht so wichtig, ob man zwei oder drei Prozent an Kaufkraft des Bargeldes verliert.“

Für die Zeit danach, wenn sich Nullzinsen und Niedriginflation in ihr Gegenteil verkehrt haben (Gebert erwartet das gegen Ende des Jahrzehnts), gibt es ebenfalls Tipps: Rohstoffkonzerne und Ölfirmen könnten dann wieder interessant werden. Bis dahin sollte man sein Vermögen in Staatsanleihen vor etwaigen Krisen schützen, auch Geld auf dem Konto sei kein Fehler.

Geberts Thesen reizen in mancher Hinsicht zu Widerspruch: So kann man daran zweifeln, ob der Zeitpunkt, zu dem man wieder in Aktien einsteigen soll, so leicht erkennbar ist und ob es wirklich ausreicht, „auf Inflationsraten, Zinsen und zyklische Strukturen“ zu achten, um an der Börse „Unheil aus dem Weg zu gehen“. Die Muster, die der Autor in den Börsenkursen ausmacht, sind dennoch frappierend, seine Überlegungen unkonventionell und spannend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2016)

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