Die Wirtschaft und ihre Bremsklötze

Österreichs Wettbewerbsfähigkeit steigt – trotz der fest angezogenen lähmenden Reformbremse.

Nach langen Jahren des nach unten Durchreichens in internationalen Vergleichen hat Österreich im Wettbewerbsfähigkeitsranking des World Economic Forum nun endlich wieder einmal einen Satz nach vorn gemacht (siehe Bericht auf Seite 24). Sehr erfreulich, wenngleich ein Land mit diesem Qualifikations- und Lohnniveau eigentlich unter die ersten zehn gehört – und nicht auf Platz 19.

Dass wir dort nicht in der Nachbarschaft von Deutschland, Holland, Großbritannien oder Schweden stehen, hat Gründe, die aus dem Ranking sehr klar hervorgehen (und die für langjährige Beobachter dieser Szene auch nicht wirklich überraschend kommen). Kurz zusammengefasst: Die Wirtschaft läuft relativ gut, aber die seit Jahrzehnten aufgeschobenen Reformen des Staates erweisen sich immer mehr als Bremsklotz für die Unternehmen.

Konkret: Die vier mit Abstand problematischsten Faktoren für die Geschäftstätigkeit im Land sind laut WEF-Ranking (in dieser Reihenfolge) restriktive Arbeitsgesetze, ineffiziente Bürokratie, die Höhe der Steuern und die Steuergesetze.

Klar, das Ranking basiert nicht nur auf harten Fakten, sondern zum wesentlichen Teil auf der Befragung internationaler Führungskräfte, ist so gesehen also subjektiv. Aber gerade die Einschätzung durch die jeweiligen Manager ist ein wesentliches Kriterium, wenn es darum geht, Geschäfte zu machen oder Investitionen zu tätigen. Das Ranking hat also Relevanz.

So gesehen sind die Ergebnisse einiger Teilrankings eine Katastrophe: Wenn wir beim Punkt „Effekt der Steuern auf Investitionsanreize“ auf Platz 120 von 138 landen, beim Punkt „Dauer von Betriebsgründungen“ auf Platz 105 und bei der Frage nach den steuerlichen Arbeitsanreizen auf Platz 133, also in Nachbarschaft von Ländern wie Kirgisien, Senegal oder Uganda liegen, dann sollten alle Alarmglocken ohrenbetäubend schrillen.

Hier bekommt die Republik also wieder einmal international den Spiegel vorgehalten: Wir haben ein ernstes Problem mit der Bürokratie und ein ebenso ernstes mit dem Steuersystem. Und eine Regierung, die zwar so tut, als sei ihr das bewusst, aber, statt endlich ihren New Deal zu präzisieren und echte Reformen anzupacken, ausführlich über den Spielraum für weitere unkoordinierte Steuererhöhungen (derzeit beispielsweise bei der Grundsteuer) diskutiert.

Zu fürchten ist, dass die Verbesserung Österreichs im Gesamtranking jetzt von den Propaganda-Abteilungen der Parteien für eine „Alles paletti“-Beschwichtigungsstrategie verwendet wird. Wozu denn reformieren, wenn es ohnehin gut läuft?

Natürlich freuen wir uns alle, dass es endlich wieder aufwärts geht. Aber es ginge noch entschieden schneller, wenn wir endlich die auch hier ganz klar identifizierten Bremsklötze wegräumen würden. Und das liegt jetzt ganz eindeutig in der Kompetenzder Regierung.

josef.urschitz@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 29.09.2016)

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