Versicherungen: Wer nicht aufpasst, muss selber zahlen

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Wer grob fahrlässig handelt, erhält von der Unfall- oder Kaskoversicherung nichts. Es sei denn, der Vertrag sieht etwas anderes vor. Auch dann gibt es Einschränkungen.

Wien. Eine Bratpfanne mit heißem Fett wird auf dem Herd vergessen, weil es an der Wohnungstür läutet. Ein betrunkener Skifahrer verletzt sich schwer. Ein Mann schaltet die Waschmaschine ein, verlässt das Haus und entdeckt erst am nächsten Tag den Wasserschaden. Ein Autofahrer verabsäumt es, die Handbremse anzuziehen, nachdem er sein Auto abschüssig geparkt hat. Das Auto rollt gegen einen Baum. Kein Problem, denken viele, man ist ja versichert.

„Viele Versicherungskunden haben dann ein Aha-Erlebnis, wenn sie erfahren, dass die Versicherung in solchen Fällen leistungsfrei ist“, berichtet Josef Graf, Versicherungsmakler bei EFM.

Regress möglich

Bei „grober Fahrlässigkeit“ müssen nämlich Haushalts-, Kasko- oder Unfallversicherung in der Regel nicht bezahlen. Was nun „grob“ und was nur „leicht“ fahrlässig ist, unterscheiden häufig erst die Gerichte. So gilt es laut den Experten als grob fahrlässig, mit einem Auto zu fahren, obwohl man weiß, dass die Bremsen defekt sind. Fährt man aber wegen einer Sichtbehinderung durch die Sonne auf ein anderes Fahrzeug auf, geht das eher als „leicht fahrlässig“ durch. Das ist wahrscheinlich auch der Fall, wenn der Autofahrer die Handbremse angezogen hatte, aber nicht fest genug, und sie löst sich.

Seit einigen Jahren bieten einige Versicherungen auch Verträge an, bei denen Schäden durch grobe Fahrlässigkeit teilweise mitversichert sind, berichtet Graf. Doch gebe es hier oft Obergrenzen (etwa 5000 Euro) und weitere Einschränkungen: Bei grober Fahrlässigkeit infolge von Alkoholeinfluss zahlen die Versicherungen selten. Bei Vorsatz sind sie ohnehin leistungsfrei.

Etwas anders verhält es sich bei der Haftpflichtversicherung. Diese zahlt bei Schäden an Dritten, etwa wenn der Versicherungsnehmer einen Unfall verursacht – und zwar auch, wenn er dabei „grob fahrlässig“ gehandelt hat. Unter Umständen kann die Versicherung zwar ihr Geld vom Verursacher des Schadens zurückfordern. Bei der Kfz-Haftpflicht ist dieser Regress aber gesetzlich beschränkt, stellt Verag-Geschäftsführer Rudolf Mittendorfer fest. Die Versicherung muss den Schaden am fremden Auto zunächst ersetzen und kann das Geld dann in Höhe von höchstens 22.000 Euro pro Versicherungsfall zurückverlangen. Bei der Privathaftpflicht, die freiwillig (meist in Kombination mit einer Haushaltsversicherung) abgeschlossen wird, hängt es vom Vertrag ab, ob ein Regress möglich ist.

Generell zahlen Haftpflichtversicherungen nicht mehr als die Deckungssumme, die in der Regel zwischen 300.000 und 750.000 Euro liegt, warnt Graf. Neuere Verträge sehen oft höhere Deckungssummen vor. Das kann mitunter trotzdem zu wenig sein. Verursacht man etwa einen schweren Unfall mit mehreren verletzten Personen, kann der Schaden rasch in die Millionenhöhe gehen.

Exzedentenhaftpflichtversicherungen können Abhilfe schaffen. Sie haben meist Deckungssummen von zehn Millionen Euro aufwärts und beinhalten auch eine Ausfallsversicherung, zahlen also auch den eigenen Schaden, den man durch die Schuld eines anderen erleidet, der selbst nicht versichert ist. Auch Familienmitglieder sind dann mitversichert.

Auf die Deckungssumme achten

Mittendorfer rät, bei privaten Haftpflichtversicherungen auf den Geltungsbereich zu achten, damit man auch versichert ist, wenn man etwa im Ausland einen Radunfall verursacht: Denn in manchen Ländern sind Behandlungskosten und Schmerzengelder um ein Vielfaches höher als in Österreich.

Die Kaskoversicherung, die für Schäden am eigenen Auto aufkommen müsste, zahlt bei grober Fahrlässigkeit gar nichts. Sieht der Vertrag nichts anderes vor, zahlt sie meist nicht mehr, wenn man mit einer Alkoholisierung zwischen 0,5 und 0,8 Promille in einen Unfall verwickelt war und sonst keine „grobe Fahrlässigkeit“ nachweisbar ist, sagt Mittendorfer. Die Haftpflichtversicherung hingegen ist erst bei einer Alkoholisierung von mehr als 0,8 Promille zum Regress berechtigt. [iStockphoto]

Was Sie beachten sollten bei... Versicherungen

Tipp 1

Auf Klauseln achten. Steht nichts anderes im Vertrag, zahlen Kasko-, Haushalts- oder Unfallversicherungen bei grober Fahrlässigkeit nichts.
Viele Verträge sehen vor, dass sie das doch tun. Dann gibt es oft Einschränkungen bezüglich der Höhe des Schadens, auch sind Schäden infolge von Alkoholeinfluss meist ausgenommen.

Tipp 2

Alkoholeinfluss. Wer betrunken
Auto fährt und sein Auto beschädigt, hat meist schlechte Karten.
Die Kasko- und die Unfallversicherung zahlen dann in der Regel nichts. Verursacht man mit mehr als 0,8 Promille einen Schaden, kann auch die Haftpflichtver-
sicherung ihr Geld teilweise zurückfordern.

Tipp 3

Ausfallsversicherung. Erleidet man durch die Schuld eines Dritten einen Schaden (etwa beim Skifahren) und hat dieser keine Haftpflichtversicherung und auch kein Vermögen, geht man oft leer aus. Es sei denn, man hat eine Exzedentenhaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die springt dann in solchen Fällen ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2012)

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