Altersvorsorge: Aus für die verpflichtende Kapitalgarantie?

(c) Clemens Fabry
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Die Anbieter einschlägiger Produkte appellieren an den Gesetzgeber, flexiblere Regeln zuzulassen. So sollte es nur auf Wunsch eine Kapitalgarantie geben, die Zukunftsvorsorge sollte auch für Pflege verwendet werden dürfen.

Wien. Die gute Nachricht zuerst: Wer einen Tag älter wird, verbraucht „netto“ nur 18 Stunden Lebenszeit. Denn die Lebenserwartung wächst täglich um sechs Stunden. Nun der Wermutstropfen: Wer heute berufstätig ist und sich an einen bestimmten Lebensstandard gewöhnt hat, wird in der Pension Abstriche machen müssen.

Das kann man mildern, indem man sich etwas zur Seite legt oder eine Immobilie kauft. Es gibt auch einschlägige Produkte der betrieblichen Vorsorge (etwa die obligatorische Abfertigung neu, Pensionskassen oder betriebliche Kollektivversicherungen) sowie der privaten Vorsorge (etwa Zukunftsvorsorge oder Lebensversicherungen). Diese haben in den vergangenen Jahren nicht wirklich erfüllt, was man sich erwartet hatte.

Garantie hilft nicht bei Inflation

Daran schuld sind die turbulenten Finanzmärkte und die historisch niedrigen Zinsen. Ein Teil des Problems liegt aber in den Produkten selbst: Sie sind zu starr. Das wissen auch die Anbieter. Sie fanden sich dieser Tage bei einer Enquete im Parlament ein und trugen der Politik ihre Forderungen vor.

Da wäre einmal die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge. Diese gibt es seit zehn Jahren. Viele Kunden, deren Verträge heuer ausgelaufen sind, mussten feststellen, dass außer Spesen wenig bis nichts gewesen ist. Die Produkte, die von Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften angeboten werden, sind mit einer Kapitalgarantie ausgestattet: Am Ende der Laufzeit soll man– nach Kosten– zumindest das einbezahlte Kapital plus die staatliche Prämie zurückerhalten. Häufig war es kaum mehr als das. Denn eine Kapitalgarantie schützt nicht nur, sie ist auch teuer. Kritiker meinen, dass eine Garantie bei jahrzehntelanger Laufzeit nicht nur unnötig sei, sondern auch nicht vor Realverlusten schütze.

Vereinfacht gesagt: Wer fürs Alter spart und nach 30 Jahren nicht mehr bekommt als das, was er einbezahlt hat, verliert real deutlich. Ohne teure Kapitalgarantie sei die Wahrscheinlichkeit einer passablen Rendite größer. „Wir wollen den Kunden auch eine Variante ohne Kapitalgarantie anbieten“, sagt Heinz Bednar, Präsident der Vereinigung österreichischer Investmentgesellschaften.

Auch wünschen sich die Anbieter, dass ein Teil der Zukunftsvorsorge in eine Pflegeversicherung fließen kann. „Der Kunde soll sich selbst aussuchen dürfen, wie er die Zukunftsvorsorge auf Alters- und Pflegeversicherung verteilt“, fordert Manfred Rapf, Vorsitzender der Sektion Lebensversicherung im Versicherungsverband VVO. Denn die private Pflegeversicherung ist bis dato kein Renner – obwohl das staatliche Pflegegeld selten auch nur annähernd ausreicht, um die tatsächlichen Kosten einer Hauspflege oder gar eines Pflegeheims abzudecken.

In Grenzen hält sich auch die Bereitschaft von Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber einen Pensionskassenvertrag abgeschlossen hat, freiwillig zusätzliche Beiträge zu leisten. Das können sie derzeit nur vom bereits versteuerten Gehalt tun. „Wir fordern, dass die Eigenbeiträge steuerlich absetzbar werden“, sagt Karl Timmel, Vorstandsvorsitzender der VBV-Pensionskasse. Erst die Pension sollte dann zu 100 Prozent besteuert werden.

Die betrieblichen Vorsorgekassen, die die Gelder der Abfertigung neu verwalten (dort zahlen Arbeitgeber für alle ab 2003 eingestellten Mitarbeiter 1,53 Prozent des Bruttogehalts ein) haben hingegen mit dem Problem zu kämpfen, dass zu viele Arbeitnehmer die Möglichkeit nützen, ihr Geld nach drei Jahren abzuheben. Das ist etwa möglich, wenn man gekündigt wird oder das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auflöst.

Abfertigung neu liegen lassen

Allein im Vorjahr habe man 330 Mio. Euro ausbezahlt, berichtet Andreas Csurda, Vorstandsvorsitzender der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen. Die durchschnittliche Auszahlung betrug 900 Euro. Nur wenige Arbeitnehmer lassen das Geld liegen, um später eine Zusatzpension zu lukrieren.

Das Problem dabei: Je kürzer die Laufzeit, umso teurer ist die Kapitalgarantie und umso geringer die Chance, darüber hinausgehende Erträge zu erzielen. Die Anbieter appellieren daher an den Gesetzgeber, die Mindestliegedauer von drei auf zehn Jahre zu erhöhen. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2014)


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