Versicherungen: Die Krux des Älterwerdens

(c) BilderBox
  • Drucken

Pflegeversicherungen sind hierzulande alles andere als beliebt. Erstaunlich ist das nicht. Denn die Produkte sind nicht nur komplex, sondern auch relativ teuer.

Wien. Job, Karriere, Familie. Themen wie diese beschäftigen einen 30-Jährigen heute. Was im Jahr 2065 sein wird, ist da schon weniger interessant. Pension, Altersarmut oder Pflegebedürftigkeit – damit will sich niemand auseinandersetzen. Schon gar nicht, wenn er nicht muss.

Kein Wunder, dass die private Pflegeversicherung in Österreich ein Nischendasein fristet. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung haben einen solchen Vertrag bislang abgeschlossen. Wohl auch, weil die Polizzen „erst“ seit rund zehn Jahren auf dem Markt sind. Die Unübersichtlichkeit der Produkte und ihre Prämiengestaltung tragen nicht unbedingt zu einer größeren Verbreitung bei, sagt Josef Graf, Vorstand der EFM Versicherungsmakler. „Wenn das Produkt kaum jemand hat, dann gibt es auch wenig Wettbewerb um die Qualität.“

Hinzu kommt: Das staatliche System zwingt niemanden, privat vorzusorgen. Wird Pflegebedürftigkeit festgestellt, springt die öffentliche Hand unterstützend ein. Ende 2013 bezogen hierzulande rund 450.000 Personen Pflegegeld. Ob die Summen für jeden Einzelnen ausreichen, ist indes eine andere Frage.

Im Wesentlichen kennt die Pflegeversicherung zwei unterschiedliche Modelle. Das eine ist an die staatlichen Pflegestufen angelehnt, das andere an die Activities of Daily Life (ADL).

Die meisten Bezieher von staatlichem Pflegegeld sind in den unteren Pflegestufen zu finden. Doch viele Versicherungen zahlen erst in höheren Stufen. „Je weniger in den unteren Stufen geleistet wird, desto günstiger wird das Produkt für den Kunden, weil das Risiko des Versicherers geringer wird“, sagt Graf.

Ein 30-Jähriger muss (bei reduzierter Leistung in den unteren Stufen) eine Prämie von 30 bis 40 Euro monatlich zahlen. In der höchsten Pflegestufe erhält er dann eine Monatsrente von 750 Euro (je nach Produkt gibt es höhere Auszahlungen). Für einen 55-Jährigen beläuft sich die Prämie auf 80 bis 90 Euro im Monat.

Ein Gutachter entscheidet

Je früher eine Pflegeversicherung abgeschlossen wird, desto billiger ist sie. Auch weil die Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Risken in jungen Jahren geringer ist. Schließt ein Kunde spät ab, kann das Wartezeiten zur Folge haben.

Wer Angst davor hat, dass der Staat eines Tages seine Pflegestufen ändert, kann ein Produkt wählen, bei dem die Leistungsstufen (also der Pflegeaufwand nach Stunden) eingefroren werden können, so Graf. Zusätzlich kann man die Produkte indexieren. Das bedeutet, dass die monatliche Prämie jährlich um einen bestimmten Grad angehoben wird – in der Regel erfolgt die Anpassung um die Höhe des Verbraucherpreisindex. Die Auszahlung ist dann entsprechend höher.

Beim ADL-Modell wird hingegen nach dem Grad der Bewegungsfähigkeit unterschieden, danach richtet sich auch die Versicherungsleistung. Ein Gutachter stellt hier die Schwere der Bedürftigkeit fest. Untersucht wird etwa, ob die Fortbewegung im Zimmer möglich ist oder das Einnehmen von Mahlzeiten und Getränken. Laut Graf gibt es die Möglichkeit, beide Modelle zu kombinieren. Im „Schadensfall“ wird dann jene Option gezogen, die für den Versicherungsnehmer besser ist.

Für Alexander Meixner vom Österreichischen Versicherungsmaklerring besteht der größte Nachteil einer Pflegeversicherung in der „irrsinnigen Komplexität“ der Verträge, die zu wenig „ausgegoren“ sind. Sich im Tarifdschungel zurechtzufinden, sei für Verbraucher daher schwer. Zugleich konkurrieren die Produkte mit zahlreichen anderen, die – vor allem auch jungen Leuten – auf den ersten Blick notwendiger erscheinen.
[ iStockphoto]

Was Sie beachten sollten bei... Pflegeversicherungen

Tipp 1

Makler. Die Zahl der Anbieter von Pflegeversicherungen ist zwar überschaubar, doch die Produkte unterscheiden sich stark voneinander und sind mit zahlreichen Details gespickt. Als normaler Konsument ist es so gut wie unmöglich, den Überblick zu bewahren. Es kann daher nicht schaden, einen Makler aufzusuchen.

Tipp 2

Erben. Künftig sollen Pflegeleistungen Angehöriger oder von Lebensgefährten auch ohne Testament abgegolten werden, wenn es keine anderen gesetzlichen Erben gibt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde in der Vorwoche in Begutachtung geschickt. Auch soll es zu einer Erleichterung bei der Übergabe von Familienbetrieben kommen.

Tipp 3

Pflege. Wer einen zu pflegenden Angehörigen hat, sollte bei der Auswahl des Pflegeanbieters unter anderem auf vollständige Dokumente (Pflegediplom, etc.) achten, empfiehlt Christian Elsner von Elsner Pflege. Die Betreuerinnen sollten zudem beim Bundessozialamt angemeldet werden, da es sonst zum rückwirkenden Verlust des Fördergeldes kommen kann.

Tipp 4

Modelle. Pflegeversicherungen basieren im Grunde auf zwei unterschiedlichen Modellen. Eines orientiert sich an den staatlichen Pflegestufen, das andere richtet sich nach den sogenannten Activities of Daily Life. Hier sieht sich die Versicherung an, welche Tätigkeiten Betroffene selbst nicht mehr ausführen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2015)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.