Wie sicher sind Versicherungen?

Bilanz Ergo - Zentrale
Bilanz Ergo - ZentraleAPA/dpa/Rolf Vennenbernd
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Wann garantiert eine Versicherung den Wertverlust eines Produkts und wann ist ein Investment überhaupt vor einem Ausfall geschützt?

Wien. In Österreich sind Lebensversicherungen seit jeher beliebt, auch wenn deren ertragreiche Zeiten längst der Vergangenheit angehören. Doch das Problem ist nicht nur die immer geringer werdende Rendite, mit der die Kunden zunehmend konfrontiert sind. Es ist auch das Kleingedruckte, das sie nicht lesen. Nur dieses gibt nämlich Aufschluss darüber, wie sicher Veranlagungen tatsächlich sind.

Grundsätzlich gibt es bei allen klassischen Lebensversicherungen einen Deckungsstock. Ginge eine Versicherung pleite– dies war hierzulande zuletzt 1935 der Fall–, bliebe das Geld der Kunden unversehrt, weil der Deckungsstock als Sondervermögen gilt. Allerdings kann es andere Probleme geben, etwa bei bestimmten Einmalerlägen und fondsgebundenen Lebensversicherungen.

In den vergangenen Wochen wurden etwa zahlreiche Kunden der Ergo-Versicherung überrascht. In einem Brief teilte der Versicherer seinen Kunden mit, dass die verkauften Produkte möglicherweise nicht das halten, was sie zunächst versprochen haben. Grund dafür war, dass das Produkt der Ergo auf der Werthaltigkeit einer Anleihe basierte, die die Österreichische Volksbank einst begeben hatte. Doch die ÖVAG gibt es nicht mehr. Deren Bad Bank Immigon allerdings schon. Und diese kündigte an, die Anleihen der ÖVAG vorzeitig mit Abschlägen zurückkaufen zu wollen. Halten Anleger die Papiere bis zum Laufzeitende, erhalten sie im besten Fall aber auch ihr Geld zurück.

Wie gut ist der Garantiegeber?

Bei der Ergo war die ÖVAG nicht nur der Emittent des Produkts, sondern auch dessen Garantiegeber. Indexgebundene Lebensversicherungen so wie die der Ergo basieren häufig auf einer Anleihe. Für diese ist ein sogenannter Rückkaufswert vorgesehen. Wird die Anleihe fällig, dann zahlt der Emittent das Geld an die Versicherung zurück. Voraussetzung dafür ist, dass der Schuldner das auch kann. Wichtig ist auch, ob eine Anleihe als nachrangig behandelt wird oder nicht. Bei nachrangigen Papieren werden nämlich zunächst andere Gläubiger bedient.

Aufgabe eines Garantiegebers ist es, für den allfälligen Wertverlust eines Papiers geradezustehen, er hafte für das Delta, wie es Rudolf Mittendorfer, stellvertretender Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler, formuliert. Es wird also die Differenz ausgeglichen, die durch einen Wertverlust entstanden ist. Das kostet Geld. Geld, das in Form einer Risikoprämie im Produkt eingepreist ist und die der Kunde somit indirekt zahlt.

Bei Einmalerlägen, die nicht im Deckungsstock veranlagen (wie beispielsweise indexgebundene Lebensversicherungen), gibt es häufig einen Garantiegeber. Aber eben nicht immer. Wenn es keinen Garantiegeber gibt, dann „haftet“ niemand für den Kursverlust. Häufig sind nahestehende Unternehmen bei derartigen Einmalerlägen die Garanten. Aber genauso können die Garantiegeber extern sein.

Freie Produktgestaltung

Es gibt also zwei Sicherheitssysteme– zunächst den Wert der Anleihe selbst, und dann noch den Garanten. Entscheidend ist im Fall des Falls die Qualität des Garantiegebers, die sich im Lauf der Jahre verschlechtern kann. „Eine Garantie ist daher immer nur so gut wie ihr Garantiegeber. Wenn der Garantiegeber pleitegeht, trägt der Kunde das Risiko“, sagt Mittendorfer.

„Ob es bei Einmalerlägen einen Garantiegeber gibt, sollte vom Kunden daher aktiv hinterfragt werden“, rät man bei der Uniqa-Versicherung. In der Regel sollte die Form der Veranlagung, die hinter einem Einmalerlag steht, in allen Unterlagen zu finden sein. Auch auf dem jährlichen Kontoauszug, den die Versicherung aushändigt, wird dies vermerkt. Der Uniqa zufolge müssen die „Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Erwerbs“ ein gutes oder sehr gutes Rating haben.

Der heimischen Finanzmarktaufsicht zufolge sind Versicherungsprodukte nicht genehmigungspflichtig. Den Unternehmen obliegt die freie Produktgestaltung. Die Aufsicht hat nur eingeschränkte Prüfrechte. Im Gegensatz dazu müssen die Versicherer ihre Kunden genau über ihre Veranlagungen informieren. Hält sich eine Versicherung nicht an ihre Pflichten, werden Verwaltungsstrafen verhängt. Fonds- und indexgebundene Lebensversicherungen bezeichnet FMA-Sprecher Klaus Grubelnik als in einer „Versicherung verpacktes Wertpapier“. Das Anlagerisiko liegt beim Versicherungsnehmer.

Der wesentliche Unterschied zwischen indexgebundenen, kapitalanlageorientierten, fondsgebundenen und klassischen Lebensversicherungen liege also in der Veranlagung bzw. im Deckungsstock, erklärt Mittendorfer. Nur bei der klassischen Lebensversicherung liegt das Geld im Deckungsstock. Dafür sind die Renditen dort gering. [ istockphoto.com ]

Was Sie beachten sollten bei... Versicherungen

Tipp 1

Unterschied. Neben den allgemeinen Vorteilen einer Versicherungshülle für Spar- oder Anlagekapital rät Rudolf Mittendorfer, Konsumentensprecher der österreichischen Versicherungsmakler, Verbrauchern dazu, unterschiedlichen Anlage- und Risikokriterien beim Beratungsgespräch besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Tipp 2

Lehman. Hierzulande wurden Produkte mit einer Garantie der Investmentbank Lehman Brothers vertrieben. Nach der Finanzkrise fiel das Institut wegen seiner Pleite als Garantiegeber aus. Die heimischen Versicherungen sprangen damals als Garantiegeber ein. Ob eine emittierende Versicherung zahlen muss, wenn ein Produkt schiefgeht, wurde noch nicht ausjudiziert.

Tipp 3

Behörde. Liegt einer Polizze eine Unternehmensanleihe zugrunde, erachtet es die FMA als unzulässig, wenn „die aus der Anleihe resultierende Rückzahlungsverpflichtung des Emittenten als Garantie beworben wird, weil keine über die rechtliche Rückzahlungsverpflichtung hinausgehenden Garantieansprüche eingeräumt werden“.

Tipp 4

Sicher. Bei der klassischen Lebensversicherung wird in einen kollektiven Deckungsstock investiert, der als Sondervermögen gilt. Zusätzlich tritt die Versicherung selbst als Garantiegeber auf. Weiters müssen Rückstellungen gebildet werden, um den möglichen Ausfall einzelner Investments im Notfall ausgleichen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)


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