Zinsen bei Lebensversicherungen sinken

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Die Finanzmarktaufsicht reagiert auf das anhaltende Niedrigzinsumfeld und halbiert den sogenannten Garantiezinssatz in der Lebensversicherung auf 0,5 Prozent.

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Wien. Zinsen gehören nicht nur auf dem Sparbuch der Vergangenheit an. Auch in der Lebensversicherung müssen sich Kunden mit zunehmend geringeren Erträgen zufriedengeben. Die heimische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat nämlich am gestrigen Dienstag bekannt gegeben, den sogenannten höchstzulässigen Garantiezinssatz in der Lebensversicherung zu halbieren. Die Zinsen, die Versicherungen ihren Neukunden im kommenden Jahr maximal versprechen dürfen, sinken demnach auf 0,5 Prozent. Der Grund für den Schritt liegt im niedrigen Zinsniveau, das die gesamte Versicherungsindustrie seit der Finanzkrise begleitet. Die Maßnahme soll laut Angaben der FMA nun sicherstellen, dass Garantieleistungen aus Versicherungsverträgen auch langfristig erfüllt werden können.

Vor allem alte Lebensversicherungsverträge sind noch mit vergleichsweise hohen Garantien ausgestattet, die jährlich erwirtschaftet werden müssen – unabhängig vom aktuellen Zinsniveau. Doch gleichzeitig fällt es den Unternehmen immer schwerer, ausreichend Geld auf dem Kapitalmarkt zu verdienen, um diese alten Garantien zu bedienen.

Versicherungen auch ohne Garantie

Nicht zuletzt deswegen sind Assekuranzen wie Uniqa und Allianz schon 2015 dazu übergegangen, Lebensversicherungsprodukte ohne garantierte Zinsen anzubieten. Bei solchen Produkten sind die Kunden lediglich am Veranlagungserfolg beteiligt. Die heimischen Konsumentenschützer haben die Lebensversicherungen in den vergangenen Jahren immer wieder als eher schlechtes Geschäft kritisiert. Denn in der Regel wird nicht die gesamte vom Kunden einbezahlte Prämie von der Versicherung veranlagt, sondern nur jener Teil, der abzüglich Kosten und Provisionen übrig bleibt. Oft waren dies nur 80 Prozent, was naturgemäß auf den Gesamtertrag drückte, lautete der Vorwurf. Problematisch ist in diesem Zusammenhang freilich auch, dass nach Schätzungen rund 20 bis 30 Prozent aller Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt werden.

Kontraproduktiv ist dies aber deshalb, weil gerade in den ersten Jahren Kosten und Provision am einbezahlten Kapital nagen. Das Provisionssystem wurde jedoch vor einiger Zeit umgestellt, die Spesen werden nun über mehrere Jahre verteilt. Ein Trostpflaster gibt es allerdings: Das in der klassischen Lebensversicherung einbezahlte Kapital gilt als sicher, da es im sogenannten Deckungsstock veranlagt wird. Ein von der FMA bestellter Treuhänder ist für dessen Überwachung zuständig. Zudem handelt es sich um Sondervermögen, aus dem die Versicherten im Insolvenzfall bevorzugt bedient werden. Nicht hinwegtäuschen soll dies aber über die Tatsache, dass das niedrige Zinsniveau den Versicherungen zu schaffen macht. Die Ertragskraft der heimischen Versicherer bleibe unter Druck, gab die Ratingagentur Fitch im heurigen Frühjahr zu bedenken.

Das Niedrigzinsumfeld führe zu einem „schwierigen Arbeitsumfeld“. Bereits im Vorjahr warnte der Internationale Währungsfonds vor einer heraufziehenden Krise auf dem europäischen und deutschen Versicherungsmarkt. Bei den Nachbarn ticken die Uhren allerdings etwas anders. In einer Zeit, in der es noch vergleichsweise hohe Zinsen gab, durften sich die deutschen Gesellschaften über hohe Lebensversicherungsabschlüsse freuen, die ihnen nun auf den Kopf fallen. Eine breite Diskussion über die Pensionsvorsorge bewog damals viele, einen entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen. Ein „Problem“, das man in dieser Form hierzulande nicht hatte. Und: Die Lebensversicherung gilt beziehungsweise galt hierzulande eher als Anlageprodukt, deren Auszahlung man eines Tages sehnlichst erwartet. In Deutschland hingegen ist eine verrentete, also lebenslange Ausschüttung üblich.

Ein Stresstest für Gestresste

Die FMA blieb in der Vergangenheit jedenfalls nicht untätig. Schon seit einigen Jahren müssen die Versicherer eine sogenannte Zinszusatzrückstellung bilden. Damit will man sicherstellen, dass die Unternehmen ihren Verpflichtungen aus Lebensversicherungsverträgen jederzeit nachkommen können. Zum Ende des Vorjahrs hat sich das entsprechende Volumen auf rund 400 Mio. Euro belaufen, bis 2021 sollen es 1,5 Mrd. Euro sein. Spätestens im Dezember wird sich weisen, wie die einzelnen Gesellschaften dastehen. Denn dann werden die Ergebnisse des Stresstests veröffentlicht, dem sich europäische Versicherungen unterwerfen müssen. Der Schwerpunkt diesmal: Das Lebensversicherungsgeschäft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2016)

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