Versicherung: Geld trotz Berufsunfähigkeit

(c) Clemens Fabry
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Vor dem Abschluss einer Polizze gegen die Folgen von Berufsunfähigkeit sollte man nicht nur auf die Prämie achten. In erster Linie zählt das Kleingedruckte.

Wien. 15 Prozent der erwerbstätigen Österreicher haben für den Fall der Berufsunfähigkeit vorgesorgt. Das geht aus einer Marketmind-Umfrage im Auftrag der Allianz-Versicherung hervor. Doch 60 Prozent fürchten, dass sie ihren gewohnten Lebensstandard nicht halten können, wenn sie berufsunfähig werden. Warum sie dennoch keine Versicherung abschließen?

Ein Grund könnte sein, dass viele meinten, die Hauptursache für Berufsunfähigkeit seien Unfälle, sagt Allianz-Österreich-Vorstand Manfred Baumgartl. Und dafür haben viele eine Unfallversicherung abgeschlossen. Tatsächlich seien die häufigsten Ursachen psychische Erkrankungen und Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems.

Ein weiterer Grund könnten die Prämien sein. Ein 30-Jähriger zahlt je nach Beruf zwischen 38 und 117 Euro pro Monat, um im Fall des Falles eine Monatsrente von 1000 Euro als Ergänzung zur staatlichen Invaliditätspension (im Schnitt 947 Euro) zu erhalten.

Anonymisiert prüfen lassen

Für überwiegend körperlich tätige Personen ist die Prämie besonders hoch. Dieser Gruppe bietet die Allianz eine Körper-Kaskoversicherung an. Diese zahlt dann, wenn man bestimmte Fähigkeiten verliert (Gehen, Autofahren, Sehen, Sprechen) oder bei schweren Krankheiten, unabhängig davon, ob man seinen Beruf weiter ausüben kann. Dafür zahlt ein heute 30-Jähriger zwischen 32 und 43 Euro Prämie.

„Generell gilt: Je früher der Kunde eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, desto günstiger ist die Prämie“, heißt es auch bei der Generali. Beim Abschluss einer Versicherung gegen Berufsunfähigkeit oder schwere Krankheit sollte man aber nicht nur auf die Prämie achten, rät Verag-Geschäftsführer Rudolf Mittendorfer. Sondern auch auf das Kleingedruckte. So sei in vielen Verträgen zwar vereinbart, dass die Versicherung auch dann zahlt, wenn man theoretisch einen gleichwertigen Beruf ausüben könnte (das de facto aber nicht tut). „Manchmal gibt es dann im Kleingedruckten eine Klausel, dass das nach einem Jahr erneut geprüft wird“, sagt Mittendorfer.

Auch Vorerkrankungen können den Auswahlprozess schwierig gestalten: Will eine Versicherung die Folgen einer Vorerkrankung nicht versichern und wende man sich daher an eine andere Assekuranz, müsse man diese darüber informieren. Deshalb sei im Vorfeld eine anonyme medizinische Vorabprüfung ratsam. Der Makler fragt dabei bei allen Versicherungen an, welche Angebote sie für einen Kunden im entsprechenden Alter, mit einem bestimmten Beruf und konkreten Vorerkrankungen haben.

Die Versicherungen orientieren sich in der Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, meist am Bescheid der Sozialversicherung. Doch es gibt auch interne Leistungsprüfungen, erklärt Renate Schönwetter von der Generali-Versicherung. Mit der Verschärfung bei der Invaliditätspension könne es künftig auch sein, dass private Versicherungen weniger strenge Kriterien anlegen als der Staat, meint Baumgartl.

Üblicherweise zahlen die Assekuranzen, wenn ein Arzt 50 Prozent Berufsunfähigkeit attestiert. Doch die Verträge können auch etwas anderes vorsehen: Einige schließen bestimmte Ursachen (etwa Burn-out) aus. Bei den „Dread Desease“-Versicherungen (die bei schweren Erkrankungen zahlen) sind die Unterschiede ebenfalls groß. „Manche Versicherungen unterscheiden bei Herzinfarkten zwischen Vorder- und Hinterwandinfarkt“, sagt Mittendorfer.

Staatliche Rente oft mager

Ob die Berufsunfähigkeit in jungen Jahren oder erst im Alter erfolgt, tue in Bezug auf die Leistung nichts zur Sache, sagt Schönwetter. In Sache Prämie kommt man laut dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) billiger weg, wenn man die Versicherung von vornherein nur bis zu einem bestimmten Alter abschließt, etwa nur bis 50. Das könne sinnvoll sein für Leute, die sich keine hohen Prämien leisten können. „Jüngere haben einen geringeren Anspruch auf staatliche Sozialleistungen“, sagt VKI-Experte Walter Hager.

Zu kurze Laufzeiten sind laut VKI auch nicht sinnvoll: Akademiker, die erst wenige Jahre im Berufsleben stehen, sowie Selbstständige erhielten meist nicht viel vom Staat. Hinzu kommt, dass der Zugang zur staatlichen Invaliditätspension generell erschwert wird.

Was Sie beachten sollten bei... Berufsunfähigkeitsversicherungen

Tipp 1

Zielgruppe. Je schlechter die Absicherung durch den Staat, desto eher ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung ratsam. Da auch der Zugang zur Invaliditätspension schwieriger wird, sollte man statt der Zusatzkrankenversicherung eher eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.

Tipp 2

Vergleich. Neben der Prämie sollte man den Leistungsumfang vergleichen (oder durch Experten vergleichen lassen). Einige Versicherungen zahlen nur, wenn man nicht einmal theoretisch eine ähnliche Tätigkeit ausüben könnte. Manchmal sind bestimmte Ursachen wie Burn-out ausgeschlossen. Auch „Berufsunfähigkeit“ wird unterschiedlich definiert.

Tipp 3

Alternativen. Die staatliche Invaliditätspension fällt umso höher aus, je länger man schon berufstätig war. Bei Jüngeren ist sie oft mager, für unter 50-Jährige wurde zudem der Zugang erschwert. Eine Unfallversicherung zahlt nur, wenn die Berufsunfähigkeit durch Unfall ausgelöst wurde. Eine „Dread Desease“-Versicherung zahlt bei bestimmten schweren Erkrankungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2012)

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