Das Abbruchhaus Europa

APA/AFP/POOL/PETER BYRNE
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Das britische Referendum ist nur der Beginn einer Zäsur der Europäischen Union. Mit Großbritannien bricht eines der wichtigsten Mitgliedsländer weg. Die EU steht vor der größten Veränderung seit ihrer Gründung.

Theoretisch könnte dieser Austritt sogar zu einer Stärkung der EU führen. Dafür müssten die restlichen Mitgliedstaaten allerdings die Gunst der Stunde nutzen und jene Reformen umgehend durchsetzen, die für eine krisenfeste Gemeinschaft notwendig sind. Das würde beispielsweise eine gemeinsame Fiskalpolitik bedeuten, in der die Mitgliedstaaten nicht nur zu einer verantwortlichen Haushaltspolitik gedrängt, sondern zu dieser verpflichtet werden. Auch eine effizientere Zusammenarbeit in der inneren und äußeren Sicherheitspolitik sowie der Flüchtlingspolitik wäre möglich, da eines der großen EU-Länder solche Initiativen nicht mehr behindert.

Doch viel wahrscheinlicher ist, dass die Angst vor Souveränitätsverlusten nach diesem Referendum zum Maß der künftigen Politik wird. Das Zurück zu einer nationalen Abschirmung gilt großen Teilen der Bevölkerung aber auch so manchen ihrer politischen Vertreter als Heilsbringer in einer unübersichtlichen Globalisierung. Emotional ist das zu verstehen. Aber die Folge wird letztlich eine Schwächung Europas zu Gunsten anderer wirtschaftlicher Weltmächte sein. Der Sieg des Nationalismus in Großbritannien und in ähnlich gelagerten Ländern könnte sich als Pyrrhussieg herausstellen. Am Ende wird die Enge des Staates nicht mehr Sicherheit, sondern neue Unsicherheiten und Abhängigkeiten bringen. Eine gegenseitige Hilfe in Europa, ebenso wie ein gegenseitiges Korrektiv wird es nicht mehr geben. Dafür neue Fronten, neue Differenzen.

(wb)

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