Von Engeln und von Dämonen

Vertrauenswürdige Begleiter im Alltag spiegeln etwas von der geheimnisvollen Macht des Guten.


Der Vater selbst liebt euch, weil
ihr mich geliebt
und weil ihr geglaubt habt,
dass ich von Gott ausgegangen bin.

Joh 16,27


Der junge Tobias soll von Ninive beim heutigen Mossul im Nordirak nach Rages in der Nähe des heutigen Teheran wandern. 750 Kilometer Luftlinie trennen die beiden Orte, die Reise birgt viele Gefahren, und so engagiert Tobit, der Vater des Tobias, den Mann Asarja als Reisebegleiter.

Auch der Hund von Tobias kommt mit. Als Tobias eines Abends im Fluss badet, taucht ein großer Fisch auf, der ihn verschlingen will. Asarja ruft: „Pack ihn!“, und Tobias wirft ihn ans Ufer. Er schneidet Herz, Leber und Galle heraus, den übrigen Fisch grillen die beiden als Abendessen. Die drei Organe erweisen sich als Wundermittel.

Mit Hilfe von Herz und Leber kann Tobias seine zukünftige Frau Sara von einem Dämon heilen, der schon sieben ihrer Verlobten in der Hochzeitsnacht ermordet hat. Als der Dämon den Geruch der verbrannten Organe riecht, flieht er sofort in den hintersten Winkel Ägyptens. Die Hochzeitsfeier verzögert die Rückreise, und als Tobias endlich heimkommt, gibt es Freudentränen. Noch dazu kann er mit der Galle seinem blinden Vater Tobit das Augenlicht zurückgeben.

Erst als Tobias seinem Begleiter Asarja zum Dank die Hälfte seines Reichtums schenken möchte, gibt dieser sich zu erkennen. Er ist eine Erscheinung, einer der sieben Engel Gottes, und sein Name ist Rafa-El – „Gott heilt“.

Engel, das heißt wörtlich „Boten“ Gottes, tauchen in vielen biblischen Erzählungen auf. Namen jedoch bekamen einzelne Engel wohl erst in hellenistischer Zeit – wie etwa Rafael im Buch Tobit oder Mi-cha-El, „Wer ist wie Gott?“, und Gabri-El, „meine Stärke ist Gott“, im Buch Daniel.

Engel und Dämonen belebten die Welt des frühen Judentums. Das Neue Testament spricht von Jesus teils ähnlich wie von einem Engel, der von Gott ausgeht und wieder zu ihm zurückkehrt. Doch für die Evangelien ist Jesus größer als ein göttlicher Bote: Die Engel dienen ihm, und die Dämonen müssen ihm gehorchen.

Ähnlich aber wie bei Engeln besteht die Kunst darin, zu erkennen, dass er von Gott kommt. Im Islam spielt Gabriel eine besondere Rolle, da Allah durch ihn den Koran offenbarte. So herzerwärmend das Buch Tobit geschrieben ist, so traurig ist seine Aktualität. Es thematisiert die Verfolgung der jüdischen Minderheit im Zweistromland – eben dort, wo IS-Terroristen heute Minderheiten rücksichtslos ermorden und vertreiben, unter ihnen hunderttausende Christen.

Wo Menschen der alten Welt von Dämonen sprachen, diagnostizieren wir heute psychische Krankheiten oder Terrorismus. Und doch gibt das Bild des Dämon jener unheimlichen Macht des Bösen einen Namen, die mit gesundem Menschenverstand kaum nachzuvollziehen ist. Umso tröstlicher ist es, vertrauenswürdige Begleiter zu erleben. Sie spiegeln etwas von der geheimnisvollen Macht des Guten. Vielleicht sind sie sogar richtige Engel.

Bimail steht für Bibelmail, ein wöchentliches Rundschreiben des Teams um Pater Georg Sporschill, adressiert an Führungskräfte. Darin werden Lehren aus der Bibel auf das Leben von heute umgelegt. debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2015)

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