Jesus nachahmen und selbst zum großen Diener werden

Welche Zeichen setze ich, und welche Dienste übernehme ich, um die Würde deranderen aufstrahlen zu lassen?

In unserem rumänischen Dorf bekommen die Kinder in der Schule zu Mittag eine kleine Jause. Sie trinken ihre Milch und packen das Brot aus, die Verpackung lassen sie einfach auf den Boden fallen. Ein paar Minuten später ist der Platz vor der Schule voll mit knisterndem Papier.

Der Wind trägt es durch die Straße, hin zum Bach. Dort sammelt sich der ganze Müll, auch Flaschen und Plastiksackerln, Bierdosen und alte Fetzen füllen die Straßengräben. Wir holen einen großen Kübel aus der Schule und sammeln vor dem Schuleingang den Müll ein. Auch Sonja, die Sportlehrerin, bückt sich nach einem Milchpäckchen.

Danciu, ein junger Roma-Bursche, steht im lila glänzenden Hemd und in polierten Schuhen daneben und schaut zu. Er erledigt bei uns die Transporte. Jetzt schwingt er die Autoschlüssel in der Hand und geht Schritt um Schritt zurück. Müll ist für ihn unweigerlich mit der Müllabfuhr verbunden, die in Rumänien von Roma erledigt wird, auch von Leuten, die eine Geldstrafe nicht bezahlen können. Damit will der stolze Roma nichts zu tun haben.

Unsere Kinder freuen sich über ihren schönen Schulplatz und wollen die ganze Straße sauber machen. Da nimmt Danciu seinen schwarzen Hut ab und liest ebenfalls ein paar Papiere auf.

»Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen.
«

Joh 13,5

Unsere Aktion „sat curat“ − „sauberes Dorf“ – will Jesus nachahmen. Er gießt Wasser in die Schüssel, bückt sich hinunter zu den Füßen seiner Freunde, um sie zu waschen. Dann trocknet er sie ab. Jesus wäscht die Füße seiner Schüler: Das ist das intensivste Bild für das, was geschieht, wenn jemand den Schmutz anderer beseitigt.

Normalerweise ist das Füßewaschen der Ehrendienst der Schüler gegenüber ihrem Meister. Jetzt dreht Jesus die Rollen um mit dem Ziel, die Lernenden groß zu machen. Nur wer ein starkes Selbstbewusstsein hat, kann dienen.

Unsere Kinder weigerten sich zu Beginn und sagten: „Das ist nicht mein Dreck. Nicht ich habe das Papier hingeworfen.“ Dann aber halfen sie mit beim Saubermachen ihres Schulhofs. Der Roma-Bursche wollte seinen eleganten Hut nicht ablegen, bis ihn die Kinder „umgedreht“ haben. Durch sie hat er erstmals gefühlt, dass er sich mit der Aktion nicht mit dem Schmutz gleichsetzt, sondern im Gegenteil zur Sauberkeit beiträgt.

Der neue Glanz fiel auf sein Haupt zurück, nachdem er Vorurteile, Unsicherheit und Scheu überwunden hatte. Danciu hatte durch den Rückhalt bei den Kindern so viel innere Sicherheit gewonnen, dass auch er Müll auflesen konnte. Er näherte sich der Haltung an, die Jesus seinen Schülern als höchstes Ziel mit auf den Weg gegeben hat.

Welche Dienste übernehme ich, welche Zeichen setze ich, um andere groß zu machen? Um die Würde der anderen aufstrahlen zu lassen?

Bimail steht für Bibelmail, ein wöchentliches Rundschreiben des Teams um Pater Georg Sporschill, adressiert an Führungskräfte. Darin werden Lehren aus der Bibel auf das Leben von heute umgelegt.


E-Mails an: Debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.