Culture Clash

Mann Gottes. Klingt seltsam, aber die Meldung von der Weigerung des Papstes, priesterliche Ehrentitel zu verleihen, ist sensationeller als jene, dass der Zölibat kein Dogma ist.

Frontnachrichten
aus dem KulturkampfIn dieser Woche kam eine revolutionäre Meldung aus dem Vatikan: Der Papst habe die Verleihung päpstlicher Ehrentitel an Priester ausgesetzt. Wenn dies stimmt, wird es also – zumindest vorläufig – keinen neuen Monsignore, Ehrenprälaten oder Apostolischen Protonotar mehr geben.

Ein im Vatikan arbeitender Freund hat mir einmal in einer Trattoria hinter dem Petersplatz sein Leid geklagt: Es gäbe die Leute in der Kurie, die all ihre Kraft für die Heilsbotschaft der Kirche einsetzen. Und dann gäbe es die, denen die Arbeit für die Kirche ein ästhetisch ansprechendes Spiel sei, in dem es um Status und das Zelebrieren von Überlegenheit bzw. Unterwürfigkeit gehe. „Viele von denen wären mit einem Schlag weg, wenn alle Priester gleich angezogen sein müssten!“

Die Abschaffung der drei Ehrenprälaten-Klassen mit ihren violetten und roten Knöpfen und Quasten könnte ein Anfang in diese Richtung sein. Sicherlich: Die meisten Monsignori sind ordentliche Priester, die bloß lang und verdienstvoll gewirkt haben. Und die Verleihung von Ehrentiteln ist eine wirksame und billige Möglichkeit, Menschen zu motivieren. Aber sie passt nur bedingt in eine Kirche, deren Gründer davor warnt, dass, wer sich in irdischer Anerkennung sonnt, keinen Lohn im Himmel erhält.

Insofern kann es der Wahrhaftigkeit der Kirche dienen, wenn das elaborierte Ehrenwesen zurückgestutzt wird. Das macht deutlich, dass der Priester der Diener aller ist und nicht einer, der den Vorzug vor anderen genießt. Freilich ist es auch ein Schritt zur weiteren Entbürgerlichung des Klerikers.

Darum halte ich auch die Aufregung für verfrüht, die der künftige Kardinalstaatssekretär Parolin mit der Aussage in einem Interview ausgelöst hat, der Zölibat sei kein Dogma und daher auch veränderbar. Ich bin ja doch schon etwas mit dem Alltag hoher Kirchenvertreter vertraut: Parolins Aussagen (auch, dass man den Zölibat nicht einfach als überholt anschauen könne) klingen nicht nach programmatischer Ansage, sondern wie eine Standarderklärung auf die ewige Journalistenfrage nach dem Zölibat. Kardinalstaatssekretär Bertone wurde 2010 schon so zitiert, oder Kardinal Hummes 2006, oder heuer der Nuntius in Deutschland.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Papst den Zölibat verändern möchte. Aber es gibt da diesen Satz aus seinem Interviewbuch von 2010: „Ich glaube wirklich, dass die Grundoption der Kirche gegenwärtig nicht ist, Vorschriften zu reduzieren oder ganz abzuschaffen oder dies oder jenes zu erleichtern, sondern auf die Straße zu gehen, um die Menschen zu suchen.“

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2013)

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