Teufel auch

Teufel auch. Eine Statue des Leibhaftigen soll vor das Kapitol von Oklahoma. Dort befindet sich nämlich schon eine andere unfassbare Provokation: eine Statue der Zehn Gebote!

Vor dem Regierungssitz in Oklahoma City wurde 2012 eine Zehn-Gebote-Statue aufgestellt. Nun machen andere Religionen das Recht auf Gleichbehandlung geltend und wollen auch Statuen am selben Platz aufstellen. Etwa der Satanic Temple, der ein Baphomet-Monument einklagen will. Baphomet ist ein Dämon, den angeblich einst die Templer angebetet haben. Im 19. Jahrhundert wurde er vom Okkultisten Éliphas Lévi als eine Art Engel mit Ziegenkopf gezeichnet und wurde zu einer Ikone der Satanisten. Allerdings ist Baphomet möglicherweise nur eine provençalische Verballhornung des Propheten Mohammed, von dem Islamisten es ihrerseits gar nicht schätzen, wenn man ihn überhaupt darstellt. Noch dazu mit Ziegenkopf!

Aber geht es hier um Religionen? Der Satanic Temple sieht sich ja eher als atheistische Aktivismustruppe. Baphomet verehren sie gar nicht, er ist ihnen nur ein Symbol für ungerechtfertigte Verteufelung, in diesem Fall der Templer. (Sich Satanic Temple nennen, um gegen Verteufelung aufzutreten, ist jedenfalls originell). Sie beten ja nicht einmal Satan an: Der sei, sagt ihr Sprecher, nur ein literarisches Konstrukt. Als aber ein TV-Produzent die unqualifizierte Äußerung tat, man solle die Leute vom Temple einfach erschießen, da protestierte der Satanic Temple gegen „Morddrohungen aufgrund unserer religiösen Überzeugung“.

Tatsächlich ist das eine der Gruppen, die ihrem Atheismus ein religiöses Mäntelchen geben, um gegen Amerikas Christentum auf der Basis der Gleichheit aller Religionen vor dem Gesetz vorzugehen. Wobei die Idee, dass der Unglaube auch eine Religion ist, durch den dazu notwendigen Mummenschanz eher widerlegt als unterstützt wird. Interessant ist dabei die Frage: Dürfen Statuen an einem öffentlichen Platz von Bedeutung wie dem Kapitol einem bestimmten religiösen Mindset den Vorzug geben? Das ist rechtlich umstritten: In Alabama musste ein Zehn-Gebote-Monument entfernt werden, und auch in Oklahoma läuft eine Klage dagegen. Und wenn das Judäo-Christliche dabei gewinnt, sollen alle andern aber auch dürfen können.

Aber wenn eine Gesellschaft die Ikonen ihres Wertsystems und ihrer kulturellen Identität nicht mehr an öffentlichen Plätzen sichtbar machen darf – verliert sie dann nicht an Identität, und wird ihr Wertesystem nicht sehr anämisch? Darf die Stadt Wien etwa Herbert Prohaska ein Denkmal setzen – wo es doch Minderheiten gibt, die Fußball grässlich finden? Oder müsste dann zumindest jeder Sport im Stadtpark sein Monument haben dürfen? Neben Schneckerl also auch Joey Chestnut, Weltrekordhalter im Hotdog-Essen.
Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2014)

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