Culture Splash

Culture Splash. Eine Begebenheit am Rande in Duisburg zeigt, wie man Muslime am besten nicht für unsere Kultur gewinnt.

Mehrere Leser haben mir mitgeteilt, sie hätten mich bei einem Widerspruch, zumindest einer Inkonsequenz ertappt. Vor zwei Wochen habe ich hier nämlich beklagt, dass die Kultur des Westens ihren Biss verloren hat. In der vorigen Woche habe ich hier meine Freude darüber bekundet, dass die deutschen Kopftuchverbote für Lehrerinnen wackeln. Was denn nun, wurde ich gefragt: Mit den Kopftuchverboten hätte die europäische Kultur doch einmal Flagge gezeigt.

Ich möchte die – wie ich denke – Stimmigkeit meiner Überlegungen an einer Begebenheit demonstrieren, die sich kürzlich in Duisburg, der Perle des Ruhrgebietes, abgespielt hat. Etwa zwölf Prozent der Duisburger sind Muslime, und so gab es die Bitte an die Stadt, in den öffentlichen Bädern regelmäßige Benutzungszeiten nur für Frauen einzurichten (gibt's übrigens in vielen Wiener Bädern). Sogleich entstanden Bürgerinitiativen gegen dieses Ansinnen, Unterschriftenlisten kursierten.

Schließlich erteilte die Stadt eine Absage: Man habe die nötigen Ressourcen nicht. Große Erleichterung bei den Gegnern: Zu Wasser bleibt Duisburg hundertprozentig gemischtgeschlechtlich! Was etwa in der Sauna durchaus noch europäisch ist, nämlich Geschlechtertrennung, konnte im Schwimmbecken als muslimischer Überfremdungsversuch gerade noch abgewehrt werden.

Hat es was gebracht? Jene muslimischen Frauen, die wegen der Treue zu ihrer Religion oder dem ihrer Kultur entsprechenden Schamgefühl nicht gleichzeitig mit Männern baden wollen, werden jetzt zuhause bleiben und nicht in einem geschützten Raum Kontakt zu Frauen der Mehrheitsgesellschaft knüpfen und sich an sie gewöhnen können. Soviel zur Integration

Es wird auch die muslimische Zuwanderung nicht vermindern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Immigrationsdruck sinkt, wenn sich in der islamischen Welt herumspricht, dass es mit dem Baden in Duisburg doch nichts wird. Das einzige Resultat ist eine Vertiefung des Eindrucks, dass Sensibilitäten dann nicht berücksichtigenswert sind, wenn sie etwas mit dem Islam zu tun haben. Das schafft Bürger zweiter Klasse.

Ich orte hier einen wenig ruhmreichen Stellvertreterkrieg. Weil man die Terroristen nicht erwischt und nicht gegen IS und andere Mörderbanden ausrücken kann, versucht man den Kulturkampf wenigstens im Hallenbad zu gewinnen. Nur: Dort lässt sich gar nichts gewinnen, sondern bloß etwas verlieren. Nämlich die Achtsamkeit und Rücksichtnahme auf die, die anders sind – und das ist einer der westlichen Werte, die ich gern verteidigt und nicht für einen billigen Scheinsieg geopfert sähe.


Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2015)

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