Sex and the Kiddy

Sex and the Kiddy. Eine Korrektur zu meinen Aussagen zum Sexualkunde-Erlass. Und wie berechtigt ist die Sorge um Indoktrinierung und verletzte Intimsphäre der Schüler?

Ich möchte mich korrigieren. Zuletzt habe ich hier geschrieben: „So will der Erlass der Bildungsministerin zur Sexualerziehung sicherstellen, dass schon bei Kindergartenkindern das Antrainieren korrekter Sexualität den als verklemmt angesehenen Eltern aus der Hand genommen wird.“ Dieser Satz war eine emotionale Antwort auf Sibylle Hamann, die in ihrer sonst so smarten „Presse“-Kolumne den Erlass gegen „die radikalkatholischen Gruppen, die derzeit gegen den (ohnehin kaum vorhandenen) Sexualkundeunterricht an Schulen hetzen“ verteidigt hat: „Es wäre den Kindern gegenüber unverantwortlich, sie in dieser Frage (der Sexualität, Anm.) mit ihren verblendeten Eltern alleinzulassen.“

Mich hatte geärgert, dass Hamann den Kritikern des Erlasses unterstellt, sie lehnten Sexualkundeunterricht ab – und das, weil sie „Angst vor der Sexualität“ hätten oder „bei ihnen die religiöse Ideologie stärker als die Vernunft“ sei. Die Kritiker haben tatsächlich nie die Sexualkunde an sich infrage gestellt. Stattdessen geht es um die Sorge, dass das für eine gesunde Entwicklung wichtige Schamgefühl der Kinder nicht ausreichend respektiert werden könnte. Jeder Sexualkundeunterricht ist ein Eindringen von Erwachsenen in den Intimbereich Schwächerer. Geht er über das richtige Maß hinaus, kann er zu Missbrauch werden.

Zudem geht es darum, dass es zur Frage der guten Gestaltung des Sexuallebens ganz unterschiedliche Werthaltungen gibt. Es darf nicht Aufgabe der Schule sein, den Kindern die jeweilige Werthaltung ihres Elternhauses auszureden.

Das – und vieles mehr – würde ich Sibylle Hamann immer noch entgegenhalten. Nur: Ich habe ihre Argumentation dem Bildungsministerium unterstellt, ohne Kenntnis, wie man die Sache dort wirklich sieht. Genauso wenig wie auf der einen Seite nur sexualneurotische Radikalkatholiken agieren, sitzen auf der anderen Seite im Ministerium ja auch nicht nur Gender-IdeologInnen, die am liebsten mit Zehnjährigen über die bevorzugte Geschmacksrichtung von Kondomen sprechen.

Der Erlassentwurf macht mich allerdings misstrauisch. Anders als im derzeit gültigen Erlass fehlen nämlich genau die Sicherheitselemente, die die Sorgen um die Verletzung der Intimsphäre und die Indoktrinierung ernst nehmen, allen voran die Zusammenarbeit mit dem Elternhaus. Letzteres steht nun nur noch auf einer Stufe mit externen Experten und Schulärzten. Will der neue Erlass ausgerechnet im Bereich der Sexualität der Manipulation Tür und Tor öffnen? Und ist es tatsächlich die Absicht, in den Kindern die Werthaltung ihrer Eltern zu tilgen– Umerziehung also?


Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2015)

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