Moscheenverbot

Die Religionsfreiheit bei uns einzuschränken, weil sie anderswo auch nicht anerkannt wird, geht nicht. Norwegen hat jetzt vorgezeigt, was man trotzdem tun kann.

Eigentlich wäre es vergnüglicher, hier über die Frage zu schreiben, ob Homer Simpson Katholik ist. Der päpstliche „Osservatore Romano“ hat das irrtümlich geschrieben, die Produzenten der Zeichentrickserie haben postwendend protestiert: Homer besucht die Kirche der Presbylutheraner. Das weiß eigentlich jeder regelmäßige Seher. Allerdings sind die Simpsons seit dem Auslaufen der „Himmlischen Familie“ die letzte Vorabendserienfamilie, die geschlossen jeden Sonntag in die Kirche geht. Allerdings hat man es bisher auch in Rom nicht so gesehen, dass sie das schon zu Katholiken macht.

Aber sei's drum. Wichtiger ist eine Nachricht, die in der Vorwoche aus Norwegen kam. Sie hat mit dem oft gehörten Aufruf zu tun, man solle doch in westlichen Ländern den Moslems Moscheenbauten ebenso verbieten, wie in vielen islamischen Ländern der Kirchenbau untersagt oder die Religionsfreiheit nicht gewährt ist. Diese Idee hat natürlich zwei Haken. Erstens gibt es nicht den Islam als einheitliche, durchhierarchisierte Institution. Darf man dann indonesischen Moslems in den Niederlanden die Moschee verbieten, weil christliche Konvertiten im Iran hingerichtet werden? Und zweitens ist es immer bedenklich, ein Menschenrecht aufzuheben, weil es anderswo nicht gilt. Damit gäbe man das Konzept der Menschenrechte auf.


Die Norweger haben dieses Dilemma jetzt sehr elegant gelöst. Eine Auslandsfinanzierung von Glaubensgemeinschaften ist dort genehmigungspflichtig. Und so hat der Außenminister Jonas Gahr Støre glattweg verboten, dass zwei muslimische Gemeinden in Norwegen mit saudiarabischem Geld Moscheen bauen. Denn Saudiarabien anerkenne die Menschenrechte nicht und verbiete selbst die Errichtung nichtislamischer Gebetsstätten.

Saudiarabien ist ein gutes Beispiel, wieso dieser Ansatz intelligenter ist als die bloße Reziprozitätsidee: Die Mehrheit der Moslems dort sind Sunniten, und davon wieder die Mehrheit Anhänger der Hanbali-Schule. Dazu gibt es eine starke schiitische Minderheit, die in zwei Anhängerschaften zerfällt. Der Islam ist dort also nicht so einfach zu definieren. Dafür ist die Regierung nicht zimperlich mit Andersgläubigen. Nach wie vor werden Messfeiern sogar in Privatwohnungen durch die Behörden behindert.

Minister Støre ist übrigens Marineoffizier, Sozialdemokrat, Multimillionär – und Multikulti-Verfechter. Er hat den Ausdruck „das neue Wir“ für die mit Einwanderern durchmischte Nation geprägt und öffentlich erklärt, „dass Hijab und Bikini sehr gut Seite an Seite leben können“. Nicht den Islam als solchen zu unterdrücken, aber unterdrückenden Regimen das Missionieren zu untersagen ist eine nachahmenswerte Strategie des in seiner Heimat äußerst beliebten Ministers.

michael.prueller@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2010)

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