Wenn sich der Papst stört

Eine Rückkehr zu christlichen, ja sogar biblischen Vornamen habe Benedikt gefordert, berichten mehrere Medien. Ist das jetzt das Aus für Kevin & Co.?

Schon wieder ein Fall von stiller Post: Der Papst hat am 9. Jänner 21 Kinder getauft, und bei seiner Ansprache vor dem Angelusgebet darüber nachsinniert. Dank der modernen Kommunikationstechnologien sind einige deutsche Zeitungen bereits jetzt, kaum 20 Tage später, in der Lage, darüber zu berichten: „Papst stört sich an Kevin, Chantal und Cheyenne“, heißt es etwa seit Freitagmittag auf der Website der „Berliner Morgenpost“. Derselbe Artikel derselben Autorin steht auch auf der Homepage der „Welt“, dort heißt der Titel etwas sachlicher: „Papst fordert eine Rückkehr zu christlichen Vornamen“.

Das überrascht zunächst einmal. Nicht, weil der Papst christliche Vornamen besser findet. Aber weil zum Beispiel „Kevin“ doch auf Kevin von Glendalough zurückgeht, den berühmten heiligen irischen Abt des 7. Jahrhunderts. Oder „Chantal“ der Name der heiligen Johanna Franziska ist, der Mitbegründerin des Salesianerinnen-Ordens. Gut, „Cheyenne“ geht bestenfalls auf Marlons Tochter Cheyenne Brando zurück, deren Schicksal man keinem Täufling wünscht. Aber warum der Papst sich(?) an diesen Namen stört, wundert doch. Ach so: Im Artikel steht, er wünscht Vornamen „nach biblischen Gestalten“. Ausgerechnet! Kommt doch in der ganzen Bibel kein einziger Benedikt vor.

Aber gemach. Die ganze Geschichte hat schon nicht gestimmt, als sie am 10. Jänner in italienischen Blättern auftauchte und danach in britischen. Der Papst hat bloß, als er über die Taufe sprach, gesagt: „Er ist wirklich der Messias, der aus den Wassern des Jordan steigt, und die Erneuerung im Geist schenkt und allen, die es wünschen, die Möglichkeit schenkt, Kinder Gottes zu werden. Es ist kein Zufall, dass in der Tat für jeden Getauften gilt, dass er durch den christlichen Namen zum Gotteskind wird.“ Das war alles.


So entstehen also Papst-Geschichten. Und die Eltern all der Jimmy-Blues, Phyllons und Bronx Mowglis fühlen sich wohl zu Unrecht vom Papst kritisiert. Aber der eigentliche Gegenstand der Taufe ist nicht die Namensgebung, sondern die Aufnahme in die Kirche. Und wenn es heißt: „Ich taufe dich auf den Namen ...“, dann nicht, weil das Kind mit dieser Formel seinen Namen erhält, sondern, wie der Papst gesagt hat, es durch den christlichen Namen zum Gotteskind wird. Augenfällig wird das, wenn sich Erwachsene taufen lassen und dabei einen christlichen Vornamen annehmen – etwa die Märtyrer aus Uganda, deren Gedenktag derselbe ist wie der des heiligen Kevin (der 3. Juni), und deren Vornamen ihre Zugehörigkeit zu den „Kindern Gottes“ aller Welt verkünden, wobei nicht europäischer Imperialismus, sondern christlicher Universalismus anklingt: etwa Jakobus Buzzaballawo, Lukas Banabakintu, Pontianus Ngondwe...

michael.prueller@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2011)

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