Hobbykünstler auf Steckenpferden

Warum sich meine Band weigert, jaulend auf hölzernen Steckenpferden zu reiten. Und warum ich das Wort »Hobby« nicht mag.

Meine Band sucht einen neuen Musiker, und ich tue mir seit Tagen schwer mit der Formulierung des Inserats. Wie drücke ich aus, dass wir nicht die Absicht haben, mit unserer Musik Geld zu verdienen? Das Naheliegende wäre wohl, uns einfach als Hobby-Band zu bezeichnen, nur habe ich eine tief sitzende Abneigung gegen das Wort „Hobby“. Es ist für mich ein durch und durch deutsches Wort, und das, obwohl es offenkundig aus dem Englischen stammt.

Das hobby-horse bezeichnet ursprünglich ein kleines Pferd oder auch ein Spielzeugpferdchen aus Holz. Der Bildgehalt des gefahrlosen vergnüglichen Reitens hat sich dann zur Metapher für eine prinzipielle Beschäftigung zum Zeitvertreib verdichtet. Ein hobby-horse kann auch einfach ein Lieblingsthema sein, ein Steckenpferd.

Also wir mögen ja keine Profi-Band sein, aber auf hölzernen Steckenpferden hüpfen wir nun doch nicht durch den Proberaum, während wir unsere Lieder jaulen. Wir haben uns schließlich für das Inserat auf Just-for-fun-Band geeinigt, um wiederum das Wort „Spaß“ zu vermeiden. Die Gefahr wäre zu groß, dass ich damit diejenigen unter meinen Landsleuten anlocke, die gern dem Motto „Spaß muss sein!“ frönen. Denn ein Spaß, der sein muss, endet irgendwann zwangsläufig in Remmidemmi und Ballermann.


Mein Argwohn gegen das Hobby hat aber noch eine andere, ebenfalls sehr deutsche Quelle. Meine Landsleute geben jährlich rund zwanzig Milliarden Euro in Bau- und Heimwerkermärkten aus – ein absolut krisenfester Wirtschaftssektor. In meinem rheinischen Heimatdorf hatte ein Mann, der etwas auf sich hielt, einen Hobbykeller. In einem solchen Raum hat mein Vater in Tausenden von Stunden Hunderte von Tiffany-Lampen hergestellt. Sein Nachbar hat in seinem Keller jahrelang ein Konkurrenzunternehmen betrieben und ebenso viele Kupferbilder geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass unser beider Häuser in sämtlichen Zimmern vor Kupfer und Tiffany nur so funkelten. Waren die Männer mit ihrem Hobby zugange, waren sie für uns Kinder kaum ansprechbar. Ein Mann hatte damals keine Zeit für Kinderspiele, er nahm sein Pferd ernst, auch wenn es einen Stecken hatte.

Es war ein sehr männlicher Ernst, der das heilige Handwerk umgab. Wenn es irgendwo im Dorf etwas zu reparieren gab, bildeten sich rasch Gruppen von bedeutsam gestikulierenden Männern, die augenblicklich zu Experten wurden. Jeder hatte mit Kennermiene etwas beizutragen, ein jeder wusste genau, was zu tun war. Diese Form des Expertentums habe ich natürlich auch in anderen Ländern beobachtet, aber wenn man einem Mann in diesen Dingen nun wirklich nichts vormachen kann, dann im Made-in-Germany-Land.

dietmar.krug@diepresse.com

diepresse.com/diesedeutschen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2013)

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