La Palma

Die Einheimischen auf La Palma haben einen Spitznamen für die Deutschen, der nicht sehr schmeichelhaft ist. Warum nur?

Den Urlaub haben wir auf der Kanareninsel La Palma verbracht. Die Einheimischen dort haben einen Spitznamen für uns Deutsche, cabezas cuadradas, was wörtlich „Quadratschädel“ und metaphorisch „Besserwisser“ bedeutet. Solche Kosenamen entstehen nur durch direkten Kontakt und meist nicht zufällig. Kontakt zwischen Deutschen und Palmeros gibt es genug, meine Landsleute haben Teile der Insel regelrecht in Beschlag genommen. Ist ja auch ein feines Eiland, das ganze Jahr Frühlingstemperaturen, Pflanzenblüte und Landschaften, die man so schnell nicht vergisst.

Zunächst nehmen wir Quartier an der Ostküste, in einem Appartement, das einem Spanier gehört. Die Wohnungsübergabe verläuft so: Ein freundlicher alter Herr überreicht uns einen Schlüssel, verliert ein paar Worte übers Wetter (mehr wäre bei unserem Spanisch auch nicht drin gewesen) und wünscht uns einen schönen Aufenthalt. Das war's. Das Appartement ist geräumig, schmucklos und funktional, nichts ist überflüssig, im Wesentlichen alles da, was man so braucht.

Dann übersiedeln wir auf den Westteil der Insel, wo meine sonnenhungrigen Landsleute regelrechte Kolonien gebildet haben, was man nicht zuletzt daran merkt, dass man vorzügliches Biobrot bekommt – in Bioläden, in denen sich viele Menschen beiderlei Geschlechts mit langen grauen Haaren tummeln.


Diesmal beziehen wir ein Appartement, das einer Deutschen gehört, und die Wohnungsübergabe verläuft etwas anders als beim ersten Mal. Wir bekommen eine gründliche Einführung in die Bedienung von so komplizierten Geräten wie Kaffeemaschine, Gasherd oder Toaster. In den Fenstern hängt eine segensreiche Einrichtung, die es in südlichen Gefilden aus unerfindlichen Gründen so gut wie nie gibt: Moskitonetze. Das Haus ist hübsch und mit sehr viel Bedacht eingerichtet. Und je länger der Aufenthalt dauert, desto mehr entfalten gewisse Details ihre Wirkung: ein Stoffelch auf der Kommode, ein Teddybärchen hier, ein Engelchen dort, ein Plüschherz am einen Ende der Gardinenstange, ein beleuchtbarer Weihnachtsstern am anderen. Am Garderobeständer hängt eine Kollektion von sieben Sonnenhüten und über dem Bett ein Scherenschnitt: Ein Mädchen fängt mit der Schürze Sterne auf, die vom Himmel fallen.

Auf dem einen Nachtisch liegt eine Zeitschrift mit dem Titel „Happinez – das Mindstyle Magazin“, auf dem anderen ein „Geo“-Heft, Themenschwerpunkt: „Einfach besser leben“.

Keine Ahnung, warum die Palmeros uns „Quadratschädel“ nennen. Eckig war in dem Appartement nun wirklich gar nichts. Wahrscheinlich ist es eh nur der Neid. Denn niemand kann so gründlich glücklich sein wie der Deutsche.

dietmar.krug@diepresse.com

diepresse.com/diesedeutschen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2013)

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