Mit Hans Moser in einer Soul-Band

Wie ich mit Hans Moser in einer Soul-Band ein feines deutsch-österreichisches Duett hinlegte. Und warum so etwas nicht immer gelingt.

Ich hatte einen Traum: Ich habe zusammen mit Hans Moser in einer Soul-Band gespielt. Anfangs hab ich nicht einmal bemerkt, wer da an meiner Seite aufgeigt. Aber bei dem Versuch, unser Zusammenspiel abzusprechen, hab ich ihn an seinem Genuschel und Gemoser erkannt. Kein Zweifel, er war's. Er hat in dem Traum die gleiche E-Gitarre gespielt wie ich, trotzdem klang mein Instrument viel dominanter als seines. Kein Wunder, denn Moser hatte nur einen schwachbrüstigen Übungsverstärker, und ein viel zu starker Hall ließ den Klang seiner Gitarre verschwimmen. Ich riet ihm, den Hall etwas zurückzudrehen. Da hat er geraunzt und gemosert, aber er hat am Regler gedreht. Im Gegenzug hab ich meine Gitarre leiser gestellt, und auf einmal haben wir richtig fein miteinander geklungen, der Moser und ich.

Dem Traum vorausgegangen war tags zuvor eine reale deutsch-österreichische Begegnung der anderen Art. Ich war auf einem Konzert eines Austropoppers – eines Mundartsängers und Gitarristen, um den es etwas ruhig geworden ist in letzter Zeit. Es war ein Auftritt in einem Vorstadtgasthaus, nicht mit Band, sondern im Unplugged-Duo. Im nicht mehr ganz jugendlichen Publikum herrschte spürbar ein maskuliner Geist; ein Platzhirsch in Lederjacke, mit beachtlicher Trinkfestigkeit und langem, durchaus noch vollem Haar, führte einen „Hearst-Haberer“-Schmäh mit dem Barden auf der Bühne.


Auch wenn das sonst nicht ganz meine Musikwelt ist, war ich neugierig, denn der Duopartner des Sängers war mein Gitarrenlehrer, der mich seit Jahren für ein Bandprojekt coacht. Und so ergab sich die Gelegenheit, vor dem Konzert gemeinsam mit dem Barden ein Bier zu trinken. Es stellte sich heraus, dass er (genau wie der Moser) das gleiche Instrument spielte wie ich. Die unvermeidliche Fachsimpelei begann, und der Barde schien solchem Gespräch durchaus nicht abgeneigt. Auf jede Frage oder Anmerkung meinerseits antwortete er bereitwillig – allerdings nicht mir, sondern meinem Lehrer. Ich war für ihn Luft. Nach einer Weile gab ich's auf, okay, muss ja nicht jeder jeden mögen. Und vielleicht war er es einfach leid, mit Nichtprofis zu fachsimpeln.

Nach dem Konzert begegnete ich ihm noch einmal auf dem Weg zur Toilette. Ich wagte einen letzten Versuch, sagte ihm, dass mir das Konzert gefallen hätte, gerade auch in dieser intimen Duo-Besetzung. Na, mehr hat er net 'braucht. Für einen Moment hellte sich seine Miene zwar auf, doch dann sprach er, und zwar zum ersten Mal, tatsächlich zu mir: „Die Deutschen glauben ja immer, dass man eine ganze Band braucht, um einen guten Auftritt hinzulegen.“ Vielleicht ist es ja Paranoia, aber ich glaubte förmlich die Anstrengung zu spüren, die es ihn kostete, nicht „die Piefkes“ zu sagen. Also mit dem Moser wäre mir das sicher nicht passiert.

dietmar.krug@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2010)

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